Wohin entwickeln sich die Batterien der Zukunft? (Symbolbild)
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Stand der Forschung Rohstoffe, Technologien, Recycling: Wie sieht die Batterie der Zukunft aus?

02. Oktober 2024, 12:36 Uhr

Batterien als Energiespeicher sind schon jetzt extrem wichtig und werden es in Zukunft noch deutlich mehr. Derzeit dominiert die Lithium-Ionen-Technologie. Bleibt das so? Welche anderen Technologien sind im Kommen? Sind überhaupt ausreichend Rohstoffe da? Und wird es bald "die Super-Batterie" geben, leistungsstark und langlebig? Wir haben uns in der Forschungslandschaft umgehört, um die drängendsten Fragen zu beantworten.

Mann mit Brille und Kopfhörern vor einem Mikrofon
Bildrechte: Robert Rönsch

Energie speichern und wieder abgeben – das Grundprinzip einer Batterie ist simpel. Aber umso komplizierter und vielschichtiger sind die Möglichkeiten, wie die Batterie ihren Zweck am besten erfüllt. Demensprechend viel wird geforscht und entwickelt: an den Materialien für Kathode, Anode und Elektrolyte, an Design und Architektur der Batterie, an Leistung und Lebensdauer, an der Sicherheit, an der Recycling-Fähigkeit und natürlich an ganz neuen Technologien.

Und so gibt es auch nicht "die eine" Forschungseinrichtung für Batterien in Deutschland, sondern viele. Zum Beispiel zwei Fraunhofer-Institute in Dresden. Am Institut für Werkstoff- und Strahltechnik (IWS) wird an Batteriewerkstoffen geforscht. Und am Institut für Keramische Technologien und Systeme (IKTS) steht die Optimierung von Leistung, Lebensdauer und Nachhaltigkeit im Mittelpunkt. Dem Recycling von Batterien hat sich auch die TU Bergakademie Freiberg verschrieben, dort wird seit 15 Jahren das mechanische Zerstückeln und Sortieren der einzelnen Batteriebestandteile weiterentwickelt. Und am Karlsruher Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) wiederum versucht man, die globalen Trends und Innovationen in der Batterie-Technologie im Blick zu behalten.

Zu den drängendsten Batterie-Themen für Gegenwart und Zukunft haben wir die jeweils führenden Expertinnen und Experten aus all den genannten Forschungseinrichtungen befragt. Das sind Holger Althues vom Fraunhofer IWS, Mareike Partsch und Matthias Schulz vom Fraunhofer IKTS, Urs Peuker von der TU Bergakademie Freiberg (zu den Themen Recycling und Langlebigkeit) und Tim Wicke vom Fraunhofer ISI.

Von links nach rechts: Dr. rer. nat. Holger Althues (Abteilungsleiter Batteriewerkstoffe, Fraunhofer IWS Dresden) Dr.-Ing. Mareike Partsch (Abteilungsleiterin Mobile Energiespeicher und Elektrochemie, Fraunhofer IKTS Dresden) Dr.-Ing. Matthias Schulz (Abteilungsleiter Stationäre Energiespeicher, Fraunhofer IKTS Dresden) Prof. Dr.-Ing. Urs Peuker (Institut für Mechanische Verfahrenstechnik und Aufbereitungstechnik, TU Bergakademie Freiberg) Tim Wicke (Batterie-Experte im Competence Center Neue Technologien, Fraunhofer ISI Karlsruhe)
Von links nach rechts:
Dr. rer. nat. Holger Althues (Abteilungsleiter Batteriewerkstoffe, Fraunhofer IWS Dresden)
Dr.-Ing. Mareike Partsch (Abteilungsleiterin Mobile Energiespeicher und Elektrochemie, Fraunhofer IKTS Dresden)
Dr.-Ing. Matthias Schulz (Abteilungsleiter Stationäre Energiespeicher, Fraunhofer IKTS Dresden)
Prof. Dr.-Ing. Urs Peuker (Institut für Mechanische Verfahrenstechnik und Aufbereitungstechnik, TU Bergakademie Freiberg)
Tim Wicke (Batterie-Experte im Competence Center Neue Technologien, Fraunhofer ISI Karlsruhe)
Bildrechte: H. Althues, M. Partsch, M, Schulz, U. Peuker, T Wicke, MDR Wissen

Im Folgenden werden wir deren Antworten zu jedem Themenbereich zusammenfassen, oft (aber nicht immer) sind die Meinungen der Expertinnen und Experten auch sehr ähnlich. Unter der Zusammenfassung finden Sie immer eine Schaltfläche. Wenn Sie diese anklicken, werden die kompletten (und oft komplexen) Antworten angezeigt.

Macht die Wissenschaft genügend Fortschritte bei Batterien?

Recht einig sind sich die Experten, dass es schon heute sehr gute Batterien gibt. Preise und Leistungsfähigkeit haben sich in den vergangenen Jahren stark verbessert. Aber die Forschung geht natürlich weiter, Verbesserungspotenzial gibt es immer. Die aktuellen Hausaufgaben liegen jedoch nicht so sehr bei der Wissenschaft, sondern bei der Industrialisierung von schon erforschten Batterietechnologien.

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Macht die Wissenschaft aus Ihrer Sicht genügend Fortschritte, damit Batterien in naher Zukunft die riesige Rolle spielen können, die bei der Energiewende für sie angedacht ist?

Holger Althues:
Zunächst möchte ich betonen, dass die Energiewende und die Rolle der Batterie weniger vom Fortschritt in der Wissenschaft, sondern eher von politischen Entscheidungen und globalen Marktentwicklungen geprägt ist (meine persönliche Meinung). Heutige Lithium-Ionen-Batterien erfüllen bereits eine ganz wichtige Rolle, dadurch, dass sie eine drastisch emissionsreduzierte alternative Mobilität ermöglichen. In den letzten Jahren sind (durch Weiterentwicklung) die Kosten der Batterie deutlich gesunken und ihre Leistungsfähigkeit drastisch gestiegen. Wie gesagt, wird die (etwas langsame) Marktdurchdringung der Elektromobilität dabei insbesondere durch Politik, globale Marktwirtschaft und Gesellschaft bestimmt und weniger durch die Wissenschaft.
Dennoch zu Ihrer Frage: Ja, wir sehen kontinuierlichen Fortschritt, aber auch neue Konzepte, die die Leistungsfähigkeit von Batterien weiter erhöhen oder für bestimmte Anwendungen maßgeschneiderte Lösungen ermöglichen. Auch wenn die heutige Lithium-Ionen-Batterie bereits wesentliche Kriterien für die Anwendung in Elektrofahrzeugen erfüllt, besteht noch ein gewaltiges Innovationspotential, die Leistung, Sicherheit, Reichweite zu erhöhen und die Kosten weiter zu reduzieren.

Mareike Partsch und Matthias Schulz:
Batterien sind seit Alessandro Volta bekannt, die aktuelle Aufgabe ist deren Industrialisierung. Es sind schon heute sehr gute Batterien am Markt verfügbar. Nichtsdestotrotz ist eine unglaubliche Vielzahl neuer Batterietechnologien derzeit weltweit in Entwicklung. Es sind Kandidaten mit deutlich verbesserter Nachhaltigkeit und Performance dabei. Also, ja.

Tim Wicke:
Bei Batterien gab es in den letzten Jahren bemerkenswerte Fortschritte. Im Fokus stand bisher die Lithium-Ionen-Batterie. Deren Energiedichte, also die Speicherkapazität pro Volumen oder Gewicht, hat sich alleine in den letzten 10 Jahren mehr als verdoppelt. Auch in Zukunft wird es weitere Fortschritte und Weiterentwicklungen geben. Der Preisfall bei Batterien ist aber fast noch ausschlaggebender: Haben Batterien im Jahr 2013 noch über 500 USD/kWh gekostet, sind es 2023 lediglich noch rund 100 USD/kWh. Damit ist der Einsatz von Batterien in immer mehr Anwendungen sinnvoll beziehungsweise konkurrenzfähig.
Die Forschung, insbesondere auch in Deutschland, widmet sich darüber hinaus neuen Zelltechnologien, die für bestimmte Einsatzzwecke weitere Vorteile bieten. Aufgrund der Dominanz aus Asien (insbesondere China) sollte jedoch nicht nur die Wissenschaft in den Blick genommen werden. In Asien treiben insbesondere die großen Zellhersteller die Weiterentwicklung von Batterien voran. In Europa müssen wir dementsprechend auch darauf schauen, wie der Wissenstransfer in die Industrie und damit die Industrialisierung der Schlüsseltechnologie Batterie auch vorangebracht werden kann.
Die Bedeutung der Batterien für die Energiewende sticht insbesondere in zwei Anwendungen ins Auge: Erstens im Mobilitäts- und Fahrzeugsektor, hier steigen die Zulassungszahlen für Elektroautos global Jahr für Jahr stetig an. Zweitens bei stationären Speichern, die prozentual gesehen sogar die Zunahme des Bedarfs an Batterien für Elektroautos übertreffen. Durch die günstigen Preise ist es mittlerweile deutlich attraktiver geworden, sowohl kleine als auch große Batteriespeicher aufzubauen.
Allerdings sollten auch die Grenzen der Batterietechnologie gesehen werden: Alleine auf Basis von Batterien kann keine vollständige Energiewende erfolgen. Für manche Anwendungen, etwa Schiffe und Flugzeuge, aber auch für manche (Strom)netzdienlichen Zwecke sind Batterien nur bedingt geeignet und konkurrieren beispielsweise mit Wasserstoff, dessen Einsatz bei manchen Anwendungen mehr Sinn macht.

Die größten Meilensteine der vergangenen Jahre

Den Werdegang der heute dominierenden Lithium-Ionen-Batterie (LIB) hält die gesamte Expertenschaft für beeindruckend, auch wenn es im Wesentlichen seit vielen Jahren Weiterentwicklungen waren – und keine grundlegenden Innovationen. Als Meilensteine angesehen werden können auch andere Batteriearten wie Natrium-Ionen-Batterien (NIB) und Feststoffbatterien, neue Anoden-Materialien, das schrittweise Ersetzen kritischer Materialien oder effizientere Fertigungsprozesse wie zum Beispiel die platz- und kostensparende Trockenbeschichtung.

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Was sind die aus Ihrer Sicht größten Meilensteine bei Forschung und Entwicklung in den zurückliegenden Jahren gewesen?

Holger Althues:
Die heutige Lithium-Ionen-Batterie ist die Folge einer kontinuierlichen Entwicklung. Die wesentliche Innovation hat dabei vor der ersten Kommerzialisierung 1991 stattgefunden. Die Entwicklung der letzten 10-20 Jahre sind eher eine Evolution mit Weiterentwicklung von Materialien, Prozessen und Produktionsanlagen. Wesentliche Meilensteine gibt es aber in der Entwicklung neuer Batterietypen:
a) Vor wenigen Jahren ist die Natrium-Ionen-Batterie erstmalig kommerzialisiert worden – eine Variante mit deutlich reduziertem Bedarf an kritischen Rohstoffen und mit reduzierten Kosten
b) Verschiedene Varianten der Feststoffbatterie sind als kleine Prototypen demonstriert worden – Konzepte mit großem Potential die Sicherheit aber auch Energiedichte (Reichweite) weiter zu steigern. Hier ist aber weitere Forschung und Entwicklung nötig, bevor eine Kommerzialisierung in Massenanwendungen erwartet wird.
c) Bei den Produktionsverfahren stellt die Trockenbeschichtung einen gewissen Meilenstein dar. Sie erlaubt deutliche Kosten- und Platzersparnisse gegenüber herkömmlichen Verfahren. Führend ist dabei Tesla – hier wird das Verfahren bereits in bestimmten Produktlinien eingesetzt, aber auch bei europäischen Herstellern findet eine schnelle Entwicklung statt. Das Fraunhofer IWS bietet dazu mit "DRYtraec®" eine patentierte Lösung für den Transfer in die industrielle Nutzung.

Mareike Partsch und Matthias Schulz:
Die Entwicklung und Kommerzialisierung der Li-Batterie und schrittweise Substitution kritischer Materialien sowie effiziente Fertigungsprozesse.

Tim Wicke:
Gerade bei Lithium-Ionen-Batterien gab es in den letzten Jahren durch die kontinuierliche Optimierung vieler verschiedener Batterie-Bauteile einen enormen Entwicklungsschub. Die Aktivmaterialien können immer mehr Energie speichern, aber auch der Aktivmaterialanteil selbst nimmt zu. Dies ist unter anderem durch neue Zelldesigns möglich (dickere Aktivmaterialbeschichtungen und gleichzeitig dünnere/weniger Passiv-Komponenten). Sieht man sich eine aktuelle Elektroauto-Batterie näher an, stellt man fest, dass sich auch viel beim grundsätzlichen Aufbau solcher Batterie-Packs getan hat. Die Konfiguration dieser Packs ist etwa viel effizienter, Stichwort "Cell to Pack". Sehr großen Einfluss auf die Weiterentwicklung der Energiedichte haben definitiv neue Anodenmaterialien (heutzutage ist die Silizium-Anode bzw. aus Silizium/Kohlenstoff-Kompositen bis zu gewissem Maße industrialisiert, perspektivisch die Lithium-Metall-Anode). Jeweils können und konnten so kleinere Sprünge erreicht werden. Auf Kathodenseite sind die technologischen Fortschritte eher kontinuierlicher Art. Die Weiterentwicklung der LFP-Zellchemie (Erhöhung der Energiedichte, Leistung und Tieftemperaturfähigkeit) und die damit verbundene Alternative zu nickelreichen Kathodenmaterialien beispielsweise für Elektrofahrzeuge stellten jedoch auch einen für den Markt relevanten Meilenstein dar.

Gibt es bald "die Super-Batterie", die alles kann?

Nein, der Wunsch nach der einen Super-Batterie, die alle Vorzüge (super-leistungsstark, super-langlebig, super-schnell aufladbar, super-nachhaltig) in sich vereint, wird in naher Zukunft höchstwahrscheinlich nicht erfüllt, da sind sich die Experten einig. Dafür gibt es immer irgendeinen Haken zu viel an der Sache. Die Lithium-Ionen-Batterie wird in ähnlicher Form, wie wir sie schon haben, auch in den nächten Jahren dominieren. Für manche Nutzungsarten von Batterien wird es aber andere Lösungen geben, so dass man sagen könnte: Die eine "Super-Batterie" gibt es zwar nicht, aber mehrere verschiedene "Gut-für-diesen-Zweck-Batterien".

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Und welche Meilensteine könnten schon bald kommen? Wird es irgendwann "DIE Super-Batterie" geben?

Holger Althues:
Bei der Frage zuvor bin ich bereits auf die Feststoffbatterie eingegangen, die noch Entwicklung benötigt, aber auch einen weiteren Leistungssprung verspricht. Von "DER" Superbatterie würde ich dennoch nicht sprechen. Die heutige Lithium-Ionen-Batterie erfüllt bereits, wie gesagt, viele Kriterien für diverse Anwendungen und wird in den nächsten 10 bis 20 Jahren sicher nicht ersetzt werden.

Mareike Partsch und Matthias Schulz:
Nein, es wird für die verschiedenen Nutzungen angepasste Batterie-Lösungen geben. Das können vollkommen unterschiedliche Zellchemien und Konzepte sein. Je nach Anwendung kann es wichtig sein, dass die Batterien sehr schnell geladen und entladen werden können oder aber viel Strom langsam und für einen längeren Zeitraum speichern. Wichtig dabei sind natürlich auch akzeptable Kosten, welche je nach Anwendung stark variieren können.

Tim Wicke:
Generell lässt sich zunächst sagen, dass es stark auf die Anwendung und die an die Batterie gestellten Anforderungen ankommt, also ob z.B. ein niedriger Preis oder eine hohe Energiedichte bzw. die Leistung im Vordergrund stehen. Jede Batterietechnologie bringt hier entsprechende Vor- und Nachteile mit sich. Die Feststoffbatterie, der oftmals ein großer Technologiesprung zugesprochen wird, ermöglicht durch den Einsatz von Lithium-Metall auf Anodenseite eine höhere Energiedichte. Außerdem gilt sie als sehr sicher, da kein brennbares, flüssiges Elektrolyt verwendet wird. Da sich jedoch klassische LIB kontinuierlich weiterentwickeln, muss eine solch neue Zelltechnologie die bestehende etablierte Technologie erst einmal einholen. Ein plötzlicher riesiger Sprung in der Zellperformance in den nächsten Jahren ist also eher unwahrscheinlich.
Neue, speziell für einzelne Anwendungsfälle optimierte Zellsysteme, könnten in Zukunft aber durchaus die LIB ablösen. Dennoch bleibt aber die "Allrounder"-Fähigkeit der LIB weiterhin State-of-the-Art. Es gibt immer wieder Meldungen von angeblichen "Superbatterien", wobei es immer mindestens einen Haken gibt (beispielsweise die Lebensdauer oder Konzepte, die eben nur im Labor funktionieren). Zumindest für die nähere Zukunft lässt sich deshalb eine radikal neu konstruierte Superbatterie mit hoher Sicherheit ausschließen.

Kann man vom Lithium wegkommen?

Nein, ganz wegkommen wird man vom Lithium nicht so bald. Zwar ist die Natrium-Ionen-Batterie eine Alternative, sie wird der Lithium-Variante aber nicht komplett den Rang ablaufen, höchstens eine Ergänzung darstellen. Gerade bei hoher nötiger Speicherdichte wird Lithium führend bleiben. Allerdings ist die Rohstoffsituation beim Lithium auch gar nicht allzu kritisch. Es gibt noch große Ressourcen, neue Abbau-, sowie neue Aufbereitungsmöglichkeiten, und der starke Preisanstieg ist auch überwunden.

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Ist es bei großen und/oder kleinen Batterien ein realistisches Ziel für die nahe Zukunft, von der Lithium-Ionen-Technologie beziehungsweise generell vom Lithium wegzukommen, um einer möglichen Rohstoffknappheit oder -abhängigkeit zu entgehen?

Holger Althues:
Auch wenn die Lithium-Ionen-Batterie weiter den Markt bestimmen wird, bietet die Natrium-Ionen-Batterie eine Alternative mit reduziertem Bedarf (bis zu vollständigem Ersatz) an kritischen Rohstoffen. Erwartet wird aber nur eine Ergänzung durch die Natrium-Batterie – insbesondere in Anwendungen, in denen weniger die Leistung, als die Kosten im Vordergrund stehen. In Summe findet dadurch dennoch eine wichtige Entlastung des Rohstoffbedarfes statt.

Mareike Partsch und Matthias Schulz:
Für Nutzungsszenarien, die eine hohe Speicherdichte erfordern, wird es Lithium bleiben, für andere Szenarien können andere Chemien eingesetzt werden.

Tim Wicke:
Technologisch möglich wäre beispielsweise die Natrium-Ionen-Batterie, die insbesondere seit letztem Jahr große Aufmerksamkeit bekommen hat. Wie aus dem Nichts kündigten chinesische Hersteller die Serienproduktion beziehungsweise den Einsatz in Serienfahrzeugen an. Diese Zelltechnologie verzichtet auf Lithium, und abhängig von der eingesetzten Zellchemie sind auch andere Metalle (zum Beispiel Nickel oder Kobalt) nicht mehr notwendig.
Es ist aber trotzdem nicht damit zu rechnen, dass die Natrium-Ionen-Technologie der LIB schnell den Rang abläuft. Denn Lithium ist nach Expertenmeinung nicht so kritisch wie oftmals dargestellt. Aufgrund großer Lithiumressourcen ist mit keiner Verknappung des Rohstoffs zu rechnen. Die globalen Produktionskapazitäten stiegen in den letzten Jahren stark an. Zudem gibt es neue und nachhaltige Gewinnungsmethoden aus dem Grundwasser. Deren Wirtschaftlichkeit muss sich jedoch erst noch zeigen. Steigende Lithium-Preise durch eine Versorgungsknappheit im Jahr 2022 und 2023 sind jedenfalls überwunden.
Die aktuell geringe Sorge bezüglich der Materialversorgung zeigt sich auch beim Recycling: Denn durch die nun wieder billigen Preise wird in vielen Recyclinganlagen (noch) kein Lithium zurückgewonnen, obwohl dies technisch möglich wäre. Weitere Materialien wie beispielsweise Grafit (hohe Abhängigkeit von China) ließen sich auch synthetisch herstellen.

"Nebenwirkungen" wie Umweltschäden und Kinderarbeit

Um solche ungewünschten Nebenwirkungen zu verhindern, sind mehrere Ansätze notwendig, die gesetzlich geregelt werden müssen, weil es der Markt allein nicht tun wird. Kritische Rohstoffe könnten durch andere ersetzt werden. Wenn das nicht möglich ist, muss die Umweltverträglichkeit garantiert sein. Manches entwickelt sich schon in eine bessere Richtung. Zum Beispiel spielt Kobalt, der vor allem aus dem Kongo kommt und dessen Abbaubedingungen oft kritisiert wurden, in neuen Zellchemie-Arten von Batterien eine immer geringere Rolle. Am wichtigsten ist aber das Recycling von Batterie-Rohstoffen, so dass möglichst wenige neue Rohstoffe gebraucht werden.

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Wie kann man immer wieder kritisierte "Nebenwirkungen" bei der Batterie-Herstellung bzw. Rohstoffgewinnung (Umweltschäden, Kinderarbeit etc.) verhindern? Müssten dazu vielleicht ausschließlich Rohstoffe verwendet werden, die überall leicht verfügbar sind?

Holger Althues:
Ja, sicherlich ist eine Zielstellung, unter anderem mit der Natrium-Batterie die kritischen Rohstoffe zu ersetzen. Mit Lithiumeisenphosphat ist bereits eine weitere Alternative zu den Kobalt- und Nickel-haltigen Materialien auf dem Markt. Zeitgleich wird ja auch an den Regularien gearbeitet, um die Rohstoff- und Produktströme zu erfassen und Umweltschäden und Menschenrechtsverletzungen auszuschließen (u.a. "Batteriepass"). Meine persönliche Überzeugung ist, dass der Nutzen von Batterien immer größer ist als mögliche (Umwelt-)Schäden bei der Rohstoffgewinnung. Dennoch müssen diese natürlich adressiert werden.

Mareike Partsch und Matthias Schulz:
Es sind mehrere Ansätze notwendig: Wo kritische Rohstoffe erforderlich sind, muss die Gewinnung vor Ort umweltfreundlich entwickelt werden, wo möglich, sollen kritische Rohstoffe substituiert werden. Sollte eine Substitution kritischer Rohstoffe nicht möglich sein (z.B. Kobalt) ist aus unserer Sicht die Kreislaufführung der Rohstoffe zwingend. In der schrittweise greifenden Europäischen Batterieverordnung ist die Nachhaltigkeit von Batterien geregelt. Dort wird zum Beispiel klar definiert, wie sich die Recyclingquoten zu entwickeln haben.
Die ökologischen und sozialen Auswirkungen der Rohstoffgewinnung außerhalb der EU sind schwer zu beeinflussen. Beeinflussen kann letztendlich der Kunde durch sein Kaufverhalten, die Firmen durch Selbstverpflichtungen. Der Gesetzgeber hat mit dem Lieferkettengesetz verbindliche Regeln definiert. Diese müssen eigentlich nur konsequent umgesetzt werden.

Tim Wicke:
Viele der schwer zu kontrollierenden "Nebenwirkungen" betreffen vor allem die Rohstoffförderung. Diese findet oftmals im globalen Süden statt, wo es weniger Umweltauflagen oder Arbeits-(sicherheits-)Bestimmungen gibt. Neuere Initiativen versuchen daher, Einfluss auf die Lieferkette zu nehmen. Beispielsweise ist das auch ein Anliegen von großen Automobil-Herstellern. Auch die EU steuert mit ihrem "Battery Passport" hierzu bei. Darüber hinaus spielt Kobalt, dessen Abbau im Kongo oft mit Kinderarbeit in Zusammenhang gebracht wird, bei neueren Zellchemien eine immer geringere Rolle, da sich der Anteil reduziert.
Recycling ist hierbei ein ganz wichtiger Aspekt. Durch das Schließen des Stoffkreislaufes lässt sich die Ökobilanz erhöhen beziehungsweise der Bedarf an neuen Rohstoffen reduzieren. Sicherlich gibt es zum Beispiel mit der Natrium-Ionen-Batterie Ansätze, auf weniger kritische Ausgangsrohstoffe umzusteigen. Schlussendlich entscheidet der Markt, solang es keine Regulierungen gibt. Dort sind die Leistungskennzahlen (sogenannte KPI) von LIB momentan noch nicht anderweitig ersetzbar. Gut möglich ist, dass es in Zukunft noch weitreichendere Regulierungen wie die Batterieverordnung der EU gibt und somit andere Technologien attraktiver werden können.

Verheißungsvollste Technologien bei kleinen Alltagsbatterien, E-Autos und großen Energiespeichern

Die Lithium-Ionen-Technologie wird bei kleinen Alltagsbatterien auch in Zukunft genutzt werden. Natrium-Ionen- und Feststoff-Batterien könnten aber auch alltagstauglich werden, zumindest für manche Zwecke. Wichtig wird in jedem Fall sein, dass Batterien wiederaufladbar und damit lange nutzbar sind.

Bei Batterien von Elektrofahrzeugen ist es so ähnlich. Lithium-Ionen-Batterien werden vorerst weiter dominieren. In Zukunft könnte aber (vor allem in kleinen Fahrzeugen) die leistungsschwächere, aber preiswertere Natrium-Ionen-Technologie zum Zuge kommen. Und die Feststoff-Batterie mit ihrer höheren Energiedichte wird sich auch durchsetzen, allerdings wegen ihres höheren Preises vor allem im Premiumsegment von E-Autos.

Bei großen Energiespeichern wird die Varianz vermutlich am größten sein. Wenn die Lithium-Ionen-Technologie weiterhin immer preiswerter wird, bleibt sie auch in diesem Segment interessant. Mit ihr werden aber verschiedene Batterie-Arten auf Natrium-Basis und Redox-Flow-Batterien konkurrieren.

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Was sind aus Ihrer Sicht bei a) kleinen Alltagsbatterien, b) E-Auto-Batterien und c) großen Energiespeichern die vielversprechendsten Technologien für die Zukunft und warum?

Holger Althues:
Zu a): Die LIB bleibt in Consumer-Anwendungen führend, da sie bereits wesentliche Anforderungen erfüllt und die möglichen Vorteile von Feststoff- oder Natrium-Batterien hier nur wenig zum Tragen kommen. Kosten der Batterie sind hier weniger relevant und Feststoffbatterien benötigen vorrausichtlich spezielle Gehäuse, die eher in größeren Anwendungen Sinn machen.
Zu b): Die LIB bleibt mindestens fünf bis zehn Jahre die dominierende Technologie. Natrium-Batterien werden nur in kleineren Anwendungen eine kostengünstigere Alternative sein. Die Feststoffbatterie hat das Potenzial, die LIB mittelfristig und zunächst im Premiumsegment zu ersetzen.
Zu c): Hier stehen Kosten und Langzeitstabilität im Vordergrund. Die Natrium-Batterie hat das Potenzial, diesen Markt zu besetzen. Die sinkenden Preise bei den LIB werden aber auch diese für diesen Markt attraktiv machen. Alternativen wie Redox-Flow oder Hochtemperatur-Natrium-Batterien können bestimmte Nischen besetzen. Auszuschließen ist auch nicht, dass andere Schwefel-basierte Batterien (Natrium-Schwefel oder Lithium-Schwefel) oder auch Zink-basierte Batterien für bestimmte stationäre Anwendungen entwickelt werden.

Mareike Partsch und Matthias Schulz:
a) kleine Alltagsbatterien: Natrium-Batterien und Lithium-Batterien
b) E-Auto-Batterien: Lithium-Batterien und zukünftig Natrium-Batterien
c) große Energiespeicher: viele Technologien wie: Natrium-Hochtemperatur-Batterien, Na-Ionen- und Li-Ionen-Batterien, Redox Flow-Batterien
Aber da sich sehr viele in Entwicklung befinden, ist das schwer zu beantworten.

Tim Wicke:
a) Kleine Alltagsbatterien müssen hohe Energiedichten aufweisen. Aufgrund des technologischen Fortschrittes lassen sich hier immer öfter wiederaufladbare Zellen anstatt nicht aufladbarer Primärzellen einsetzen. Sollten Feststoffbatterien in den nächsten Jahren kommerzialisiert werden, ließen sie sich zum Beispiel in Power-Tools beziehungsweise Werkzeugen einsetzen.
b) Bei Autobatterien wird, wie oben bereits angedeutet, der Lithium-Ionen-Batterie kurzfristig keine andere Technologie den Rang ablaufen können. Insbesondere Preis und Energiedichte sind hier entscheidende Faktoren. Bei E-Autos ist seit kurzer Zeit insbesondere der Wechsel hin zu LFP-Kathoden-Zellchemien zu beobachten. Diese Batteriezellen sind billig und bereits großindustriell kommerzialisiert und stellen damit eine Alternative zur Natrium-Ionen-Batterie dar (Kompromiss aus Preis und Energiedichte). Diese werden in Zukunft wohl auch in einigen Fahrzeugen (insbesondere im Kleinsegment) eingesetzt. Der Marktanteil bleibt jedoch voraussichtlich gering. Für Hochpreissegmente könnte auch die Feststoffbatterie mit hohen Energiedichten, die gleichzeitig mit hohen Kosten einhergehen, eine Alternative darstellen.
c) Für Energiespeicher sind Preis und Lebensdauer die wichtigsten Leistungseigenschaften. Hier haben zum einen Natrium-Ionen-Batterien potenzielle Chancen. Die Langlebigkeit dieser Systeme ist noch nicht vollständig erwiesen. Auch hier wird die Lithium-Ionen-Batterie noch länger mit alternativen Technologien konkurrieren. Langfristig sind auch weitere Ansätze wie zum Beispiel Redox-Flow-Systeme oder Hochtemperatur-Natrium-Schwefel-Batterien interessant. Für beide Ansätze bestehen schon erste Anlagen. Insbesondere Natrium-Schwefel-Batterien werden schon in ersten Industrieanlagen produziert (beispielsweise in Japan oder von der BASF betrieben in Deutschland).

Wie verhindert man ein großes "Wegwerf"-Problem bei Batterie-Bestandteilen?

Die Experten sind optimistisch, dass es zu keinem großen Wegwerf-Problem kommt. Zwar wird nicht alles der Markt regeln, weil sich Recycling nicht bei jedem Material in Batterien preislich lohnt. Aber Gesetze wie die EU-Batterieverordnung schaffen einen sehr guten Rahmen, so dass Abfall als Wertstoff gesehen werden muss und es trotzdem hohe Recycling- und Wiederverwendungsquoten geben wird. Zumindest in Europa.
Die Langlebigkeit von Batterien wird auch verbessert werden, wenn auch aus chemisch-physikalischen Gründen mittelfristig nicht so extrem, wie man sich vielleicht wünschen würde.

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Wir werden vermutlich immer mehr in einer Welt voller kleiner und großer Batterien leben. Ist es realistisch zu hoffen, dass all diese Batterien entweder eine extrem lange Lebensdauer haben oder vollständig recycelt werden, damit es kein großes "Wegwerf"-Problem gibt?

Holger Althues:
Eine hohe Recycling-Quote ist eine Voraussetzung für die erfolgreiche Nutzung von Batterien, insbesondere, solange kritische Rohstoffe eingesetzt werden. Extrem lange Lebensdauern sind aber eine realistische Hoffnung – da ist noch viel möglich.

Mareike Partsch und Matthias Schulz:
Batterien sollen möglichst lange genutzt und danach recycelt werden, um rohstoffeffizient zu sein. Die Mindestanforderungen an Lebensdauer und Recycling werden in der "EUBattV" klar geregelt. Aus dieser und aus Sicht der Wirtschaftlichkeit sollte es nicht zu einem "Wegwerf"-Problem kommen.

Urs Peuker:
Es gibt bei der Ausgestaltung der Kreislaufwirtschaft verschiedene Treiber, um hohe Recycling-Quoten zu erreichen. Neben den wirtschaftlichen Anreizen können dies Aspekte des Umweltschutzes und der gesetzlichen Rahmenbedingungen sein.
Für einen Teil der Inhaltsstoffe von Batterien ist ein wirtschaftliches Recycling darstellbar. Dies betrifft insbesondere die Nichteisenmetalle Nickel, Kobalt und Kupfer. Für ein ganzheitliches Recycling aller Inhaltsstoffe, sind flankierende Maßnahmen von Seiten der gesetzlichen Rahmenbedingungen notwendig. Mit der neuen Batteriedirektive hat die Europäische Union ein sehr interessantes neues Gesetz implementiert. Man nutzt hier nicht nur eine Recyclingquote, die auf dem reinen Gewicht der Batterie beruht, sondern Recyclingquoten, die für verschiedene chemische Elemente vorgegeben werden. Somit wird das Ziel, kritische Rohstoffe im Kreislauf zu halten, betont. Außerdem werden Wiedereinsatzquoten vorgegeben, das heißt, eine neue Batterie muss aus einem gewissen Prozentsatz an Altmaterialien bestehen. Diese gesetzlichen Rahmenbedingungen kosten den Verbraucher erst mal sehr wenig, haben aber dazu geführt, dass Abfallströme nun als Wertstoffströme gesehen werden können und diese auch einen Verkaufspreis erzielen. Somit haben die gesetzlichen Rahmenbedingungen, die Ende 2027 beziehungsweise 2031 gelten werden, die Wirtschaftlichkeit des Batterierecyclings stimuliert.
Wie auch bei anderen, gefährlichen Abfallströmen, zielt die Gesetzgebung darauf, eine möglichst vollständige Entsorgung beziehungsweise nun Kreislaufwirtschaft zu etablieren, somit ist die Sorge, dass insbesondere lithiumhaltige Batterien in normalen Abfallströmen verschwinden, zum großen Teil unbegründet.
Betrachtet man die letzten 20 Jahre der Forschung und Entwicklung sowohl in der Wissenschaft als auch der Industrie, kann man feststellen, dass eigentlich erstmalig das Recycling für ein wichtiges Massenprodukt parallel zur Markteinführung entwickelt wurde.
Verschiedene Technologien stehen aktuell zur Verfügung, um gebrauchte LIB zu recyceln. Für diese Technologien sind in Deutschland und Europa und auch in China Pilotanlagen und (kleine) Produktionsanlagen bereits im Betrieb. Diese sind in der Lage, die nach Abfallgesetz gefährlichen Reststoffströme zu verarbeiten und neue, sekundäre Rohstoffe und Materialien bereitzustellen. Aktuell befinden wir uns in einer Investitionsphase, in der weitere Kapazitäten für die zukünftigen Reststoffe errichtet werden. Auch dies ist durch eine strategische Gesetzgebung ermöglicht worden. Die Batteriedirektive gibt die notwendigen und erforderlichen Rückgewinnungsquoten vor, der CRMA ("Critical Raw Materials Act") gibt wiederum vor, dass zumindest ein Teil dieser Rückgewinnungsanlagen auch innerhalb der EU lokalisiert sein sollen, um diese kritischen Rohstoffe nicht zu exportieren und für die heimische Produktion zur Verfügung zu haben.

Tim Wicke:
Mit "extrem langen Lebensdauern" ist zumindest mittelfristig nicht zu rechnen. Die in den Zellen stattfindenden Nebenreaktionen und auch die mechanischen Belastungen durch Volumenänderungen beim Laden und Entladen oder der Schaden an Materialien durch stark variierende Temperaturen verhindert dies. Daher ist ein funktionierendes Recyclingsystem notwendig.
Technisch sind hier die Grundlagen gelegt. Heutzutage ist es insbesondere eine Frage des Preises, ob alte Batteriezellen (fast) vollständig recycelt werden. Das Recycling konzentriert sich auf die wertvollen Stoffe im Aktivmaterial (insbesondere die Metalle in der Kathode). Wird Graphit in der Anode genutzt, ist Recycling beispielsweise nicht wirtschaftlich. Bei Lithium ist die Rückgewinnung, wie oben bereits beschrieben, begrenzt lohnenswert. Abhängig vom Preis lässt es sich rein technisch aber extrahieren. Lediglich Polymere des Separators oder einzelne Inhaltsstoffe des Elektrolyts sind beispielsweise nicht recycelbar.
Eine Anpassung der Regulatorik (zum Beispiel die EU-Batterieverordnung oder der Critical Raw Materials Act) kann hier grundsätzlich helfen, höhere Recyclingquoten zu erreichen. Zudem ermöglichen 2nd-Life-Ansätze eine Weiternutzung der Batterien, wenn sie beispielsweise aufgrund von geringeren Kapazitäten nicht mehr für einen mobilen Einsatz ausreichend sind.

Langlebigkeit von Batterien im E-Auto

Die Angst, dass die Batterie eines modernen Elektroautos ihren Geist schon vor dem Rest des Wagens aufgibt und ersetzt werden muss, ist ziemlich unbegründet. Eine Lebensdauer von 200.000 Kilometern (und zum Teil deutlich mehr) ist absolut üblich und damit mit der von Verbrenner-Fahrzeugen vergleichbar. Auch vor einem relativ schnellen Kapazitätsverlust, wie man ihn vielleicht vom Handy kennt (Akku hält nach einer Weile nicht mehr so lange durch wie am Anfang), muss man beim E-Auto keine Angst haben.

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Gerade bei E-Auto-Batterien stellen sich viele die Frage nach der Langlebigkeit. Kann man da beruhigt in die Zukunft blicken?

Holger Althues:
Tatsächlich liefern ja die Erfahrungen an zum Beispiel Tesla-Fahrzeugen, die länger im Einsatz sind, überraschend positive Resultate à la "die Lebensdauer übertrifft deutlich die Erwartungen". Es gibt definitiv Batterien, die übliche Lebenszyklen von Fahrzeugen überleben (und dann ja sogar einem "second-use" zugeführt werden sollen). Also ja.

Urs Peuker:
Lithiumionenbatterien, wie sie heute eingesetzt werden, halten je nach Anwendung und Belastungsszenario 800 bis über 5.000 Zyklen. Das würde bei einem Elektroauto einer Reichweite von 240.000 bis 1.500.000 km entsprechen, was eine realistische Größenordnung im Vergleich zu konventionellen Verbrennerfahrzeugen ist.

Tim Wicke:
Heute schon erreichen moderne Batterien mehre hundert Ladezyklen. Bei den verbauten Batteriegrößen in Elektroautos bedeutet dies oftmals Lebensdauern von über 200.000 km. Die kalendarische Lebensdauer von LIB beträgt rund 10 bis 15 Jahre, was ebenfalls akzeptabel ist. Die Angst, dass eine Batterie nach nur wenigen Jahren getauscht werden muss (oder wie beim Handy schnell massiv an Kapazität verliert), bestätigt sich bei E-Autos nicht.

Wie versuchen die von uns befragten Forscher selbst, zukünftige Batterien zu verbessern?

So vielfältig wie das Innenleben einer Batterie sind auch die Forschungsschwerpunkte unserer Expertinnen und Experten. Manchmal geht es um Themen, von denen Außenstehende wahrscheinlich noch nie gehört haben, wie zum Beispiel die Trockenbeschichtung oder das Recycling der sogenannten Schwarzmasse.

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Woran forschen Sie und Ihr Kollegium gerade speziell, und wie könnte das zukünftige Batterien verbessern?

Holger Althues:
Am Fraunhofer IWS setzen wir folgende Schwerpunkte:
a) Entwicklung des Trockenbeschichtungsverfahren "DRYtraec" – eine für verschiedene Batteriesysteme einsetzbare Produktionstechnik zur energiesparenden Herstellung von Elektroden. Mit dieser Innovation wollen wir insbesondere europäischen Herstellern einen Vorsprung bezüglich Kosten- und Energieeinsparung verschaffen. Wir arbeiten dazu mit Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette zusammen und haben bereits einen Lizenzvertrag mit einem Großunternehmen aus der europäischen Automobilindustrie abgeschlossen.
b) Weiterentwicklung von Feststoff- und Lithium-Schwefel-Batterien. Auch hier setzen wir eigene Maßstäbe und bringen neue Ideen und Innovationen aus dem Labor in Prototypzellen zur anwendungsnahen Bewertung. Auch hier arbeiten wir mit verschiedenen Partnern zusammen und bauen auf eigene, patentierte Lösungen auf.

Mareike Partsch und Matthias Schulz:
Wir forschen, weil es immer noch Optimierungspotenzial bei der Performance, Lebensdauer und Nachhaltigkeit gibt. Das passiert an einer Vielzahl von Zelltechnologien. Zum Beispiel: Optimierung von Batterien durch Einsatz fester Elektrolyten, neuer Kathoden- und Anodenmaterialien; verbesserte Fertigungsprozesse; Recycling; Entwicklung von stationären Natrium-Hochtemperatur-Batterien.

Urs Peuker:
An der TU Bergakademie Freiberg forscht das Institut für mechanisch Verfahrenstechnik und Aufbereitungstechnik seit fast 15 Jahren am mechanischen Batterie Recycling von LIB.
Als mechanisches Recycling wird das Shreddern und physikalische Sortieren der Batteriebestandteile verstanden. Aus einer entladenen Batterie am Ende ihrer Lebenszeit erzeugen die mechanischen Prozesse Rohstoffkonzentrate, die in den Rohstoffkreislauf wieder eingebracht werden können. Beispielsweise ein Kupferkonzentrat aus den Elektrodenfolien wird an eine Kupferhütte abgegeben, ein Aluminiumkonzentrat an einen Aluminiumhersteller. Das wichtigste Produkt ist die so genannte Schwarzmasse, die Nickel, Kobalt, Lithium und Mangan enthält.
Durch die neue Batteriedirektive ist die Schwarzmasse in der Industrie zu einem handelsfähigen Zwischenprodukt geworden, dass Chemieunternehmen und metallurgische Unternehmen aufkaufen, um daraus neue Batterierohmaterialien herzustellen. An der TU Bergakademie wird intensiv daran geforscht, eine hohe Ausbeute und eine hohe Qualität dieser Schwarzmasse sicherzustellen. Dies betrifft die Auswahl von geeigneter Maschinentechnik, die effektive Gestaltung der Prozessführung und die wissenschaftliche Frage nach den weiteren Einflussgrößen auf diesen Prozess.
Somit ist das Batterie-Recycling, wie es an der TU Bergakademie beforscht wird, eine angewandte Thematik, die die lokale Wirtschaft in Mitteldeutschland intensiv unterstützen kann, denn Mitteldeutschland ist im Bereich Batterien, Batteriematerialien und E-Mobilität exzellent aufgestellt.

Tim Wicke:
Unsere Forschung am Fraunhofer ISI widmet sich vor allem neuen Batterie-Trends und Aktivitäten entlang der Batteriewertschöpfungskette, zudem untersuchten wir jüngst in einer Studie die Batterie-Strategien diverser Länder und haben hier auch die geopolitische Lage oder das Bestreben nach Technologiesouveränität mit einbezogen. (Anm. d. Red.: hier gibt's diese Studie im PDF-Format)
Neben den oben skizzierten Entwicklungen bei den aktuellen LIB sowie Alternativtechnologien werden aktuell außerdem Innovationen bei der Batterieproduktion selbst stark diskutiert. Neue Verfahren bei der Herstellung, insbesondere das so genannte Trockenbeschichten, können Batterien sowohl nachhaltiger als auch billiger machen.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR Aktuell | 18. September 2024 | 21:48 Uhr

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