Eine Radfahrerin mit Mundschutz
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Coronavirus Diskussion um Mundschutz – was sagt die Wissenschaft?

27. März 2020, 20:24 Uhr

Neben Desinfektionsmitteln und Toilettenpapier sind Schutzmasken in diesen Tagen ein gefragtes Gut. Zu gefragt. Sie fehlen dort, wo sie dringend gebraucht werden. Doch wer braucht eigentlich wirklich eine, welche Arten gibt es und wie steht's mit Selbermachen und könnten sie uns auch ein falsches Sicherheitsgefühl vermitteln?

Update 06.04. 2020: Neue Studie über Verteilung der Corona-Viren

Erste Kommunen planen Regelungen, in der Öffentlichkeit Mundschutz zu tragen. Und unter Wissenschaftlern wird weiter über den Mundschutz diskutiert. Virologe Alexander Kekulé hatte bereits vor einigen Tagen im MDR AKTUELL Podcast empfohlen, dass wir draußen möglichst einen Mundschutz tragen, wie er etwa im OP angewandt wird, wenn wir andere Menschen treffen. Und eine neue Studie aus China legt nahe, dass damit Infektionen unterbunden werden können. Denn auch ohne Husten oder Niesen, werden durch unseren Atem Viren in der Luft verteilt.

Auch das renommierte Science-Magazin widmet sich aktuell diesem Thema. Das Magazin zitiert zum Beispiel Arnold Monto, einen Epidemiologen an der Universität von Michigan. Er sagt, dass Sars-CoV-2 nach bisherigen Erkenntnissen durch Tröpfchen übertragen wird und einfache OP-Masken hier nur wenig helfen würden. Erst in Kombination mit anderen Maßnahmen könnten sie wirken, so Monto.

Der beste Schutz wäre, wenn alle, die infiziert sind, aber keine Symptome zeigen, Mundschutz tragen würden. Leider wissen wir nicht, wer diese Menschen sind, so Monto. Denn das wäre der größte Vorteil in der Öffentlichkeit, sagt auch Benjamin Cowling, Epidemiologe an der Universität von Hongkong. Aktuelle Daten aus Kontaktüberwachungen legen nahe, so Cowling, dass die Hälfte der Ansteckungen mit Sars-CoV-2  erfolgen, bevor die infizierte Person Symptome zeigt.

Link zum Science-Artikel

Den Artikel unter dem Titel "Would everyone wearing face masks help us slow the pandemic?" können Sie hier nachlesen.

Was spricht gegen Schutzmasken?

Das Tragen einer Maske kann sich sicherer anfühlen, als es tatsächlich ist. Und gerade diese trügerische Sicherheit könnte uns zur Fahrlässigkeit verleiten. Denn trotz Schutz ist es keine gute Idee, sich weiterhin fleißig an der Nase zu kratzen (Sie gewöhnen sich möglicherweise wieder daran und tun das dann auch ohne Maske) oder näher als notwendig an Menschen heranzutreten. Auch ein unsachgemäßer Umgang spricht gegen Schutzmasken, z.B. das mehrmalige Verwenden von Einwegprodukten oder der unhygienische Umgang mit einem selbstgebastelten Mundschutz.

Und was spricht dafür?

Gerade dann, wenn Sie notwendigerweise engeren Kontakt mit Menschen außerhalb der Kernfamilie oder älteren Menschen haben müssen, sollten Sie mit einer Maske andere schützen. Wenn Sie selbst zu einer Risikogruppe zählen oder in näheren Kontakt mit möglicherweise Infizierten treten, könnte es – neben weiterer Schutzmaßnahmen – zudem ratsam sein, sich in der Öffentlichkeit mit einem FFP-Atemschutz (Erklärung folgt) zu schützen. Und auch Menschen, die infiziert sind, aber noch keine Symptome zeigen, würden damit andere schützen.

Bevor Sie weiterlesen: Sollten sich gegenwärtig in Ihrem Warenkorb eines Onlineversandhändlers bereits Masken befinden und sie keinen wirklich triftigen Grund haben, diese zu bestellen – schmeißen Sie sie wieder raus. Wir sagen Ihnen gern, warum. Und dazu klären wir erstmal die Begrifflichkeiten.

Maskentypen

Mund-Nasen-Schutz (auch OP-Mundschutz, OP-Maske): Sie besteht aus mehreren Papier- oder Vlieslagen und soll vor allem andere (im OP also den Patienten) schützen. Beim Husten, Niesen oder auch Sprechen werden Sekrettröpfchen ausgestoßen, die möglicherweise andere infizieren könnten. Der Mund-Nasen-Schutz ist also besonderes für medizinisches und pflegendes Personal wichtig, die nah an besonders gefährdete Menschen ran müssen. "Das schützt auf jeden Fall andere, aber es gibt auch neuere Daten, dass die Menschen selber dadurch geschützt werden – bis zu einem gewissen Grad", sagt der Virologe Alexander Kekulé im MDR AKTUELL Podcast. In einer Bekanntmachung des Robert Koch-Instituts zur Krankenhaushygiene steht zudem: "Ein Mund-Nasen-Schutz kann Beschäftigte bei engen Patientenkontakten vor verspritztem Blut oder Spritzern anderer Körpersekrete schützen und ist ein wirksamer Schutz vor Berührung von Mund und Nase mit kontaminierten Händen." Letzteres haben wir uns in letzter Zeit aber hoffentlich sowieso abgewöhnt. Und, trotz aller Nachhaltigkeitsgedanken: Ein Mund-Nasen-Schutz ist immer ein Einwegprodukt!

Ein Mann mit grünem, dünnen OP-Mundschutz telefoniert
OP-Mundschutz, der vor allem andere schützen soll Bildrechte: imago images/Lichtgut

Atemschutzmaske nach FFP-Standard: Anders als der normale Mundschutz kann diese Maske die Atemluft auch wirklich filtern und schützt damit vor dem Aerosol – also dem Gemisch aus festen und flüssigen Teilchen in der Luft, worüber die Viren übertragen werden. FFP steht im Übrigen für filtering face piece, also filterndes Teil fürs Gesicht. Diese Masken schützen nicht vor Gasen und sind meistens Einwegprodukte, die nicht gewaschen oder desinfiziert werden sollten und generell ausgetauscht werden, wenn sie feucht sind. Sie sind zertifiziert und können nicht selbst hergestellt werden.

Ein Mann mit weißem FFP-Mundschutz
Eine FFP-Atemschutzmaske kann die Atemluft filtern. Bildrechte: imago images/Emmanuele Contini

Mundschutz, selbstgebastelt: Es klingt im ersten Moment töricht, trotzdem ist der selbstgebastelte Mundschutz in den letzten Tagen zu einem verbreiteten Gesprächsthema geworden – nicht zuletzt durch prominente Fürsprecher und den Hashtag #maskeauf oder solidarische Aktionen. Das liegt daran, dass ein Schutz besser ist als kein Schutz, auch wenn es sich nur um ein schnödes Halstuch handelt. Und zwar: Um andere vor sich selbst zu schützen. Mehrere Studien bescheinigen der selbstgebauten Stoffmaske eine "Besser-als-gar-nichts"-Güteklasse, richtige Handhabung vorausgesetzt. Masken aus Staubsaugerbeuteln und Geschirrtüchern haben auch beim Filtertest recht gut abgeschnitten.

Eine Frau näht in ihrem Wohnzimmer Mundschutze aus Stoff
Selbstgemacht: Besser als gar nichts. Bildrechte: imago images/Frank Sorge

Trotzdem: Eine echte Filterleistung für die eigene Atemluft ist vom heimisch hergestellten Mundschutz nicht zu erwarten. "Diese Masken würden verhindern, dass mein Sekret zu Ihnen gelangt", betont Dr. Bernd Lobenstein, Facharzt am Klinikum Burgenlandkreis. "Aber: Die Masken sind nicht in der Lage, Sie vorm Coronavirus zu schützen. Da bedarf es anderer Masken – das ist keine Sache, die der Laie herstellen kann." Und immer dran denken: Regelmäßig bei 60 Grad waschen und nicht mehr verwenden, wenn der Mundschutz feucht ist.

Maskenkauf und Maske auf?

Möglicherweise haben Sie schon eine gute Maskenquelle entdeckt, die – trotz der allgemein bekannten Knappheit – munter sprudelt. Wenn Sie keinen wirklich guten Grund haben – und zum Beispiel ältere Menschen versorgen müssen –, sollten Sie aber vielleicht davon Abstand nehmen, Masken zu kaufen. Und vor allem sollten Sie sich keinen Vorrat anlegen (eh klar, oder?). Die werden nämlich anderswo dringend gebraucht – in Krankenhäusern, in der Pflege, beim Arzt. Mit den aktuellen Verhaltensregeln sind Masken auch nicht unbedingt notwendig. Wir kennen sie ja alle, deshalb nur noch mal zur Sicherheit:

  • 1,5 bis 2 Meter Abstand zu anderen Personen (auch an der Kasse – das Kassenpersonal kann schließlich nicht ausweichen!)
  • Hände waschen, gründlich und regelmäßig
  • Niesen und husten: nur in die Armbeuge – und bitte wegdrehen

Und was nun?

Entscheiden Sie selbst, nach bestem Wissen, Gewissen und dem gesunden Menschenverstand. Und bezichtigen Sie bitte niemanden mit Gesichtsmakse eines Hamsterkaufes. Sie wissen nicht, welchen triftigen Grund die Person haben könnte. Und ob sie einfach nur Mitmenschen schützen möchte.

flo/gp