Atmung Nikotin lähmt Atemreflexe von Neugeborenen
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11. November 2019, 19:02 Uhr
Nikotin verstärkt das Risiko eines plötzlichen Todes neugeborener Kinder, das wussten Forscher bereits. Eine neue Studie zeigt jetzt eine der Ursachen dafür: Nikotin lähmt offenbar Reflexe bei Atemnot.
Eine werdende Mutter muss nur eine Zigarette am Tag rauchen, um das Risiko ihres Kindes zu verdoppeln, einen plötzlichen Tod zu sterben. Das hat eine bereits im vergangenen März erschienene Studie belegt. Ein neuer Aufsatz von Forschern um Lila Wollmann von der Universität Arizona zeigt jetzt einen der Gründe dafür: Offenbar lähmt Nikotin wichtige Atemreflexe der Neugeborenen.
Die Forscher testeten ihre Hypothese an Ratten. Sie implantierten schwangeren Ratten-Weibchen Minipumpen unter die Haut. Die gaben kontinuierlich Nikotin in die Körper der Tiere ab. Das Gift gelangte über die Plazenta und nach der Geburt über die Muttermilch in die Neugeborenen.
Dampf aus E-Zigaretten gefährlich für Kinder
Dann simulierten die Forscher eine Atemnot, wie sie etwa entsteht, wenn eine Bettdecke auf dem Gesicht der Babys liegt. Bei gesunden Tieren steuern die Nerven dann reflexartig die Mundbodenmuskulatur an. Diese Muskeln halten eigentlich die oberen Atemwege frei. Dieser Reflex funktionierte allerdings nicht bei zwölf von 135 Versuchstieren. Neun der kleinen Ratten waren zuvor im Mutterleib und danach dem Nikotin ausgesetzt.
Nach Ansicht der Wissenschaftler belegen die Ergebnisse, dass alle nikotinhaltigen Produkte für un-, beziehungsweise neugeborene Kinder extrem gefährlich sind. Das betreffe auch E-Zigaretten, wo Nikotin verdampft wird. "E-Zigaretten als Ersatz stellen keine sinnvolle Alternative dar, weil auch diese diverse toxische und Neugeborene-gefährdende Substanzen enthalten", sagt Reinhold Kerbl ein, der Vorstand der Kinderabteilung im Krankenhaus Hochsteiermark in Österreich ist.
Rauchende Väter gefährden ihre Kinder
Es sind aber nicht nur rauchende Mütter, die ihre Kinder gefährden. Auch das von den rauchenden Vätern ausgehende Nikotin schädige die Babys, sagt Alexander Möller, Lungenfacharzt des Universitäts-Kinderspitals in Zürich, der nicht an der Studie beteiligt war. "Die Studie weist darauf hin, dass die Exposition von Nikotin nach der Geburt zu einer ungenügenden Rettungsantwort des Atemsystems führt. Auch das Nikotin vom rauchenden Vater ist relevant, wenn das Kind bereits im Mutterleib exponiert war."
Inwiefern die Ergebnisse eins zu eins auf Menschen übertragbar sind, diskutieren die Forscher noch. "Tierversuche können nur bedingt auf Menschen übertragen werden", schränkt etwa der Österreicher Reinhold Kerbl ein. Der Schweizer Alexander Möller meint hingegen: "Die neurologischen Abläufe und die Atemsteuerung sind bei Ratten nicht wesentlich anders als bei Menschen. Deshalb ist das Tiermodell klar anwendbar und die Resultate übertragbar."
Christoph Bührer, Kinderarzt an der Berliner Charité, gibt zu bedenken: "Diese Art von Experimenten lässt sich beim Menschen nicht durchführen – deshalb sind letztlich Tierexperimente nötig. Die Ergebnisse der Studien passen sehr gut zu epidemiologischen Daten, die einen Zusammenhang zwischen Rauchen in der Schwangerschaft und plötzlichem Kindstod belegen."
ens
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 21. Dezember 2018 | 17:15 Uhr
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