Verstehen ohne Worte: Der Ursprung der Sprache Lautmalereien und Gesten waren die Bausteine für Entstehung menschlicher Sprache
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21. März 2024, 10:42 Uhr
Das kennen wir wohl alle: Wir sind im Ausland – im Urlaub vielleicht – und sprechen die Sprache nicht. Wenn einem die Worte fehlen, dann muss man sprichwörtlich mit Händen und Füßen kommunizieren. Klappt das nicht, bleiben noch Geräusche – sogenannte Lautmalereien, wie auch kleine Kinder sie benutzen, wenn der Hund der Wauwau ist. Denn solche Vokalisierungen werden international überall gleich verstanden, zeigt eine aktuelle Studie.
Lautmalereien waren offenbar ein wesentlicher Baustein für die Entstehung der menschlichen Sprache. Die brüllende und fauchende Raubkatze, das gluckernde Wasser, zischende Laute, die an Schnitte erinnern. Mithilfe von derartigen Aufnahmen hat Sprachforscherin Aleksandra Ćwiek vom Berliner Leibniz-Zentrum Allgemeine Sprachwissenschaft herausgefunden, dass Lautmalereien wesentlich zur Entstehung der Sprache beigetragen haben. Bisher hat man angenommen, dass Sprache sich aus ikonischen Gesten entwickelt hat; dass Menschen also gezeigt und bildhaft gestikuliert haben, um zu kommunizieren. Offen war die Frage, warum wir von der optischen zur akustischen Kommunikation übergegangen sein könnten? Die Annahme, dass die Gesten zuerst da waren, ist offenbar ein Irrtum.
Das war das Problem. Und jetzt sehen wir, dass es nicht so sein musste, dass die Gesten den alleinstehenden Ursprung tatsächlich geschafft haben, sondern dass die akustische Kommunikation genauso stark ikonisch ist. Genauso stark können wir solche verständlichen Signale schaffen.
Wie wir klingen, hängt davon ab, wie wir uns akustisch ausdrücken. Die Forschung zeige, dass schon Kinder, die noch nicht sprechen können, hören, was wir meinen, sagt die Sprachforscherin. Auch für sie hängen zum Beispiel runde Formen mit rund empfundenen Lauten zusammen.
Wie kommt das zustande? Da ist meine persönliche Meinung, dass es so ein natürlicher Mechanismus ist, den wir als Menschen einfach haben.
Offenbar haben wir als Menschen etwas Natürliches in uns, so Ćwiek, "was uns dieses Gefühl vermittelt – ein Gefühl der Verbindung zwischen dem, wie wir sprechen und was wir bezeichnen".
Für die Studie hat das Team in zwei Experimenten mehr als 1.000 Menschen aus 28 Sprachen getestet. Das erste Experiment war online: Hier mussten die Probanden Hör-Beispielen eine Bedeutung zuordnen. Und das konnten sie überraschend gut, sagt die Sprachforscherin – ganz unabhängig von ihrer Muttersprache. Aber funktioniert das auch bei Menschen, die nicht über das Internet mit der ganzen Welt verbunden sind? In einem Feldexperiment hat das Team bewusst Menschen aus mündlich geprägten Gesellschaften an entlegenen Orten befragt: im Amazonas-Regenwald zum Beispiel oder auf einer Insel im südpazifischen Vanuatu. Und tatsächlich: Auch diese Menschen ordneten die Geräusche zielsicher der richtigen Bedeutung zu. Die Ergebnisse seien insgesamt so eindeutig, dass ein Zufall ausgeschlossen ist, sagt die Sprachforscherin.
Es hat mich überrascht. Vor allem, weil das wirklich sehr unterschiedliche Gruppen waren.
Beim Online-Experiment konnte sich die Forscherin gut vorstellen, dass Leute tatsächlich ungefähr ähnlich antworten. "Aber die Feldforschung! (…) Leute, deren Leben ich mir nicht vorstellen kann. Ja, ich habe mein Leben in Europa verbracht: Ich hatte immer fließendes Wasser, ich hatte Strom. Das ist für mich so 'ja klar!'. Und sie haben ein ähnliches Gefühl für diese Vokalisierungen. Und das macht mich einfach sprachlos – wortwörtlich!"
Die Bedeutungen solcher ikonischen Lautmalereien werden also weltweit eindeutig gleich verstanden, schlussfolgert das Forschungsteam. Und die Studie gibt außerdem einen deutlichen Hinweis, dass unsere Sprache wohl von Anfang an multimodal war. Das heißt, sie war schon immer ein Zusammenspiel von Gesten und akustischen Äußerungen – beides zusammen ist der Ursprung der menschlichen Sprache.
Link zur Studie
Die Studie Aleksandra Ćwiek et.al "Novel vocalizations are understood across cultures" ist in scientific reports erschienen.
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