Bleibendes Pandemie-Provisorium? Statistisch nachgewiesen: Corona-Pop-up-Radwege kurbeln Fahrradverkehr an
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03. April 2021, 15:00 Uhr
Die vielerorts in der Corona-Pandemie entstandenen Pop-up-Radwege zeigen Wirkung. Laut einer Studie mit Daten aus über 100 Städten Europas sind bis zu 48 Prozent mehr Menschen wegen dieser provisorischen Wege und Spuren mit dem Fahrrad unterwegs.
Wie das so mit Provisorien ist: Manche sind gekommen, um zu bleiben. Auch bei den sogenannten Pop-up-Radwegen, die in der Zeit der Corona-Pandemie entstanden sind, könnte das der Fall sein. Denn ihren Sinn (mehr Leute aufs Fahrrad zu kriegen) erfüllen sie laut einer neuen Studie voll und ganz. Zwischen elf und 48 Prozent mehr Fahrradverkehr findet demnach aufgrund der neu eingerichteten Spuren statt.
Autoren der Studie sind Sebastian Kraus und Nicolas Koch vom Berliner Klimafoschungsinstitut MCC (Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change). Ausgangspunkt ihrer statistischen Erhebungen sind die Werte von 736 amtlichen Fahrradzählstationen in 106 europäischen Städten sowie das Monitoring des Europäischen Radfahrerverbands zu den "Corona-Radwegen", bei denen eine Fahrspur der Straße oder ein Parkstreifen provisorisch umgewidmet werden, etwa mit gelben Linien oder Baustellenbaken.
Wie aber kann man die Wirkung dieser Pop-up-Radwege messen?
Es ist klar, dass viele Leute wegen Corona sowieso aufs Rad umsteigen, um nicht im vollen Bus zu sitzen. Aber wir zeigen, dass die neuen Radwege darüber hinaus in beträchtlichem Umfang zusätzlichen Radverkehr bewirkt haben.
Die Studie vergleicht europäische Städte, die provisorische Radwege gebaut haben (durchschnittlich 11,5 Kilometer pro Stadt) mit jenen Städten, die das nicht getan haben. In sogenannten Regressionsanalysen hat das Forscherteam dann mögliche Störfaktoren entfernt, wie zum Beispiel Unterschiede bei der Platzierung der Zählstationen, bei der Ausstattung mit Bus und Bahn, bei Bevölkerungsdichte, Neigung zu "grünem Lebensstil", Einfluss von Topografie und Wetter.
Nach diesem europäischen Städtevergleich steht das Fazit: Die Pop-up-Radwege bewirkten für sich genommen im Zeitraum März bis Juli 2020 zwischen 11 und 48 Prozent zusätzlichen Radverkehr.
Als Diagramm sieht das folgendermaßen aus. Man sieht deutlich, dass der Fahrradverkehr schon kurz nach Öffnung eines Pop-up-Radweges deutlich zunimmt. Der türkisfarbene Bereich zeigt das sogenannte 95-Prozent-Konfidenzintervall, das man auch Vertrauens- oder Erwartungsbereich nennen könnte.
Die Studienautoren rechnen mit diesen Daten nun noch weiter. Laut einer alten Faustregel spare (auf eine ganze Gesellschaft hochgerechnet) jeder geradelte Kilometer einen halben Dollar Gesundheitskosten. Für die untersuchten Städte mit Pop-up-Radwegen würde das laut Studienautoren insgesamt mehr als eine Milliarde Dollar Einsparungen bedeuten. Zum Vergleich: Ein Kilometer Pop-up-Radweg kostet in Berlin etwa 9.500 Euro.
Diese Berechnungen wären allerdings nur dann legitim, wenn der Effekt der provisorischen Radwege auch dauerhaft ist.
Ob dies der Fall ist und ob sich ein solcher Wirkungszusammenhang auch in Nicht-Pandemie-Zeiten ergibt, könnte Gegenstand weiterer Forschung sein. Empirische Daten zu Mobilität und Gesundheit sind immer besser verfügbar, wir müssen sie nutzen, um herauszufinden welche Maßnahmen wirklich greifen.
rr
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