Zwei Teenager mit Mund-Nasen-Schutz und Handy im Wartezimmer (Symbolfoto)
Bildrechte: imago images / Westend61

Sucht Smartphones verlocken mit ständigen Belohnungsreizen

28. Juni 2021, 15:52 Uhr

Forscher verglichen exzessiven Smartphone-Gebrauch bereits mit Alkohol, Drogen und Glücksspiel. Eine Studie zeigt, dass Smartphones viele kleine Belohnungen verheißen und damit binden und verführen.

Das Smartphone aktiviert das Belohnungszentrum der Menschen mit vielen unmittelbaren Impulsen. Insbesondere Social-Media-Anwendungen und Spiele verlocken die Nutzer mit kleinen aber steten Belohnungen. Deswegen verbringen viele Menschen immer mehr Zeit am Smartphone. Das ist das Ergebnis einer Studie der Freien Universität Berlin. "Diese Ergebnisse zeigen einen Zusammenhang zwischen Smartphone-Nutzung und impulsiver Entscheidungsfindung", erklären die Autoren Tim van Endert und Peter Mohr. Dies zeige viele Ähnlichkeiten mit maladaptiven Verhaltensweisen.

Smartphone zum Ablenken vom Wesentlichen

Maldaptive Verhaltensweisen bezeichnen beispielsweise, wie Menschen bestimmte Situationen vermeiden oder verdrängen. Das können große Aufgaben sein, Probleme, aber auch unangenehme Erinnerungen. Damit dies gelingt greifen sie zu Alkohol oder Drogen, wenden sich Glücksspielen zu oder eben Anwendungen auf Smartphones.

Viele Belohnungsreize verlocken zum exzessiven Smartphone-Gebrauch

Kurzum: Mit schnellen Belohnungen verführt das Smartphone, sich vom Wesentlichen ablenken zu lassen. Sie werden häufig als attraktiver und erstrebenswerter empfunden, als unbekannte große Belohnungen, die es erst in der Zukunft zu erringen gilt. Dabei sind Menschen mit weniger Selbstdisziplin und mehr Vermeidungsstrategien für diese Mechanismen anfälliger als andere. "Teilnehmer, die eine größere Selbstkontrolle zeigten, verbrachten weniger Zeit am Telefon", erklären die Forscher.

Stilisierte Person beißt an Schokoladentafel ab, dazu der Schriftzug: So halten uns Glückshormone online. 1 min
Bildrechte: MDR MEDIEN360G
1 min

Wer hat sie nicht gerne - Glücksgefühle? Doch was hat das mit Smartphones, Apps und sozialen Medien zu tun?

Mo 10.08.2020 13:30Uhr 00:58 min

https://www.mdr.de/medien360g/medienwissen/animation-so-halten-uns-glueckshormone-online-100.html

Rechte: MEDIEN360G | MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video

Vergleich Alkohol- und Drogenmissbrauch

Schon frühere Untersuchungen haben Ähnlichkeiten zwischen exzessiver Smartphone-Nutzung und maladaptiven Verhaltensweisen wie Alkoholmissbrauch, zwanghaftem Glücksspiel oder Drogenmissbrauch gezeigt. Allerdings stützten sie sich meist auf Selbsteinschätzungen der Smartphone-Nutzer. Um mehr Klarheit zu gewinnen, werteten die Forscher für diese Studie tatsächliche Nutzungsdaten von 100 Teilnehmern aus. Gleichzeitig ließen sie von den Probanden Fragebögen ausfüllen und Aufgaben lösen, mit denen diese Selbstkontrolle und Verhalten bezüglich der Belohnungen beurteilten.

Nutzer blenden mögliche Konsequenzen aus

In ihrer Studie wurden die Forscher auf einen weiteren Aspekt aufmerksam, der alle Typen von Menschen ähnlich betrifft. Scheinbar lockt das Smartphone mit solch starken Reizen, dass die Nutzer Konsequenzen völlig ausblenden. "Weder Selbstkontrolle noch die Berücksichtigung zukünftiger Konsequenzen schienen das Verhältnis zwischen Bildschirmzeit und der Präferenz für kleinere, unmittelbare Belohnungen zu beeinflussen", erklärte Endert.

Tinder funktioniert nach einem ähnlichen Prinzip

Doch nicht nur soziale Medien und Spiele, auch Dating-Plattformen funktionieren nach einem ähnlichen Prinzip. So provoziert "Tinder" ebenfalls ständig das Belohnungszentrum und sorgt mit dem Ausschütten des Glückshormons Dopamin für eine gewisse Abhängigkeit. Die Menschen werden durch Smartphones und deren Anwendungen süchtig nach Belohnungsreizen – ähnlich wie beim Glücksspiel sowie bei der Alkohol- und Drogensucht.

Autoren fordern Richtlinien für Smartphone-Nutzung

Die Studie belegt den Forschenenden zufolge, dass Smartphone-Nutzung durch die Belohnungsreize erhöht wird. Diese führten zudem dazu, dass dem Smartphone oft Priorität beigemessen wird. "Der Umgang mit dem Smartphone muss von Forschern kritisch untersucht werden, um zu umsichtigem Verhalten anzuleiten", erklären die Autoren. Zudem seien Richtlinien für eine verantwortungsvolle und gesunde Nutzung zu erstellen.

(kt)

404 Not Found

Not Found

The requested URL /api/v1/talk/includes/html/aaada298-8ee0-4137-9ed0-c5b440dd92ef was not found on this server.