Guadeloupe Riesenbakterium lässt sich mit bloßem Auge erkennen
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12. März 2024, 11:37 Uhr
Wissenschaftler entdecken in den Mangrovenwäldern der Insel Guadeloupe das größte Bakterium der Welt. Es ist mit bloßem Auge zu erkennen und lässt sich sogar mit einer Pipette greifen.
Die bahnbrechende Geschichte des weltgrößten Bakteriums beginnt in einer feinen Glasröhre, in der einzelne Fäden im trüben Wasser über Blattresten schweben. Auf den ersten Blick wirkt das trübe Wasser wie Regenwasser mit Blättern und Ablagerungen, erinnern sich die Forscher. Doch in der Petrischale entpuppt sich die Sensation: Die über den Blattresten schwebenden Fäden sind einzelne, mit bloßem Auge sichtbare Bakterienzellen.
Forscher in Guadeloupe haben das größte bisher bekannte Bakterium entdeckt. Das Thiomargarita magnifica ist mit einer Größe von bis zu zwei Zentimetern 5.000 Mal größer als durchschnittliche Bakterien und hat eine komplexere Struktur, wie es in einer jetzt in der Fachzeitschrift "Science" veröffentlichten Studie heißt. Es habe die Form einer Wimper und stelle die Erkenntnisse der Mikrobiologie auf den Kopf, erklärte Olivier Gros, Biologieprofessor an der Universität der Antillen und Mitautor der Studie.
Bakterium lässt sich mit bloßem Auge erkennen
Gros erklärte, das Bakterium lasse sich "mit bloßem Auge erkennen" und sogar "mit einer Pinzette greifen". Der Forscher hatte die Spezies erstmals 2009 in den Mangroven des französischen Überseegebiets in der Karibik entdeckt. "Zuerst dachte ich, es sei alles andere, nur kein Bakterium. Denn etwas, das zwei Zentimeter groß ist, kann kein Bakterium sein", sagte Gros. Doch mit Hilfe der Elektronenmikroskopie stellte sich rasch heraus, dass es sich um einen bakteriellen Organismus handelte.
Vergleich: Als ob ein Mensch so groß wie der Mount Everest wäre
Laut der Wissenschaftler ist besonders die ungewöhnliche Größe des Bakteriums bemerkenswert. Normalerweise seien diese nicht ohne die Hilfe eines Mikroskops sichtbar. "Das ist so, als würde ein Mensch auf einen Menschen treffen, der so groß ist wie der Mount Everest", sagte Jean-Marie Volland, der zu den Erstautoren der Studie gehört.
Es ist 5.000 Mal größer als die meisten Bakterien. Das ist so, als würde ein Mensch auf einen Menschen treffen, der so groß ist wie der Mount Everest.
Erst fehlten Bildbeweise
Ein erster Versuch, in einer wissenschaftlichen Zeitschrift zu veröffentlichen, wurde abgebrochen, da überzeugende Bildbeweise fehlten. Erst Volland gelang mit finanzieller Unterstützung und 3D-Mikroskopen eine überzeugende Darstellung des Riesenbakteriums.
Riesenbakterium benutzt Sulfide zum Wachstum
Eine Kollegin von Gros fand heraus, dass dieses zur Familie der Thiomargarita gehörte, einer bereits bekannten Gattung der Schwefelbakterien, die Sulfide für ihr Wachstum nutzen. Sulfide sind Verbindungen von Metallen mit Schwefel. Weitere Funde einer Wissenschaftlerin des Forschungszentrums CNRS in Paris deuteten darauf hin, dass es sich um "eine einzige Zelle" handelt, erklärte Gros.
DNA von Membran umgeben – wie bei komplexen Organismen
Er machte eine weitere interessante Entdeckung: Normalerweise schwimmt die DNA eines Bakteriums frei in der Zelle. In der neu entdeckten Art ist die DNA jedoch besser organisiert. "Die große Überraschung des Projekts war die Erkenntnis, dass diese Genomkopien, die über die ganze Zelle verteilt sind, tatsächlich in einer Struktur mit einer Membran enthalten sind", sagte Volland. Dies sei "normalerweise ein Merkmal menschlicher, tierischer und pflanzlicher Zellen, komplexer Organismen (...) aber nicht von Bakterien. Für Bakterien ist das sehr unerwartet."
Begegnung in den Mangroven
Das Bakterium selbst wurde bereits 2009 von Olivier Gros aufgespürt. Gros ist Professor für Meeresbiologie an der Université des Antilles in Guadeloupe. Eigentlich erforscht er marine Mangrovensysteme und untersucht schwefelreiche Sedimente nach schwefeloxidierenden Symbionten. "Als ich das erste Mal das Bakterium sah, dachte ich, es handele sich nur um etwas Merkwürdiges, ein paar weiße Fäden, die sich an etwas im Sediment wie ein Blatt anheften müssen."
Molekularbiologin identifizierte die Zelle
In den folgenden Jahren führte das Labor einige mikroskopische Untersuchungen durch und stellte fest, dass es sich um einen schwefeloxidierenden Prokaryot (Mikroorganismen ohne Zellkern) handelte. Silvina Gonzalez-Rizzo, Professorin für Molekularbiologie an der Université des Antilles und Mitautorin der Studie, führte die Sequenzierung des 16S rRNA-Gens durch, um den Prokaryoten zu identifizieren und zu klassifizieren. "Ich hielt sie für Eukaryoten und nicht für Bakterien, weil sie so groß waren und scheinbar viele Fäden hatten", erinnert sie sich an ihren ersten Eindruck. "Wir erkannten, dass sie einzigartig waren, weil sie wie eine einzelne Zelle aussahen. Die Tatsache, dass es sich um eine 'Makro'-Mikrobe handelte, war faszinierend!"
Nun wollen die Forscher herausfinden, ob diese Art der DNA nur bei Thiomargarita magnifica vorkommt oder ob sie auch in anderen Bakterienarten zu finden ist.
Studie
A centimeter-long bacterium with DNA contained in metabolically active, membrane-bound organelles, erschienen in Science.
MDR (kt/dpa)