Wissen-News Sensorik der Hochschule Mittweida beschleunigt die deutschen Rennschlitten

21. März 2024, 11:25 Uhr

Sehen und Messen bei 130 Kilometern pro Stunde: Um die Abfahrt der Athleten beim Rennrodeln zu optimieren, haben Forschende aus Mittweida ein neues Messsystem entwickelt, das Videotechnik mit den Messdaten auf dem Schlitten kombiniert.

Zieldurchfahrt Julia Taubitz
Julia Taubitz sicherte sich am 25. Februar im lettischen Sigulda ihren fünften WM-Gesamtsieg. Mit dem Messsystem aus Mittweida kann sie vielleicht noch schneller werden. Bildrechte: IMAGO / ITAR-TASS

Der Start gilt nicht nur bei den Rennrodeln als königlicher Schlüsselmoment für einen durchschlagenden Erfolg. Der Start muss stimmen, Verluste aus dieser entscheidenden Phase wieder aufzuholen, ist ungleich schwerer. Beim Start liegen die Nerven blank, das kann man sehr gut bei Spring-Wettkämpfen und 100-Meter-Läufen beobachten. Hier gilt es, so schnell wie möglich mit so viel Kraft wie möglich und einer guten Technik aus dem Startblock zu kommen. Ähnlich verhält es sich beim Rennrodeln. Wer den Schlitten am schnellsten mit der besten Technik und viel Kraft auf die Bahn schiebt, hat die größten Chancen, mit einer guten Zeit aus dem Rennen zu gehen.

Um die Rennrodler schneller auf die Bahn zu bringen, haben Forschende der Hochschule Mittweida in Kooperation mit dem Thüringer Schlitten- und Bobsportverband (TSBV) in Oberhof ein neues Messsystem entwickelt. Über Sensoren erfasste Daten der Abfahrt werden dabei mit der Videoaufzeichnung einer Kamera auf dem Schlitten kombiniert. "Wir synchronisieren pro Sekunde 120 hochaufgelöste Kamerabilder mit den Messdaten - im Bereich von wenigen Millisekunden. Zu jedem Einzelbild werden die Messdaten eingeblendet", erklärt Professor Christian Schulz von der Fakultät Ingenieurwissenschaften der Hochschule Mittweida. "Die Datenfusion macht eine integrierte Darstellung der Abfahrt möglich. So wird besser erkennbar, wie die Sportlerinnen und Sportler durch Bewegung, Gewichtsverlagerung und Druck den Schlitten steuern und wie der Schlitten sich daraufhin tatsächlich in der Bahn verhält."

Moritz Elias Bollmann auf Rennschlitten bei Zieleinfahrt.
Der beste Start führt meist auch am schnellsten ins Ziel. Hier fährt Moritz Elias Bollmann in Oberhof ein. Bildrechte: imago images/Gerhard König

Ein interdisziplinäres Team mit Forschenden aus der Mess- und Werkstofftechnik, der Software, Date-Science und Virtual-Reality setzt das Projekt um. "Ansatz unserer Überlegungen ist die Mensch-Schlitten-Interaktion“, sagt Schulz. "Wo tausendstel Sekunden über Medaillen entscheiden, kommt es auf kleinste Bewegungen an, mit denen die Fahrerinnen und Fahrer den Schlitten mit bis zu 130 Kilometern pro Stunde durch die Bahn steuern. Aber diese Kräfte kann man nicht sehen, nur messen. Wir erfassen sie über Sensoren im Schlitten und zeichnen sie während der Abfahrt auf.“

Trainer Jan Eichhorn: "Wir warten darauf.“

Direkt nach der Abfahrt können Trainerinnen und Athletinnen nachvollziehen, wie sie ihren Start umgesetzt haben und welcher Impuls welche Auswirkungen hatte. An diesem Punkt könne man ansetzen und im weiteren Training gezielt optimieren, hieß es. "Wir warten darauf. Mit dem System ergänzen wir die bisherige reine Videoauswertung“, sagt Jan Eichhorn, Stützpunkttrainer in Oberhof. "Ich freue mich über die Zusammenarbeit mit der Hochschule Mittweida und bin gespannt auf den regelmäßigen Einsatz im Training.“

idw/ (tomi)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | SACHSENSPIEGEL | 05. Februar 2024 | 19:00 Uhr

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