Patent für Paradontosebekämpfung Erfindung aus Halle bald in aller Munde
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25. November 2019, 16:05 Uhr
Kennen Sie Prof. Karsten Mäder? Vielleicht noch nicht. Aber demnächst könnte der Professor der Uni Halle in aller Munde sein. Und das nicht nur im übertragenen, sondern im wahrsten Sinne des Wortes.
Wie kann man die Wirkung von Impfstoffen oder Medikamenten verbessern? Und das möglichst bei deutlicher weniger Nebenwirkungen. Solche Fragen stellt sich Prof. Karsten Mäder regelmäßig. Und findet dann darauf die richtigen Antworten. Erst 2018 wurde er mit einem Team für eine Entwicklung mit dem Hugo-Junkers-Preis des Landes Sachsen-Anhalt und dem IQ Innovationspreis der Stadt Halle ausgezeichnet. Die Forscher hatten eine Art Verstärker für Impfstoffe entwickelt, gut verträglich, ohne Kühlung lagerbar.
Neue Behandlungsmethode für Parodontose
Und auch die neue Erfindung der Wissenschaftler an Mäders Institut für Pharmazie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) und den Fraunhofer-Einrichtungen aus Halle klingt preisverdächtig. Denn sie haben eine neue Behandlungsmethode für Paradontose entwickelt. Die Forscher jedenfalls sind von dem Produkt überzeugt und haben es zum Patent angemeldet.
Antibiotika gezielt einsetzen
Jeder zweite Deutsche leidet an Paradontose, die meist durch eine bakterielle Entzündung des Zahnfleischs, die Parodontitis, ausgelöst wird. Bei über acht Prozent handelt sich sogar um eine schwere Paradontitis, so der letzte Bericht der Bundeszahnärztekammer (hier als pdf zu finden). Die Zahlen sinken zwar, die Kammer erwartet trotzdem einen höheren Handlungsbedarf, weil wir alle immer älter werden. Und bei diesem Handlungsbedarf kommt die Erfindung der Uni Halle ins Spiel. Denn insbesondere bei den schweren Fällen ist "durch die großen Wundflächen (…) die Barrierefunktion des Körpers stark gestört, so dass vermehrt Stoffe und Bakterien in den Körper gelangen", sagt Prof. Dr. Karsten Mäder, Leiter des Instituts für Pharmazie in einer Mitteilung der MLU.
Da die Krankheit auf den gesamten Körper ausstrahlt und oft Ursache für weitere Krankheiten wie Herzinfarkt oder Lungenentzündung ist, erhalten Patienten deshalb nach der Zahnreinigung regelmäßig Antibiotika, meist als Tabletten. Ein Problem, denn zu viele Antibiotika erzeugen Resistenzen und sie wirken nicht gezielt, sondern im ganzen Körper.
Stäbchen statt Tabletten
Deshalb stellten sich die Forscher die Frage, wie sie die Antibiotika direkt in den Mundraum bekommen. Die Antwort: Mit einer Art Stäbchen, das biegsam ist wie ein Faden. Es besteht aus biologisch abbaubaren Polymeren. Und diese enthalten das Antibiotikum (Minocyclin) und einen Hilfsstoff der Pharmaindustrie (Magnesiumstearat), der dafür sorgt, dass das Minocyclin erst nach und nach freigesetzt wird.
Die Stäbchen können nach Angaben der Wissenschaftler einfach in die Zahnfleischtasche geschoben werden und bauen sich dort selbst ab. "Die Stäbchen sind deutlich länger in vitro wirksam als bisherige Marktprodukte", sagt Martin Kirchberg, der sich im Rahmen seiner Doktorarbeit an der MLU mit dem Thema befasst.
Markteinführung in wenigen Jahren realistisch
Das Patent für den Wirkstoffkomplex und die Formulierung wurde zusammen mit dem Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie IZI und dem Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS, beide in Halle, sowie mit den Zahnmedizinischen Kliniken der Universität Bern angemeldet.
Laut Uni ist eine rasche Umsetzung zunächst in klinischen Studien möglich, da alle Inhaltsstoffe in pharmazeutischer Qualität bereits auf dem Markt verfügbar sind. Da auch die Herstellungsmethoden nicht neu entwickelt werden müssen, sei eine Markteinführung in wenigen Jahren realistisch.
Link zur Studie
Die Studie: Kirchberg M. et al. Extrudates of Lipophilic Tetracycline Complexes: a New Option for Periodontitis Therapy. Ist in International Journal of Pharmaceutics erschienen.
Beteiligungen
Mäder und Kirchberg sind mit je 30 Prozent an der Erfindung beteiligt, die restlichen 40 Prozent teilen sich Wissenschaftler der halleschen Fraunhofer-Institute und der Universität Bern. Die weitere Entwicklung der Formulierung und spätere Einführung in den Markt soll über das vom Fraunhofer IZI ausgegründete Start-Up PerioTrap Pharmaceuticals GmbH in Halle erfolgen. Das Projekt wurde durch das Land Sachsen-Anhalt mit Mitteln aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) im Rahmen des "Leistungs- und Transferzentrums Chemie- und Biosystemtechnik" finanziell unterstützt.
Dieses Thema im Programm: MDR JUMP | 19. September 2019 | 06:20 Uhr
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