Raumfahrt Matthias Maurer fliegt endlich ins Weltall – und hinterher besucht er Halle
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28. Oktober 2021, 09:09 Uhr
Matthias Maurer wird als nächster Deutscher ins Weltall fliegen. Mit dem privaten Raumfahrtunternehmen SpaceX und der Crew-3 soll er am 31. Oktober zur Internationalen Raumstation ISS aufbrechen. Worauf er sich freut, warum er die Himmelscheibe dabei hat, die er danach unbedingt in echt besuchen will, wie es sich in einem Raumschiff von SpaceX sitzt und was seine Experimente auf der ISS mit Krankenhaushygiene auf der Erde zu tun haben, erzählte er MDR WISSEN im Interview.
Es war ein ganz normaler Montag, als ich in mein Emailfach die Nachricht von der Pressestelle der europäischen Raumfahrtbehörde ESA fand. Ob ich Interesse an einem Interview mit Matthias Maurer hätte, der am 31. Oktober zur Internationalen Raumstation ISS fliegen soll? Was für eine Frage!
Zwei Wochen zuvor lud die ESA zu einer Pressekonferenz zur "Cosmic Kiss"-Mission von Maurer ein. Die Möglichkeit zu einem Einzelinterview bestand, aber die Plätze dafür waren zu schnell weg. Und dann brach Maurer in die Vereinigten Staaten auf – die letzten Tage der Vorbereitung für den Astronauten begannen, ein Interview rückte in weite Ferne. Doch dann kam die Mail. Ich solle doch in Houston anrufen.
Anruf nach Houston
Houston, der Ort, an dem sich die Mission-Control des Lyndon B. Johnson Space Centers der amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA befindet. "The eagle has landed" und "Houston, we had a problem" spiele ich mir in meinem Kopf ab. Dann erscheint der Astronaut Matthias Maurer auf meinem Bildschirm, in einem blauen Poloshirt der ESA. Wir einigen uns auf das Du. Ungefähr zehn Minuten hat er für mich. Die Technik bei mir spinnt ein wenig und ich muss zurückrufen. Dann klappt es aber.
Maurer wird als zwölfter Deutscher ins All fliegen. Davon waren bisher drei auf der ISS. Wie fühlt man sich eigentlich so kurz vor dem Start. "Ich freue mich total. Es hatte ja bei mir ein bisschen länger gedauert. 13 Jahre zwischen Traum und im Flug. Und ich kann es jetzt gar nicht erwarten, dass es wirklich endlich losgeht", erzähl der gebürtige Saarländer. Ursprünglich gehörte er gar nicht zum letzten Astronauten-Kader der ESA, durfte dann aber nachrücken.
Die Crew Dragon, "besser als in der Business-Klasse"
Es wird das erste Mal sein, dass ein Deutscher mit dem privaten Raumfahrtunternehmen und seinem Raumschiff, der Crew Dragon zur ISS aufbrechen wird. Alexander Gerst war noch mit einem russischen Sojus-Raumschiff zur Internationalen Raumstation geflogen.
Aber wie sitzt es sich in dem privaten amerikanischen Raumschiff? "Ich muss sagen, die SpaceX-Kapsel ist sehr geräumig, die ist innen hervorragend designed – also wirklich offen und freundlich und hell. Man merkt, dass es von einem Designer oder einem Designerteam entwickelt wurde. Man sitzt hervorragend", erklärt er.
Gemeinsam mit seinen drei Crew-Kollegen haben sie ihr komplettes Training in einer Dragon-Testkapsel abgeleistet, erzählt er und fängt ein wenig an zu schwärmen: "Ich würde mal sagen, man sitzt sogar fast besser als in der Business-Klasse von verschiedenen Airlines. Also, wir haben dort Platz, und ich freue mich auf diesen Flug."
Trainiert für den Ernstfall
Die Kapsel wird vollautomatisch zur ISS fliegen und auch an ihr andocken. Dennoch kann es zu Problemen kommen – auf die das Team jedoch vorbereitet wurden. "In Extremsituationen müssen wir natürlich eingreifen können. Das haben wir auch alles trainiert. Also, wenn zum Beispiel ein Feuer ausbrechen würde oder wir hätten ein Leck in der Kapsel, dann wissen wir alle genau was zu tun ist", so Maurer, der aber "auf Holz klopft" und darauf hofft, dass alles funktioniert.
Bisher ist auch immer alles gut gegangen. Zwar gab es nach dem ersten bemannten Flug der Demo-2 Mission in 2020 noch Verbesserungsarbeiten, die wurden aber bereits erledigt. Seitdem sind vier Raumfahrende mit der Crew-1 Mission zur ISS geflogen und wieder gelandet sowie vier Raumfahrende der Crew-2 Mission. Diese befinden sich noch auf der Raumstation und sollen voraussichtlich wenige Tage oder Wochen nach der Ankunft der Crew-3 zurück zur Erde kehren. Außerdem gab es noch den ersten rein zivilen Flug mit der Inspiration4-Mission, deren Besatzung drei Tage lang um die Erde geflogen ist, bevor sie zurückkam.
"Die Schönheit unseres Planeten geniessen"
Nach der Ankunft auf der ISS gibt es erstmal eine Begrüßungszeremonie. Die bisherige Besatzung heißt ihre neuen Crew-Mitglieder willkommen. Es wird dann sehr voll sein und ich will von Mauerer wissen, worauf er sich freut, wenn er zum ersten Mal Zeit für sich hat.
"Ich träume schon lange, lange von diesem Moment, wenn ich oben ankomme und dann meine Freunde begrüßt habe … wenn ich dann den ersten Moment für mich alleine habe, dann hinunterzugleiten zu unserem Weltraumfenster – Cupola heißt das", erzählt er mir scheinbar glücklich. Er führt fort, dass dies der Lieblingsort aller Astronauten sei und dass man in 90 Minuten einmal um die Erde fliegt. Damit erlebe man sechzehnmal am Tag einen Sonnenauf- und untergang.
Und dort möchte ich dann einfach nur die Schönheit unseres Planeten genießen. Die allererste Weltreise, die möchte ich einfach nur genießen. Einfach nur für mich.
Liebeserklärung ans Universum und ein Gruss nach Mitteldeutschland
Das sei ihm gegönnt. Passenderweise trägt seine Mission den Namen "Cosmic Kiss" und ist eine Liebeserklärung an das Universum. "Wenn wir ins Universum rausschauen, abends in den Nachthimmel blicken, dann fragen wir uns, wie funktioniert das draußen alles?", fragt sich der Astronaut. Und das zeigt sich auch auf dem Missionslogo, das sich einer besonderen Scheibe widmet, der Himmelsscheibe von Nebra.
Denn bereits vor über 4.000 Jahren haben sich die Menschen, die in den Himmel geblickt haben, wohl dieselben Fragen gestellt, die wir uns heute stellen. Weshalb er auch eine Kopie der Scheibe mit an Bord nehmen wird, wie er mir erzählt – und hinterher auf jeden Fall nach Halle kommt, um sich auch das Original anzuschauen.
Dann heißt es allmählich auch schon, sich zu verabschieden. Ich bedanke mich bei Maurer für das spannende Gespräch und wünsche ihm stellvertretend von MDR WISSEN, Mitteldeutschland und ganz Deutschland alles Gute für seine Mission. Er bedankt sich mit einem Lächeln und lässt einen Gruß da:
Die besten Grüße nach Mitteldeutschland. Schaut euch alle die Himmelsscheibe von Nebra an, sie ist total inspirierend, faszinierend und folgt mir auf den sozialen Medien. Ich kann mich über Unterstützung wirklich sehr, sehr freuen.
Den Start können Sie am 31. Oktober um 7.21 Uhr (MEZ) live mitverfolgen. Doch vergessen Sie nicht, dass die Uhr in der selbigen Nacht umgestellt wurde. Beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR_next) können sie bereits um 6.45 Uhr einschalten. Einen weiteren moderierten Stream gibt es von der Stiftung Planetarium Berlin, zu dem MDR WISSEN einen Videobeitrag zur Himmelscheibe beisteuern wird. Um 6.15 Uhr (MEZ) soll die Liveübertragung beginnen.