Primatenforschung Bei Affen sind Linkshänder nicht so selten wie bei Menschen
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16. Dezember 2022, 13:36 Uhr
Viele Affen bevorzugen eine ihrer Hände, besonders wenn Bäume ihr Lebensraum sind. Aber Linkshänder und Rechtshänder sind bei Affen viel gleichmäßiger verteilt als beim Menschen.
Etwa 90 Prozent aller Menschen sind Rechtshänder. Noch immer weiß man nicht ganz genau, warum. Aber dass es so ist, steht fest. Und noch etwas ist klar: Der Mensch ist mit dieser einseitigen Vorliebe bei der Händigkeit im Reich der Primaten ganz allein, zumindest was die Verteilung innerhalb der ganzen Spezies angeht.
Das heißt wiederum nicht, dass es nicht zum Beispiel auch Affen gibt, die für bestimmte Tätigkeiten eine Hand lieber als die andere benutzen. Aber bei ihnen sind Rechtshänder und Linkshänder innerhalb der Spezies viel gleichmäßiger verteilt. Das hat nun eine Forschungsgruppe von der Universität Duisburg-Essen und der Humboldt-Universität zu Berlin in einer großen Vergleichsstudie nachgewiesen.
Handpräferenz? Und wenn ja, welche?
In der Studie wurde die Händigkeit von Affen in 39 Zoos und Auffangstationen getestet. Hinzu kamen Ergebnisse früherer Untersuchungen, sodass am Ende Daten von insgesamt 1.800 Primaten aus 38 Arten (inklusive Mensch) vorlagen. Darin wurde laut Forschungsleiter Kai R. Caspar gezeigt, "dass die starke Rechtshändigkeit von uns Menschen tatsächlich einzigartig ist. Zwar haben andere Primaten wie etwa die Klammeraffen teils ähnlich starke individuelle Handpräferenzen, aber dafür sind Links- und Rechtshänder fast gleich häufig vertreten."
Untersucht wurde in der Studie erst einmal, ob eine Affe (oder Mensch) überhaupt eine ausgeprägte Handpräferenz hat. Und das war überraschenderweise nicht etwa bei (wie der Mensch) am Boden lebenden Affen häufiger der Fall, sondern bei Baumbewohnern wie Languren und Klammeraffen, die sich zwar nicht ganz so oft wie der Mensch, aber doch noch recht häufig auf eine bevorzugte Hand festlegen. Welche Hand die bevorzugte ist, hielt sich bei den Baumbewohnern aber in etwa die Waage.
Menschenaffen nicht so stark festgelegt
Bei Gorillas und Schimpansen gab es ein in gewisser Weise umgekehrtes Ergebnis. Bei diesen Menschenaffen waren längst nicht so viele Vertreter auf eine bestimmte Hand festgelegt, nur etwa die Hälfte. Aber wenn, dann dominierte auch bei ihnen eher die rechte Hand.
Getestet wurde all das übrigens mit dem sogenannten Röhrchentest. Einem Probanden wird ein mit einem Leckerli gefülltes Stück PVC-Schlauch gereicht. Um an die Nahrung zu kommen, muss eine Hand das Stück Schlauch halten, während die andere Hand die kompliziertere Aktion des Leckerli-Herausholens ausführen muss. Diese Art von Test ist seit Jahrzehnten anerkannt und bringt auch bei einer Wiederholung nach Jahren beim selben Individuum immer dasselbe Ergebnis.
Entwicklung der Händigkeit beim Menschen
Die extrem ausgeprägte Rechtshändigkeit ist wie die Sprache ein Alleinstellungsmerkmal des Menschen. Zu ihrer Entstehung gibt es in der Forschung verschiedene Hypothesen. "Sie könnte sich im Laufe der Zeit als ein Nebenprodukt der Vergrößerung des Gehirns entwickelt haben, oder durch den regelmäßigen Gebrauch von Werkzeugen", sagt Kai. R. Caspar.
Aber genau diese beiden Ideen, eine Abhängigkeit der Händigkeit von Gehirngröße oder Werkzeugbenutzung, konnte die Forschungsgruppe bei Affen nicht belegen und war davon selbst überrascht.
Die Frage, warum Menschen überwiegend Rechtshänder sind, bleibe weiterhin ungeklärt, sagt Kai R. Caspar und hält weitere Forschung für nötig: "Primatologie und Neurowissenschaften können einige traditionelle Hypothesen verwerfen und nach neuen Erklärungsansätzen suchen."
Links / Studien
Die Studie "The evolution and biological correlates of hand preferences in anthropoid primates" ist im Journal "eLife Science" erschienen.
(rr)