Wissenschaft der Liebe Liebe macht "krank" und "blöd" – aber glücklich!
Hauptinhalt
13. September 2017, 11:11 Uhr
Es gibt sie: Liebe auf den ersten Blick. Buchstäblich in kosmischer Geschwindigkeit, nämlich innerhalb von 0,2 Sekunden entscheidet das Gehirn, ob die eigenen Gene mit denen des potentiellen Liebespartners zusammen passen. Finden wir den anderen Menschen attraktiv, ist zumindest der Grundstein für die Liebe gelegt, aber es passiert noch so viel mehr. Ein streng reguliertes System aus Neurotransmittern und Hormonen lässt uns auf Wolke Sieben schweben und macht Liebende förmlich krank.
Beim ersten Aufeinandertreffen werden, mehr unbewusst, jene Merkmale abgeprüft, die auf die Gesundheit der Gene des potentiellen Partners schließen lassen. Auch wird vom Gegenüber zunächst eine regelrechte Duftprobe entnommen. Informationsbotenstoffe, die Pheromone, übermitteln, was in den Genen steckt. Sie verraten, ob wir den Anderen "gut riechen können". Das ist dann der Fall, wenn sich unser Gegenüber genetisch unterscheidet. Die Faustregel: je genetisch verschiedener zwei Menschen sind, umso besser passen sie zusammen. Denn zukünftiger Nachwuchs ist dann besser gegen Krankheiten, Bakterien und Parasiten gewappnet. Allerdings ziehen sich nicht nur Gegensätze an. Annegret Wolf, Psychologin an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg beschreibt es so:
So haben Untersuchungen gezeigt, dass Paare eher zusammen finden, wenn sich ihr Sprachstil ähnelt. Die Verwendung von gleichen grammatikalischen Konstruktionen wirkt attraktiv und vertraut. Wer die gleiche Sprache spricht, bleibt länger zusammen. Die Partnerwahl ist ein Zusammenspiel vieler Faktoren.
Verliebte im körperlichen Ausnahmezustand
Ist der Funke übergesprungen, wird ein komplexes Wirksystem, gesteuert von Neurotransmittern und Hormonen, in Gang gesetzt. Dopamin löst das prickelnde Gefühl der Verliebtheit gerade in der Anfangsphase aus.
Dopamin ist unser feelgood-Transmitter, ein Glücksbotenstoff. Der versetzt uns in eine euphorische Stimmung. Er lässt uns gut fühlen. Er lässt uns motiviert fühlen. Das führt dazu, dass wir nicht mehr so viel Appetit haben und nicht mehr so viel Schlaf brauchen, weil wir die ganze Zeit nur an den anderen denken können.
Verliebtheitssymptome wie schneller Herzschlag und Bauchkribbeln werden durch Adrenalin und Noradrenalin erzeugt. Adrenalin ist ein Stresshormon und wird in nur wenigen Sekunden vom Körper ausgeschüttet. Läuft uns der neue Partner zufällig über den Weg, kommt es zu einer Stresssituation mit höchster Alarmbereitschaft. Enorme Kraftreserven werden freigesetzt. Das Noradrenalin regt den Herzkreislauf, die Stimmung und Lust an.
Krank vor Liebe
Die konstante Aufregung und freudige Erregung muss der Körper irgendwie regulieren. Der Neurotransmitter Serotonin, oft als "Glückshormon“ bezeichnet, ist für die ausgeglichene Stimmungslage zuständig. In der Verliebtheitsphase kommt es zu einer paradoxen Wirkung: Der Serotoninspiegel sinkt ab. Bei Drogensüchtigen und Zwangsgestörten zeigt sich der gleiche Effekt.
Verliebte sind also aus biochemischer Sicht krank. Italienische Wissenschaftler sprechen von einer "Mikroparanoia“. Bei unglücklicher Verliebtheit oder nach einer Trennung ist das Gefühl ähnlich dem eines Drogenentzugs. Der "Stoff" bleibt aus, die Transmitter fehlen. Heftigste körperliche Reaktionen sind die Folge.
Mittel gegen Liebeskummer? Die Serotoninproduktion muss von außen angekurbelt werden. Ein kleines Frustessen mit Obst und Schokolade ist empfehlenswert. Die depressiven Stimmungen werden vertrieben. Vor allem Zeit heilt tiefe Wunden. Mit einem abrupten Ende einer Beziehung verlangen die Rezeptoren zunächst große Botenstoffmengen. Im Laufe der Zeit geht der Bedarf allerdings zurück.
Verliebt sein ist keine Dauerlösung
Im Durchschnitt geht es mit der Phase der Verliebtheit nach circa 1,5 Jahren bergab. Die Evolution hat dafür gesorgt, dass nach der Leidenschaft ein größeres Gefühl folgen kann: Treue und Verbundenheit. Für die Bindung ist vor allem das Hormon Oxytocin zuständig. Menschen haben nach dem Orgasmus oder der Geburt einen höheren Oxytocinspiegel im Blut. Durch Streicheleinheiten oder beim Stillen des Kindes steigt ebenfalls der Wert. In jeder Hinsicht ist dieses "Kuschelhormon" ein Beziehungskitt.
Lusthormon Testosteron
Die Geschlechtshormone Testosteron und Östrogen steuern vor allem den Sex und die Psyche. Für die Luststeigerung von Männern und Frauen ist das Testosteron zuständig. So steigt mit dem Eisprung nicht nur der Östrogenspiegel sondern auch der Testosteronwert im Körper der Frau an. Frauen haben dann besonders viel Lust und machen sich attraktiver für Männer. Guter Nebeneffekt vom Sex: Er ist vor allem so richtig gesund. Bei Männern beugt er Prostatakrebs vor. Er stärkt das Immunsystem, steigert die Lebenserwartung und kurbelt den Kreislauf an.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Lexi TV | 14. Februar 2017 | 15:00 Uhr