Neurowissenschaften Mit dem Kaffeesatz das Gehirn erforschen
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20. März 2022, 10:06 Uhr
Kaffeesatz ist eine faszinierende Sache. Wer gärtnert, weiß, wovon die Rede ist. Aber der Kaffeesatz kann noch so viel mehr. Zum Beispiel Energie speichern. Oder tief in unser Gehirn schauen.
Es ist Sonntag, der Kaffee dampft und Sie genießen den Tag. Hätten Sie einen Garten, würden Sie vielleicht gleich noch daran denken, wo Sie den Kaffeesatz als Dünger in den Boden einarbeiten. Kaffee bringt nämlich organische Substanz ins Beet, düngt leicht und lockt außerdem Regenwürmer an, die den Boden auflockern und damit für ein gesundes Bodenleben sorgen, schreibt unser Team von MDR Garten.
Kaffeesatz im Blick der Forschung
Wenn Sie dagegen Chemikerin sind, dann erkennen Sie noch viel mehr Potential im Kaffeesatz. Forscher in Südkorea zum Beispiel haben bereits vor ein paar Jahren gezeigt, dass Kaffeesatz Methan speichern kann. Auch poröse Kohlenstoff-Superkondensatoren zur Energiespeicherung lassen sich daraus herstellen. Jetzt hat ein Forschungsteam an der Universität von Cincinatti (USA) noch eine weitere Anwendungsmöglichkeit gefunden. Die Forschenden unter der Leitung von Ashley Ross nutzen recycelten Kaffeeabfall für eine eher biologischere Anwendung. Sie und ihr Team haben gezeigt, dass Elektroden, die mit Kohlenstoff aus diesem Abfall beschichtet sind, Spuren von Biomolekülen (zumindest im Reagenzglas) nachweisen können.
Kaffeesatz für Biosensoren
Die Forschungen über Kaffeesatz als Energiespeicher hatten Ashley Ross auf die Idee gebracht, dieses leitfähige Material für chemische Detektoren zu nutzen. "Und ich dachte auch, das wäre ein guter Vorwand, um viel Kaffee für das Labor zu kaufen!" Ross, die an der University of Cincinnati studiert, und mehrere Mitglieder ihres Teams sind bekennende Kaffeeliebhaber, schreibt die Uni in ihrer Mitteilung.
Die Entwicklung war dennoch ein komplexer Prozess. Der Kaffeesatz wurde auf rund 700 Grad erhitzt. Dann kam Kaliumhydroxidlösung hinzu, um den Kohlenstoff zu aktivieren und Löcher in der Struktur zu öffnen, beschreiben es die Forschenden. Anschließend erhitzten sie die Mischung erneut unter Stickstoffgas, um alle unerwünschten Nebenprodukte zu entfernen. Was übrig blieb, so das Team, war eine tintenschwarze Aufschlämmung voller poröser Kohlenstoffflecken. Dieser Schlamm wurde weiter verdünnt, dann wurden Kohlefaser-Elektroden hineingetaucht, die dadurch eine Schicht aus porösem Kohlenstoff erhielten. Diese Elektroden sind fast hundertmal dünner als der Durchmesser eines menschlichen Haares.
Umweltfreundlicher Ersatz für Elektroden
Und mit diesen Elektroden gelang es ihnen, Dopamin, den Neurotransmitter, den Botenstoff in unserem Gehirn, viel besser zu erkennen. Das lag auch an der porösen Struktur des Materials, die sogar Dopaminmoleküle vorübergehend in den Spalten der Elektrode festhalten konnte. Das ist wichtig, denn es geht um kleinste elektrische Entladungen, wenn z.B. die Moleküle oxidieren. Ross und ihr Team hoffen, dass sie damit die traditionellen Mikroelektroden, die Neurowissenschaftler bei der Hirnforschung verwenden, ablösen können. Denn diese bestehen bisher üblicherweise aus Kohlenstofffasern – feinen, festen Kohlenstoffsträngen. Ihre Herstellung ist in der Regel ein mühsamer und teurer Prozess, so die Forschenden, der auch aggressive Chemikalien umfasst. Die neuen Elektroden, die dann vollständig aus Kaffeesatz bestehen können, würden dann noch besser ins Gehirn schauen, dessen Aktivität genauer messen und sogar kleinste Konzentrationen von Neurotransmittern erkennen.
Links/Studien
Die Ergebnisse werden unter dem Titel "Deriving porous carbon from waste coffee grounds for sensitive dopamine detection with fast-scan cyclic voltammetry" am 20.03.2022 auf dem Kongress der American Chemical Society vorgestellt.
(gp)
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