Sucht Wissenschaftler: Glücksspiel wird weltweit zum Problem für öffentliche Gesundheit
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25. Oktober 2024, 12:14 Uhr
Körperliche und psychische Probleme, erhöhtes Suizidrisiko, Verlust von Partner oder Job: Getrieben von Digitalisierung und cleverem Marketing wird Glücksspielsucht weltweit zu einem massiven Gesundheitsproblem.
Glücksspielsucht verursacht wesentlich mehr Schäden bei Menschen als bislang angenommen. Zu diesem im Fachmagazin "The Lancet" veröffentlichten Ergebnis kommt eine Kommission aus Experten in den Bereichen Glücksspielforschung, öffentliche Gesundheit, globale Gesundheitspolitik, Risikokontrolle und Regulierungspolitik. Glücksspiel sei "eine Bedrohung für die öffentliche Gesundheit", stellt der Bericht fest.
Weltweit bis zu 80 Millionen süchtig nach Glückspiel
Glücksspielsucht könne physische wie psychische Schäden anrichten, Beziehungen und Familien zerstören, das Suizidrisiko steigern, zum finanziellen Ruin führen, Kriminalität sowie häusliche Gewalt fördern und für den Verlust des Arbeitsplatzes verantwortlich sein. Drastisch verschärft habe sich die Situation laut dem Bericht durch die internationale Ausbreitung des kommerziellen Glücksspiels und vor allem aber durch die Digitalisierung. "Jeder, der ein Mobiltelefon besitzt, hat heute 24 Stunden am Tag Zugang zu einem Casino in seiner Tasche", sagt Heather Wardle von der britischen Universität Glasgow, Co-Vorsitzende der Kommission. Die Bereiche Online-Sportwetten und Online-Casinos wachsen derzeit dem Bericht zufolge am schnellsten.
Aktuell sind demnach weltweit schätzungsweise fast 450 Millionen Menschen von negativen Auswirkungen von Glücksspiel betroffen – durch mindestens ein Verhaltenssymptom oder einen persönlichen, sozialen oder gesundheitlichen Nachteil. 80 Millionen Menschen leiden unter einer Glücksspielstörung oder problematischem Glücksspiel – also etwa so viele wie Deutschland Einwohner hat. In Deutschland nehmen dem Glücksspielatlas Deutschland 2023 zufolge 30 Prozent der Menschen an Glücksspielen teil. Demnach haben etwa 1,3 Millionen Menschen eine Störung durch Glücksspiele, weitere 3 Millionen Menschen haben ein problematisches Glücksspielverhalten. Etwa jeder 13. Glücksspieler entwickle durch Teilnahme an Automatenspielen, Sportwetten und anderen Glücksspielen gesundheitliche, finanzielle oder auch soziale Probleme, heißt es.
Experten: Zugang und Verbreitung von Glückspielen einschränken
Zwar handelt es sich der Kommission zufolge um ein globales Problem, dieses sei aber nicht ausgeglichen auf alle Bevölkerungsschichten verteilt. Besonders gefährdet seien Menschen aus benachteiligten sozioökonomischen Gruppen. Länder mit niedrigen und mittleren Einkommen seien oft weniger gut ausgestattet, um die Industrie zu regulieren und mit den dadurch entstehenden Schäden umzugehen. Zudem würden vor allem Kinder und Jugendliche routinemäßig mit Werbung für Glücksspielprodukte konfrontiert. Darüberhinaus sei Glücksspiel oft in Videospiele eingebettet.
Da die Glücksspielindustrie innovative digitale Marketingansätze nutze, um ihre Produkte zu fördern und ihre Interessen zu schützen, fordert die Kommission ein effektives und gut ausgestattetes Regulierungssystem sowie internationale Zusammenarbeit und Führung, um die Folgen des kommerziellen Glücksspiels für die öffentliche Gesundheit zu verringern. Dies sei in allen Ländern nötig – unabhängig davon, ob Glücksspiel dort legal ist oder nicht. Außerdem sollten Glücksspiele in Zukunft weniger verfügbar sein. Zudem sollten gefährdete Gruppen der Gefahr weniger ausgesetzt sein. Außerdem fordert die Kommission mehr Unterstützung und Behandlungsmöglichkeiten für Süchtige sowie Aufklärungskampagnen zu den Schäden von Glücksspiel.
Sie haben suizidale Gedanken, leiden und Spielsucht oder sind in einer persönlichen Krise? Die Telefonseelsorge ist für Sie da. Sie können jederzeit kostenlos unter 0 800 111 0 111, 0 800 111 0 222 oder 0 800 116 123 anrufen oder im Chat schreiben.
Links/Studien
- Wardle et.al.(2024): The Lancet Public Health Commission on gambling, The Lancet
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 25. Oktober 2024 | 08:30 Uhr
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