Geschmacksforschung Schmierige Konsistenz: Darum essen wir Schokolade so gern
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16. Januar 2023, 10:18 Uhr
Schon die Maya tranken sie, am längsten durchgehend in Deutschland produziert wird sie in Halle, heutzutage isst jeder Deutsche neun Kilo davon pro Jahr. Doch was macht sie so unwiderstehlich? Britische Forschende haben eine Antwort gefunden: es liegt an ihrer schmierigen Konsistenz.
Schokolade ist ein wahres Wundermittel. Beispielsweise verringert ihr Konsum das Risiko, eine Erkrankung der Herzgefäße zu erleiden. Dazu enthält das süße Nahrungsmittel viel Vitamin D – allerdings nicht genug, um einen eventuellen Mangel auszugleichen. Und schließlich kann Kakao – einer der Grundbestandteile von Schokolade – die Gehirnleistung steigern.
Das Beste an der Schokolade bleibt für viele Menschen aber ihr Geschmack, der für einige so unwiderstehlich ist, dass sie deutlich zu viel davon konsumieren. Rund neun Kilo isst jeder Deutsche davon im Schnitt pro Jahr, was eine zu große Menge ist, wenn man bedenkt, dass ein Großteil davon industriell verarbeitete Schokolade mit einem hohen Zuckeranteil ist.
Doch warum können wir gerade in den grauen Wintermonaten einer Tafel Schokolade kaum widerstehen? Forschende der britischen Uni Leeds sagen: Es liegt an ihrer schmierigen Konsistenz, die im Mund entsteht.
Wichtig ist, wo sich das Fett in der Schokolade befindet.
Die Experten um Prof. Anwesha Sarkar untersuchten dafür detailliert, was beim Essprozess passiert, wenn die Schokolade langsam von einem festen Zustand in eine weiche Emulsion übergeht. Dazu nutzten sie eine spezielle 3D-Oberfläche, die der menschlichen Zunge nachempfunden wurde. Auf diese wurde dunkle, hochwertige Schokolade aufgebracht und mit speziellen Mitteln der Tribologie – der wissenschaftlichen Untersuchung von Reibung und Schmierflüssigkeiten – analysiert.
Die besondere Anziehungskraft entstünde dabei durch die öligen Eigenschaften des Genussmittels, so die Forschenden. Entweder direkt durch die Bestandteile oder durch die Mischung mit dem Speichel im Mund – oder einer Mischung aus beidem.
Dabei spielt auch Fett eine wichtige Rolle. Beim Kontakt mit der Zunge werden nämlich Kakao-Partikel von der Schokolade gelöst, die dann für das besondere Gefühl im Mund sorgen. Da dafür äußere Fettteilchen ausreichen, schlussfolgern die Wissenschaftler, dass man den Fettanteil im Innern der Schokolade verringern könnte, ohne das Geschmackserlebnis zu verändern. Der Schlüssel liege dabei laut Prof. Sarkar in der Erforschung der Konsistenz: "Wir können dieses Wissen nutzen, um Nahrungsmittel herzustellen, die einen besseren Geschmack und ein angenehmeres Aussehen haben und vor allem besser für die Gesundheit sind."
Künftig auch optimiertes Eis und besserer Käse?
Denn es mache keinen Unterschied, ob Schokolade fünf oder 50 Prozent Fettanteil besitze. "Es werden sich in jedem Fall im Mund Tröpfchen bilden, die das besondere Schokoladen-Gefühl herstellen." Viel wichtiger sei, so die Professorin für Kolloide (mikroskopisch kleine Partikel) und Oberflächen, dass sich das Fett an der äußeren Schicht befinde. Dazu komme eine möglichst gute Ummantelung der Kakao-Partikel mit Fett, was ebenfalls zu einem angenehmen Empfinden beim Essen beitrage.
Die Forschenden gehen davon aus, dass durch ihre Erkenntnisse in Zukunft nicht nur Schokolade in großem Maßstab hergestellt werden kann, die einerseits ein komplettes Geschmackserlebnis bietet, andererseits aber einen deutlich reduzierten Fettanteil hat. Dazu könnten auch andere Nahrungsmittel verbessert werden, die im Mund von einem festen in einen flüssigen Zustand übergehen, etwa Speiseeis, Butter und Margarine oder Käse.
Links/Studien
Die Studie "Insights into the Multiscale Lubrication Mechanism of Edible Phase Change Materials" ist am 12.01.2022 im Fachjournal "ACS Applied Materials & Interfaces" erschienen.
cdi
Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 06. Dezember 2022 | 17:15 Uhr