Norwegen In Norwegen wird mit Karte bezahlt
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30. Juni 2020, 05:00 Uhr
Wer in Norwegen auffallen möchte, sollte einfach versuchen, mit Bargeld zu bezahlen. Denn anders als in Deutschland, wo in vielen Geschäften Karte nicht akzeptiert wird, wird in Norwegen Bargeld nur ungern genommen. Viel beliebter: Kreditkarte, Smartphone und Co.
550 Mal bezahlten Menschen in Norwegen bargeldlos im Jahr 2018. Zum Vergleich: In Deutschland wurde gerade einmal 211 Mal pro Kopf die Karte oder das Smartphone gezückt. Wer die Begeisterung für bargeldlose Bezahlung im nördlichsten Land Europas verstehen möchte, muss die große Transparenz bedenken. So erklärt es Prof. Dr. Bernd Raffelhüschen von der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg: "Im Grunde genommen werden die Bürger in Norwegen schlichtweg komplett durchleuchtet, der Staat kennt alles." Die Überwachung gehe soweit, dass selbst die Dystopie aus George Orwells "1984" in den Schatten gestellt werde.
So gibt es kein Geheimnis um Einkommen und Steuern. Stattdessen können über eine personifizierte Kennnummer diverse Zahlen direkt beim norwegischen Staat erfragt werden. Wer also wissen möchte, was die Nachbarin oder der Nachbar verdienen, kann unter Angabe der eigenen Nummer einfach eine Anfrage stellen. Die andere Einstellung zu Transparenz und Datenschutz liegt Raffelhüschen zufolge aber auch an den Erfahrungen Deutschlands mit repressiven Regimen. So spielte sowohl in der Nazi-Diktatur als auch in der DDR Überwachung eine zentrale Rolle. Das präge bis heute die Einstellung zu Transparenz. In Norwegen seien die Menschen hingegen sehr entspannt, meint Raffelhüschen: "Die Vergangenheit Norwegens erfordert jetzt nicht unbedingt so eine riesige Diskussion um Datenschutz. Die Welt in Skandinavien ist transparenter, die Welt ist egalitärer und ruhiger."
Die große Egalität innerhalb der norwegischen Gesellschaft ist für Raffelhüschen ohnehin ein wichtiger Punkt:
Die Einkommensunterschiede sind nicht besonders hoch. Entsprechende Notwendigkeiten, wenn ohnehin jeder drei Häuschen besitzt, sind nicht so hoch.
Der sogenannte Gini-Koeffizient gibt die (Un-)Gleichheit bei der Einkommensverteilung an. Er wird zwischen 0 (Supergleichheit) und 1 (Superungleichheit) angezeigt. Norwegen gehört mit einem Wert von knapp unter 0,25 Punkten zu den 20 Ländern weltweit mit der höchsten Gleichheit. Deutschland steht bei 0,29 und die USA mit 0,39 deutlich schlechter da, so Zahlen des IW Köln. Neid spielt in dem skandinavischen Land keine große Rolle, weil die Ungleichheit geringer ist.
Brötchen oder Auto - alles bargeldlos
Durch die große Transparenz steigt auch die Bereitschaft, bargeldlos zu bezahlen. Die Summe spielt dabei keine große Rolle. Ob die Kollekte in der Kirche, die Sonntagsbrötchen aus der Bäckerei oder ein neues Auto - alles wird in Norwegen digital bezahlt. Selbst auf Flohmärkten zahlen die Menschen nur selten bar. Fast 80 Prozent von ihnen nutzen hierfür Vipps. Mit dieser App lässt sich Geld in Sekundenschnelle von einem zum anderen Account transferieren. Vipps gehört der "Den Norske Bank", also einer Bank, die jedoch teilweise dem norwegischen Staat gehört und die Daten ihrer Kundinnen und Kunden nicht ins Ausland transferiert. Auch Raffelhüschen hält das für wichtig, denn "wenn Europa an die Daten käme, dann wäre in Norwegen Hölle und Teufel los."
Als Norwegens Zentralbank 2016 neue, fälschungssichere Geldscheine ausgab, erklärte sie den Menschen, wann sie überhaupt noch auf die antiquierte Zahlungsweise zurückgreifen sollte: "Es könnte passieren, dass das elektronische System nicht funktioniert, ihre Karte oder das Smartphone nicht funktioniert." Das Bargeld ist in Norwegen vollends zum Notgroschen geworden. Doch auch Raffelhüschen führt eine Einschränkung digitaler Zahlungsmöglichkeiten an:
Es ist schwierig bei den Samen oben in Lappland, das Rentier mit Karte zu bezahlen, aber ansonsten geht wirklich alles.
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