Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Ernährung Forscher aus Jena und Halle: Jeder sechste Todesfall durch Fehlernährung
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04. Mai 2024, 04:59 Uhr
Plötzlich bricht jemand tot der der Straße zusammen. Jeder hat das schon einmal gehört oder im schlimmsten Fall selbst oder bei Angehörigen erfahren. Herz-Kreislauf-Erkrankungen gehören in Deutschland zu den Todesursachen Nummer Eins. Wie eine Studie der Universität Jena jetzt zeigt, begünstigt Fehlernährung Krankheiten wie Herzinfarkte und Schlaganfälle enorm. Teilweise sei ein Drittel bis die Hälfte aller dieser Todesfälle auf eine Fehlernährung zurückzuführen, so die Wissenschaftler.
Ein bisschen Pizza dort, ein großer Burger hier. Nudeln gehen immer – und natürlich schmeckt das Weizen-Teilchen vom Bäcker. Wie stark sich Ernährung auf die Gesundheit auswirken kann, zeigt jetzt erneut eine Studie der Friedrich-Schiller-Universität Jena, des Instituts für nachhaltige Land- und Ernährungswirtschaft (INL) und des Kompetenzclusters nutriCARD.
Die Autoren der Untersuchung kommen zu dem Ergebnis: In Europa und Ländern Vorder- und Zentralasiens sterben jedes Jahr 1,55 Millionen Menschen durch Fehlernährung.
Jeder sechste Todesfall durch falsche Ernährung
Die Studie über kardiovaskulär bedingte Todesfälle im Zeitraum 1990 bis 2019 wurde im Journal of Preventive Cardiology veröffentlicht. Sie zeigt konkret, dass jeder sechste Todesfall in Europa auf eine unausgewogene Ernährung zurückzuführen ist.
"Bei den Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Deutschland ist rund ein Drittel der Todesfälle mit einer Fehlernährung assoziiert", sagte Theresa Pörschmann, die Erstautorin der Studie und Doktorandin am Lehrstuhl für Biochemie und Physiologie der Ernährung der Uni Jena.
Zu viel (rotes) Fleisch und Salz - zu wenig Vollkorn und Hülsenfrüchte
Die Studie zeigt zudem, welche Ernährungsfaktoren den größten Einfluss auf die vorzeitigen Todesfälle hatten. "Es sind leider immer wieder die gleichen Lebensmittel, von denen wir entweder zu wenig oder zu viel essen", sagte Pörschmann.
"Es sind leider immer wieder die gleichen Lebensmittel, von denen wir entweder zu wenig oder zu viel essen.
Insbesondere gehören zu den negativen Einflussfaktoren der Verzehr von zu wenig Vollkornprodukten und zu wenig Hülsenfrüchten, gefolgt von einer Ernährung mit zu viel Salz und zu viel rotem Fleisch.
Etwa 900.000 Menschen in Deutschland seit 1990 an schlechter Ernährung gestorben
Auf die 27 Mitgliedstaaten der EU entfallen laut der Studie im Jahr rund 600.000 vorzeitige Todesfälle. In Deutschland sind allein 2019 knapp 113.000 Menschen gestorben – das entspricht etwa 31 Prozent aller Herz-Kreislauf-Erkrankungen und zehn Prozent aller Todesfälle insgesamt.
Doch damit ist Deutschland längst nicht an der Spitze. In der Slowakei lag der Anteil von Todesursachen wie Herzinfarkte und Schlaganfälle durch schlechte Ernährung bei 48 Prozent – fast die Hälfte. In Belarus (Weißrussland) lag der Anteil der durch Fehlernährung bedingten Todesfälle mit 47 Prozent ähnlich hoch. Die niedrigsten Anteile finden sich in Spanien (24 Prozent).
Seit 2019 steigt Zahl ernährungsbedingter Kreislauf-Erkrankungen
Die Analyse basiert auf Daten der globalen Krankheitslastenstudie (Global Burden of Disease Study) und betrachtet insgesamt 54 Länder in West-, Ost- und Zentraleuropa sowie Zentralasien, die von der Weltgesundheitsorganisation als "europäische Region" zusammengefasst werden.
Hierzu gehören neben den EU-Mitgliedsstaaten und weiteren europäischen Ländern auch Staaten Vorder- und Zentralasiens, wie Armenien, Aserbaidschan, Israel, Kasachstan, Kirgisistan, Russland, Tadschikistan, Türkei, Turkmenistan und Usbekistan.
Viele Fehlernährungsopfer unter 70 Jahre alt
Auch die Art der Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie die Verteilung zwischen den Geschlechtern und in unterschiedlichen Altersgruppen wurden untersucht. Der Großteil der Todesfälle entfiel dabei auf ischämische Herzkrankheiten, wie Erkrankungen der Herzkranzgefäße, gefolgt von Schlaganfällen und hypertensiver Herzkrankheit.
In rund 30 Prozent aller vorzeitigen Todesfälle waren die Betroffenen jünger als 70 Jahre. Insgesamt haben die Forschenden 13 unterschiedliche Arten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und 13 verschiedene Ernährungsfaktoren untersucht.
Alkohol, Übergewicht und Diabetes noch gar nicht eingerechnet
"Alkohol und eine zu hohe Energiezufuhr sind weitere wichtige Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen", ergänzt Toni Meier vom Institut für nachhaltige Land- und Ernährungswirtschaft in Halle. "Die tatsächlich durch eine unausgewogene Ernährung bedingten kardiovaskulären Todesfälle dürften also noch deutlich höher liegen."
"In der Studie sind Faktoren wie Alkoholkonsum und eine zu hohe Energiezufuhr, die Übergewicht und Diabetes mellitus Typ 2 verursachen kann, noch gar nicht berücksichtigt", erläuterte Stefan Lorkowski vom Institut für Ernährungswissenschaften der Uni Jena. "In Deutschland haben wir noch viel Luft nach oben und könnten viele vorzeitige Todesfälle verhindern."
Studie im Original
Eur. J. Prev. Cardiol., zwae136, https://doi.org/10.1093/eurjpc/zwae136
(tomi/Uni Jena)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Kurmeldungen | 03. Mai 2024 | 15:15 Uhr