Darmforschung Warum die Kindheit auf dem Bauernhof vor Asthma schützt
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03. November 2020, 17:20 Uhr
Baunerhofkindheit schützt vor Asthma, nur wie und warum? Eine Forschungsgruppe in München ist dem Schutzeffekt auf die Schliche gekommen, es ist kein einzelnes Bakterium, sondern der Reifungsprozess des Darmmikrobioms.
"Puh, das stinkt hier aber", sagen Stadtkinder meist, die das erste Mal im Leben in einem Kuhstall stehen. So ein Kuhstallduft ist speziell, eine Mischung aus Heu, dem Schnauben aus gewaltigen Nüstern der Kuhschädel, ihr Fellgeruch, Exkremente, das Aroma klebriger, frischer Milch. Und so ein Stallklima birgt etwas, das dazu führt, dass sich im ersten Lebensjahr die Darmflora von Bauernhofkindern anders entwickelt als die der Stadtkinder. Genauer gesagt, ist es das Darmmikrobiom, das sich anders entwickelt - mit weit in den Körper reichenden Folgen. Dass Kinder, die auf Bauernhöfen groß werden, ein niedrigeres Risiko haben, an Asthma zu erkranken oder Allergien zu entwickeln als andere Kinder, ist schon länger bekannt. Aber was steckt dahinter?
Ein Forschungsteam aus München hat einen der Bausteine für dieses Phänomen entschlüsselt: Offenbar spielt der Reifungsprozess des Darmmikrobioms im ersten Lebensjahr eine entscheidende Rolle für das spätere Asthmarisiko. Und diesen Prozess beeinflusst offenbar die Mikrobiota, also die Gesamtheit der Mikroorganismen aus dem Kuhstall. Zu diesem Schluss jedenfalls kommt das Team des Helmholtz Zentrums München und des Kinderspitals der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU). Für ihre Forschungsarbeit wurden Stuhlproben von mehr als 700 Kindern zwischen zwei und zwölf Monaten, die auf Bauernhöfen aufwuchsen, analysiert.
Ein Einfluss des Tierstalls auf den Darm-Reifungsprozess
Die Analysen zeigten Dr. Martin Depner zufolge, einem Biostatistiker am Helmholtz Zentrum, dass der Aufenthalt in Tierställen offenbar die Reifung des Darmmikrobioms stark beeinflusst. "Ein vergleichsweise großer Teil der Schutzwirkung des Bauernhofs vor Asthma im Kindheitsalter ist auf die Reifung des Darmmikrobioms im ersten Lebensjahr zurückzuführen", sagt Dr. Depner. Die Mikrobiota aus dem Kuhstall scheinen mit dem Darmmikrobiom, also den Mikroorganismen im menschlichen Darm des kindlichen Körpers zu interagieren und einen Schutzeffekt herbeizuführen.
Gibt es eine Darm-Lungen-Achse im Menschen?
Zudem zeigten die Analysen, dass Bauernhof-Kinder mit ausgereiftem Darmmikrobiom im Vergleich zu anderen Kindern mehr Roseburia- und Coprococcus-Bakterien hatten. Diese produzieren kurzkettige Fettsäuren. Aus anderen Forschungen weiß man, dass kurzkettige Fettsäuren asthmaschützend wirken können. "Ein deutlicher Hinweis auf eine Art Darm-Lungen-Achse im Menschen", sagt Epidemiologe Dr. Markus Ege, der ebenfalls an der Studie beteiligt war: "Die Atemwege der untersuchten Kinder wurden durch ein ausgereiftes Darmmikrobiom mit einem hohen Gehalt an kurzkettigen Fettsäuren geschützt."
Im Umkehrschluss bedeutet das aus Eges Sicht aber auch, dass ein unreifes Darmmikrobiom zur Entstehung von Krankheiten beitragen könne. Umso wichtiger seien Präventionsstrategien im ersten Lebensjahr, wenn das Darmmikrobiom noch leicht beeinflusst werden könne. Kuhmilch könnte dafür ein Kandidat sein, minimal verarbeitet und mikrobiologisch sicher. An derart aufbereiteter Milch wird bereits geforscht.
(lfw)
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