Freunde schauen Fernsehen, sitzen auf dem Sofa und essen Popcorn.
Fernsehen kann offenbar die motorischen Lernleistungen verbessern, sollte aber auch nicht übertrieben, da dabei unter anderem Bewegungsmangel entsteht. Bildrechte: IMAGO / imagebroker

Wissen-News Uniklinik Jena: Darum ist Fernsehen besser als sein Ruf

05. März 2024, 11:58 Uhr

Starker TV-Konsum wird mit vielen negativen Begleiterscheinungen in Verbindung gebracht. Jenaer Forschende haben nun aber gezeigt, dass sich dadurch die motorischen Fähigkeiten sogar verbessern lassen.

Wer viel fernsieht, der verblödet – ein Satz, den viele kennen. Fernsehen gehört zur liebsten Freizeitbeschäftigung der Europäer, etwa 210 Minuten TV schauen sie im Durchschnitt pro Tag, vermutlich sogar mehr. Zahlreiche Studien schreiben exzessivem TV-Konsum negative Effekte zu, viel fernsehen soll auch zu kognitiven Defiziten führen. Allerdings handelt es sich dabei fast ausschließlich um retrospektive Studien. Das heißt, diese Eigenschaften werden im Nachhinein mit zu viel Fernsehen erklärt.

"Wir hatten schon die Vermutung, dass Fernsehen für unser Gehirn besser ist als sein Ruf", erklärt Matthias Nürnberger, Neurologe am Universitätsklinikum Jena. "Es existierten aber keine prospektiven Studien." In einer randomisierten, kontrollierten Studie untersuchten die Jenaer Forschenden nun prospektiv, ob eine intensive visuelle Stimulierung durch Fernsehen unsere Verarbeitung von optischen Informationen und unsere motorische Lernleistung verbessern können. Dazu ließen sie 74 junge Erwachsene zwischen 20 und 30 Jahren fünf Tage lang in einer kontrollierten Umgebung entweder exzessiv fernsehen, das heißt acht Stunden pro Tag, oder eben überhaupt nicht fernsehen. Beide Gruppen absolvierten während des Experiments einen Kurs im Tippen auf der Tastatur im 10-Finger-System – eine Fertigkeit, die sie vorher nicht beherrschten und die motorische Fähigkeiten mit visueller Informationsverarbeitung verknüpft.

Das Ergebnis überraschte in seiner Deutlichkeit selbst das Forschungsteam: Die TV-Gruppe schnitt bei allen Testungen besser ab als die Kontrollgruppe ohne TV-Konsum, teilweise sogar signifikant. Die Effekte ließen sich direkt im Gehirn nachweisen. "Eigentlich gilt das Gehirn ab einem gewissen Alter als kognitiv austrainiert. Mit etwa 25 Jahren ist das Maximum an Synapsen erreicht und es ist sehr schwierig, diese Obergrenze zu verändern. Aber, und das legt unsere Studie nahe: Mit sehr viel visuellem Reiz ist es doch möglich, noch eine Verbesserung zu erzielen", resümiert Nürnberger.

cdi/pm

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