Wissen-News Evolution: Schon Polypen haben Appetit und Sättigungsgefühl
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27. Mai 2024, 15:45 Uhr
Kieler Forscher haben am Beispiel des Polypen Hydra gezeigt, wie schon Lebewesen mit sehr einfachen Nervensystemen ihr Sättigungsgefühl koordinieren können. Das gibt Hinweise auf die evolutionären Ursprünge des Appetits.
Im Laufe der Evolution haben Lebewesen Stück für Stück komplexere Nervensysteme hervorgebracht, um immer vielschichtigere, sensorische, motorische und kognitive Funktionen zu koordinieren und das damit zusammenhängende Verhalten zu steuern. In jüngerer Zeit haben verschiedene Forschungsarbeiten gezeigt, dass schon einfache Lebewesen mit diffusen Nervensystemen neuronal komplexe Verhaltensweisen zeigen können, zum Beispiel die Verarbeitung visueller Signale oder auch sogenanntes assoziiertes Lernen. Forschende der Uni Kiel beschäftigen sich mit einem solchen einfachen Vielzeller, dem Süßwasserpolypen Hydra.
Hydra zeigte Purzelbaum-artige Fortbewegungsweise
Zunächst untersuchten die Forschenden, welchen direkten Einfluss die Fütterung auf die Nahrungsaufnahme von Hydra hatte. Tiere, die mit ihrer natürlichen Nahrung gefüttert wurden, zeigten bis zu acht Stunden danach eine eingeschränkte Reaktion auf Futterreize und öffneten ihre Mundöffnung signifikant langsamer bis überhaupt nicht. In zusätzlichen Versuchen konnte das Forschungsteam weitere Verhaltensänderungen beobachten, die indirekt mit der Nahrungsaufnahme zusammenhängen. "So zeigten gefütterte Hydren eine deutlich geringere Anziehung durch Lichtreize und eine ebenso starke Unterdrückung der natürlichen Bewegungsmuster im satten Zustand. Hydra bewegt sich auf der Suche nach Nahrung auf das Licht zu und vollzieht dabei eine Purzelbaum-artige Fortbewegungsweise. Das Sättigungsgefühl hemmt auch diese Verhaltensmuster, denn satte Tiere müssen sich vorübergehend nicht auf Nahrungssuche begeben", erläutert der Studienautor Christoph Giez.
Insgesamt gelang es den Forschenden, die neuronale Regulation des Sättigungsgefühls bei Hydra hauptsächlich auf zwei Nervenpopulationen und ihre Auswirkungen auf ein ganzes Spektrum von fütterungsbezogenen Verhaltensmustern zurückzuführen. "Damit konnten wir belegen, dass ein ganz einfaches System wie das diffuse Nervennetz des Süßwasserpolypen bereits in der Lage ist, etwas so Komplexes wie den internen metabolischen Zustand des Tieres zu erkennen und darauf aufbauend das Verhalten zu regulieren. Anhand dieser Beobachtungen können wir künftig mehr darüber erfahren, wie diese Modulation in komplexeren Lebewesen funktioniert und so Stück für Stück mehr über die evolutionären Ursprünge des Hungergefühls und seine Weiterentwicklung lernen", fasst der Leiter der Arbeitsgruppe, Thomas Bosch, zusammen.
Links/Studien
Die Studie "Satiety controls behavior in Hydra through an interplay of pre-enteric and central nervous system-like neuron populations" ist im Fachjournal "Cell Reports" erschienen
cdi/pm
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR Aktuell | 02. Mai 2024 | 15:17 Uhr
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