Leben im All Kosmische Strahlung zerstört menschliche Organe langsam
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28. Februar 2021, 05:00 Uhr
Eines Tages wollen Menschen auf dem Mars landen. Dazu müssen sie aber die Reise überstehen. Die ist für das Herz und andere Organe eine echte Herausforderung, zeigen Forschungen aus den Niederlanden.
Es gibt da so ein niederländisches Sprichwort. Auf Deutsch heißt es etwa: Man kann in die Zukunft schauen, ob sie eintritt weiß keiner. Wenn wir prüfen, wie Astronauten zum Mars gelangen, passt das ganz gut. Hier rechnen Wissenschaftler ein bisschen für die Zukunft. Zum Beispiel Manon Meerman, Medizinerin von der Herz-Lungen Chirurgie des Uniklinikums in Utrecht. Die komplexen Mechanismen kosmischer Strahlung haben sie und Kollegen zwar nicht vollends durchdrungen, eines wisse man aber, sagt sie: "Strahlung verändert zum Beispiel Moleküle im Körper, die Zellen an anderer Stelle im Körper zerstören."
Strahlung führt zu einem schleichenden Tod
Diese veränderten Moleküle, Sauerstoffradikale genannt, greifen nicht nur das Herz an, sondern machen Zellen auch an anderen Stellen kaputt. Der Körper reagiere auf diese Angriffe mit einer Entzündung – also einem Prozess, bei dem der Körper auf übergreifender Ebene sagt: Schau mal, hier muss etwas repariert werden. Die Entzündung hat zur Folge, dass sich Ablagerungen in Blutgefäßen bilden. Für Astronauten auf langer Raumfahrt ein Problem.
Wir glauben, dass der Effekt nicht sofort zu sehen sein wird. Es ist nicht wie bei einem Herzinfarkt, der sich über Symptome ankündigt. Es kommt langsam. Zellen werden zerstört, und du entwickelst über Jahre Symptome, so dass es irgendwann zu Herzversagen kommt.
Die Forscherin prognostiziert das auf Basis medizinischer Daten, die hier auf der Erde gesammelt wurden, bei Tieren, die kosmischer Strahlung ausgesetzt wurden. Sie entwickelten die Symptome schneller, als jene, die keiner Strahlung ausgesetzt waren.
Wie genau der Prozess beim Menschen ablaufen würde, wenn er kosmischer Strahlung ausgesetzt ist, kann man bislang nur annehmen. Mithilfe der Forschung auf der Erde taste man sich langsam vor, sagt Medizinerin Carolijn Bouten von der Technischen Universität in Eindhoven in den Niederlanden: "Dass Strahlung im Weltraum schädlich ist, weiß man aus der klinischen Behandlung, wo sie zur Therapie eingesetzt wird. Dort wird Strahlung genutzt, um Brustkrebs zu behandeln, was aber noch andere Auswirkungen hat. Strahlung kann – besonders in der Brustregion – das Herz und die Herzklappen beschädigen. Das ist der Grund, weshalb wir uns dafür interessieren. Die Forschung im Weltraum und auf der Erde gibt uns Indizien."
Zellen werden durch Strahlung zu Zombies
Ähnlich wie Manon Meermann will auch Carolijn Bouten wissen, was Strahlung mit Herzzellen macht. Deshalb züchtet sie die im Labor und bestrahlt sie. Auch hier keine besonders guten Nachrichten. "Was wir gesehen haben: Die Zellen leben zwar weiter, aber sie werden faul. Sie reagieren nicht mehr auf Stimuli, sie vermehren sich nicht. Sie sind wie eine Schablone. Sie halten unseren Körper nicht mehr am Leben. Was man aber erst verzögert bemerkt."
Was Carolijn Bouten meint: Die Zellen sind zwar noch da, gleichen aber totem Zellgewebe. Alles Lebenserhaltende fahren sie runter. Für Astronauten fatal! Könne man dem nicht mit Abschirmung begegnen? "Das Abschirmen von Strahlung funktioniert nicht. Die Teilchen haben eine solche Kraft, sind so stark geladen, dass sie einfach durch den Schirm durchstrahlen und in den Körper gelangen. Deshalb denken wir über andere Ansätze nach. Medikamente zum Beispiel, die diesen Vorgang stoppen können", sagt sie.
Forschende suchen deshalb nach Wirkstoffen, die Ablagerungen in Blutgefäßen verringern. Oder die Entzündungen hemmen, erklärt Manon Meermann. Auch antioxidative Lebensmittel könnten helfen. Grünes Gemüse oder Orangen. Die seien gut gegen die Sauerstoffradikale, diese veränderten Moleküle, die Zellen schaden.
Strahlenproblem muss vor Abflug gelöst werden
Wir Menschen kennen also das Risiko der kosmischen Strahlung, sind aber trotzdem bereit das Wagnis einer Reise zum Mars einzugehen? Medizinerin Manon Meerman kann das nachvollziehen. "Ich glaube, Menschen sind neugierig und werden es immer sein. Es wird an Plänen gearbeitet, auf den Mond oder den Mars zu fliegen. Deshalb dachten wir, wir müssen der Frage nachgehen, ob es das Risiko wirklich wert ist. Die Antwort dürfte aber nicht nur aus der Medizin kommen. Ansichten anderer Disziplinen müssten einfließen."
Für eine Raumfahrt brauche es eben verschiedene Fachkenntnisse. Von denen die Medizin nur eine ist. Denn, dass da oben noch ganz andere Gefahren lauern, weiß auch Manon Meerman. Diese Gefahren, von denen die Strahlung aufs Herz nur eine ist, müssten gelöst werden, wenn wir jemals die schützende Schicht der Erde verlassen wollen.
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