Elefantengruppe in der Natur
Halbzahme Elefanten aus einem Reservat reagieren auf den Geruch von Löwenkot Bildrechte: Melissa H. Schmitt, UC Santa Barbara

Tierforschung Statt Zäunen oder Warnschuss: Löwenkot vertreibt Elefanten

15. November 2020, 12:00 Uhr

Diese Entdeckung wird Elefanten in Afrika stinken: Menschen haben herausgefunden, dass sich Elefanten von Löwenkot, genauer gesagt, dessen Geruch, vertreiben lassen. Eine clevere Methode also, wenn man seine Obstbäume oder Getreidefelder nicht von Elefanten plündern lassen will. Könnte das Prinzip auch bei uns, zum Beispiel gegen Waschbären oder Minks, funktionieren?

Wem würde es nicht stinken, wenn ein Elefant in seinen Garten stapfen würde, genüsslich alle Früchte vom Baum pflückt, und auf dem Rückweg noch das Gemüsebeet zertrampelt? In manchen Regionen in Afrika gehört Ärger mit Elefanten zum Alltag. Alle bisherigen Methoden, Gräben ausheben, Umzäunungen oder Warnschüsse waren nicht wirklich erfolgreich in Sachen Gartenschutz. Ein internationales Forschungsteam hatte jetzt offenbar den richtigen Riecher, indem es nämlich auf den Rüssel und die Riechfähigkeiten von Elefanten setzt. Das Prinzip ist einfach erklärt: Riecht es nach Löwe, kriegt der Elefant Angst.

Wie testet man, ob ein Geruch einem Elefanten Angst macht?

Getestet wurde es an einer Gruppe halbwilder Elefanten im Limpopogebiet im südlichen Afrika. Die Elefanten mussten dazu über eine mit Duftstoffen versetzte Schnur steigen. Die war zum einen mit Phenol und Indol getränkt, beides Gerüche, die für den Löwenkot charakteristisch sind. Professor Manfred Ayasse, Ökologe und Tierschutzexperte an der Uni Ulm, der die Studie betreut hat, versucht eine Beschreibung: "Idol riecht für uns moderig und nach Fäkalien; Phenol hat eine durchdringend, unangenehme Duftnote." Und Ayasses Kollege, Studienleiter Dr. Omer Nevo, fügt hinzu: "Der Geruch erinnert an Exkremente von Fleischfressern, wie bei Hunden oder Katzen.“ Jedenfalls für unsere menschliche Nase, verdeutlicht Ayasse: "Wie die Elefanten diese Duftstoffe wahrnehmen, können wir nicht sagen."

Bei den Reaktionstests wurden die Duftfäden über eine 3,5 Meter breite, unbefestigte Straße gelegt, die von Hecken umgeben war, so dass die Elefanten nicht seitwärts ausweichen konnten. Unschlüssigen Dickhäutern wurde zudem noch Meter hinter dem Duftfaden, also außerhalb der Rüsselgriffweite, Orangen als Lockmittel zugerollt - bei Elefanten ein beliebter Snack. Das Video der Forschungsgruppe zeigt, wie ein Elefantenbulle vor der Schnur stockt, sie mit dem Rüssel "ab-riecht", wie er zögert, auch als weitere Lock-Orangen auftauchen - und schließlich rückwärts geht. "Um sicherzustellen, dass kein Elefant vom Verhalten anderer beeinflusst wurde, wurden alle Tiere einzeln getestet", schildert Dr. Omer Nevo im Gespräch mit MDR Wissen den Ablauf.

Nutzt sich der Schreckeffekt beim Geruch nach Löwenkot ab?

Im Ansatz scheint die Rechnung der Forschungsgruppe also aufzugehen. Besteht dann die Gefahr, dass sich die Elefanten an den Geruch gewöhnen und lernen: Nicht überall, wo es nach Löwenkot riecht, ist es auch gefährlich? "Ausschließen kann man nicht, dass die das lernen," sagt Professor Ayasse, der das Projekt betreut hat, zu MDR Wissen. Elefanten sind bekannt für ihr gutes Gedächtnis.

Mann mit Brille vor mehreren Bienenstöcken
Prof. Manfred Ayasse, Chemischer Ökologe Bildrechte: Uni Ulm

Aber man könnte vermuten, dass es zu einem 'Training' in beiden Richtungen kommt: Einerseits die Gewöhnung an den Geruch, andererseits immer wieder die Konfrontation mit Löwen, dem einzigen Tier außer dem Menschen, das Elefanten gefährlich werden kann.

Zur Kontrolle wurden bei den Versuchen auch die Reaktionen auf Exkremente anderer Tiere wie Geparden, Hunde oder Giraffen getestet. Das Ergebnis war dem Forschungsteam zufolge eindeutig - immer da, wo die Versuchs-Elefanten es mit Löwenkot bzw. Löwen-Duftfäden zu tun hatten, zögerten die Dickhäuter oder machten sogar kehrt. Das Forschungsteam vermutet, dass die Abwehrreaktion, das Zögern beim Überqueren der Löwenduft-Wand oder das Umkehren, bei komplett wilden Tieren noch stärker sein könnte.

Baby-Elefant futtert sich durch Palmöl-Plantage
Erwischt: Ein Babyelefant futtert sich durch eine Palmölplantage auf Sumatra (Indonesien) Bildrechte: imago images / ZUMA Press

Noch nicht erforscht ist jetzt, ob das Prinzip auch bei asiatischen Elefanten funktioniert, ohne dass man Löwenkot aus Afrika importieren müsste. Theoretisch enthält nämlich der Kot von Tigern, die in Asien heimisch sind, ebenfalls Phenol und Indol. Und der Geruch dieser Dufstoffe ist überall gleich.

Riechen Orte, um die Duftfäden gelegt werden, nach Löwenkacke?

Dass ein ganzes Dorf, wenn es mit Duftfäden umgeben wäre oder ein Feld nach Löwenkot riechen würde, muss keiner befürchten, sagt Dr. Nevo. Dafür war die ausgelegte Duftspur sehr schwach, sagt Dr. Nevo. Vielleicht würde man eine höhere Duftkonzentration an Schüsselstellen auslegen, die Elefanten oft frequentieren. Forscher Manfred Ayasse verdeutlicht das:

Elefanten haben fünf mal mehr Geruchsrezeptoren als Menschen. Und Elefanten haben zweimal mehr Geruchsrezeptoren als Hunde. Sie können auch Wasser auf mehrere Kilometer Entfernung riechen und sie haben ein gutes Erinnerungsvermögen für Riechstoffe.

Ob und wie oft die Duftschnur aufgefrischt werden müsste, lässt sich jetzt noch nicht sagen, sagt Dr. Nevo:

Das ist eine der Fragen, die bei weiteren Studien ganz oben auf der Liste steht.

Genau wie Manfred Ayasse sieht er die Studie als ersten Ansatz, der weiterentwickelt werden muss.

Fuchs-Kot gegen Waschbär: Wäre das wirksam?

Ließe sich dieses Prinzip auch auf andere Tierarten übertragen, die mit dem Menschen in Konflikt geraten? Zum Beispiel Waschbären, die in Deutschland auf Ausbreitungskurs sind und gerne den Rasen umgraben und ihr Revier gleich noch mit einem ordentlichen Haufen markieren? Auf den ersten Blick klingt das gut. Aber Dr. Nevo nimmt uns den Wind gleich wieder aus den Segeln:

Die Technik funktioniert, weil Löwen die Hauptfeinde der Elefanten sind. Bei invasiven Arten ist das anders. Selbst wenn die Technik am Anfang funktionieren würde - ohne wirklichen Druck, gefressen zu werden, würden die Waschbären irgendwann lernen, die vermeintliche Gefahr zu ignorieren. Ich denke, dass die Chancen, diese Methode für invasive Arten zu nutzen, nicht hoch sind.

Dr. Omer Nevo,

Dann bleibt es also vorerst dabei, dass wir zähneknirschend Waschbär-Kacke verbuddeln, die uns die Herrschaften in den Garten gesetzt haben.

Die Forschungsarbeit finden Sie hier im Original zum Nachlesen. Beteiligt waren Forscherinnen und Forscher aus Deutschland, den USA und Südafrika.

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Drei Elefanten 25 min
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