E-Mobilität Elektroautos vs. Verbrenner: Ohne Förderung keine Kosten-Vorteile bei Kleinwagen
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31. März 2023, 10:48 Uhr
Elektroautos sind teuer, umständlich zu laden und haben geringe Reichweiten. Soweit die Vorurteile gegen E-Mobilität. Fraunhofer-Forscher haben nachgerechnet und zeigen: Langfristig ist Elektro günstiger. Die Sache hat jedoch noch einen Haken bei den Kleinwagen.
Die "MDR fragt"-Community ist sehr skeptisch, was Elektroautos angeht. Bei der letzten (nicht-repräsentativen) Befragung haben rund 34.000 von ihnen abgestimmt und nur jede/jeder Neunte würde derzeit beim Neuwagenkauf zu einem E-Auto greifen. Stattdessen würden sich die meisten (32 Prozent) für einen Benziner entscheiden. An zweiter Stelle folgt mit 22 Prozent der Hybrid-Antrieb. An dritter Stelle – mit jeweils 14 Prozent – ein mit Wasserstoff oder Diesel betriebenes Fahrzeug.
Schlechtes Ladenetz, hohe Kosten und geringe Reichweite – das sind die Hauptgründe für die Ablehnung. Aber sind die gerechtfertigt? Das Ladenetz ist definitiv vor allem in den Städten ein Problem. Wer dagegen eine eigene Wallbox (eine Ladestation an der Hauswand) besitzt, ist klar im Vorteil, auch bei den Kosten (dazu später mehr). Die geringe Reichweite als Problem? Für Pendler mit langen Arbeitswegen vielleicht. Für die meisten nicht einmal ansatzweise. Die durchschnittliche tägliche Fahrtstrecke eines PKW in Deutschland liegt bei 36 Kilometern. Das kann man ganz schnell selbst ausrechnen, wenn man weiß, dass ein PKW pro Jahr nach den Zahlen des Kraftfahrtbundesamtes rund 13.000 Kilometer fährt.
Ladesäulen: Alle 60 Kilometer
Das unbedingt ausbaufähige Ladenetz ist problematisch, keine Frage. Die Europäische Union hat sich deshalb gerade in dieser Woche auf verbindliche Ziele zum Ausbau der Ladeinfrastruktur geeinigt. Künftig soll es an den wichtigsten Verkehrsachsen mindestens alle 60 Kilometer Ladesäulen geben.
"Die Zahl der Elektroautos hat sich seit 2016 versiebzehnfacht, die der Ladestationen aber nur versechsfacht", sagte der Europa-Abgeordnete Ismail Ertug (SPD). Mit dem Kompromiss seien nun ambitionierte Ziele für die Elektro- und Wasserstoff-Ladeinfrastruktur ausgehandelt worden. "Wir haben nun endlich klare und rechtlich bindende Ziele für den Ausbau der Infrastruktur in ganz Europa", sagte der CDU-Abgeordnete Jens Gieseke.
Wallbox bringt die meisten Vorteile
Wer aber die Vorteile des E-Autos am besten nutzen will, "tankt" seinen Strom ohnehin am besten zuhause an der eigenen Wallbox. Die Tarife hier sind deutlich günstiger als an jeder öffentlichen Ladesäule. Und wer Photovoltaik auf dem Dach hat, kann sogar noch mehr sparen, wenn die Sonne die Akkus auflädt. Eine neue Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI hat jetzt erneut die Gesamtkosten mehrerer Pkw-Antriebsarten verglichen und dabei gezeigt, dass E-Autos langfristig auch bei den Kosten Verbrennern klar überlegen sind, und das trotz der anfänglich deutlich höheren Anschaffungskosten. Im Beispiel mit der Photovoltaik macht allein das über einen Zeitraum von 15 Jahren einen Unterschied von 12.000 Euro.
Die Forscher haben auch die Entwicklung von Energiepreisen in der Zukunft mit in die Analyse einbezogen und so die tatsächlichen Kosten über die Gesamtlaufzeit hinweg berechnet – die sogenannten Total Costs of Ownership (TCO). Die positive Grundannahme zugunsten der E-Autos: Die Kraftstoffpreise der Verbrenner steigen, die für E-Autos sinken aufgrund des Ausbaus der erneuerbaren Energie.
Folgende Kosten haben die Forscher ermittelt: Anschaffungskosten, Ladeinfrastrukturkosten, Wiederverkaufswerte, jährlichen Energie- und Kraftstoffkosten, Wartungs- und Instandhaltungskosten, Versicherungskosten, Kfz-Steuer und THG-Quote. THG ist die Treibhausgasminderungsquote. Hier bekommen Sie für das E-Auto Geld wegen der CO2-Einsparung. Zur Berechnung wurden vorrangig Daten aus der Autodatenbank des ADAC herangezogen.
Was kam dabei heraus?
Zusammengefasst ergibt die Berechnung:
- Höhere Kosten für Anschaffung und Ladeinfrastruktur der Elektroautos
- Kosten für Inspektion, Wartung und Versicherung vergleichbar
- Geringere Energiekosten, Umweltbonus, Kfz-Steuerbefreiung und die jährliche THG-Quote als Kostenvorteil für E-Autos
Problem Kleinwagen
Die ISI-Studie zeigt aber auch klar, dass die langfristigen Vorteile insbesondere bei teureren Autos schneller zum Tragen kommen: "Die Anzahl der Jahre, bis sich der anfängliche Kostennachteil in einen Kostenvorteil ändert, variiert jedoch in Abhängigkeit der Fahrzeuggröße bzw. dem Fahrzeugsegment." Sollte der Umweltbonus wie geplant 2025 auslaufen, würden bei gleichbleibenden Anschaffungskosten nur noch die Fahrzeuge in der Mittelklasse einen Kostenvorteil gegenüber Benzinern aufweisen. Und auch das würde acht Jahre dauern, statt bisher drei Jahre. Kompakt- und Kleinwagen würden ohne Förderung "die Kostennachteile durch die höheren Anschaffungskosten nicht mehr innerhalb von 15 Jahren Haltedauer ausgleichen können", so die Untersuchung.
Damit wird klar: Die Anschaffungskosten sind die große Hürde. Sie spielen langfristig eine größere Rolle als die Energiepreise. Dr. Michael Krail, der am Fraunhofer ISI die Studie geleitet hat, zieht folgendes Fazit: "Unsere Berechnungen haben gezeigt, dass der Einfluss der Strompreise und der fossilen Kraftstoffpreise für den Kostenvergleich zwischen Elektrofahrzeugen und Verbrennern begrenzter ist als weitläufig angenommen." Auch der Wiederverkaufswert spiele eine Rolle und die Frage, wie das Fahrzeug genutzt und geladen wird. Aber um die Attraktivität von E-Fahrzeugen weiter zu steigern, "ist die Förderung durch den Umweltbonus und die Innovationsprämie besonders in den unteren Segmenten wichtig", so Krail.
Link zur Studie
Die Studie des Fraunhofer ISI "Eine Wirtschaftlichkeitsanalyse der Antriebsarten für Pkw" wurde im Auftrag der Now GmbH erstellt. Diese Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie wurde 2008 gegründet und arbeitet im Auftrag der Bundesregierung "für die Zukunft emissionsfreier Technologien in einem integrierten Energiesystem".
Hier finden Sie sie als pdf.
gp
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 28. März 2023 | 15:10 Uhr