Das MDR Klima-Update | Freitag, 23. Juli 2021 Wie die Klimakrise und die Hochwasser-Katastrophe zusammenhängen

23. Juli 2021, 13:10 Uhr

Flutkatastrophe in Deutschland – Extremwetterereignisse werden wegen des Klimawandels häufiger, sagen Expertinnen und Experten. Wie Wetter und Klimakrise zusammenspielen und warum die Erderwärmung eine Rolle bei Starkregen und Dürre in Deutschland spielt: das und mehr im ersten MDR Klima-Update.

Julia Heundorf
Bildrechte: MDR/Kevin Poweska

Liebe Abonnentinnen und Abonnenten,

herzlich willkommen zu unserem ersten Klima-Update. Einmal wöchentlich bieten wir Ihnen in Zukunft aktuelle und multimediale Informationen und Entwicklungen rund um den Klimawandel aus den Bereichen Wissenschaft, Politik und Wirtschaft.

Wir starten mit dem aktuell wichtigsten Thema – den Hochwassern der vergangenen Woche und ihrem Zusammenhang mit der Klimakrise. Für die Zukunft freuen wir uns auch auf Ihren Input: Schlagen Sie uns Themen vor, erzählen Sie Ihre Geschichte per Mail.

Der folgende Dialog aus dem MDR-Podcast "Das Interview" beschreibt kurz und treffend das Thema dieser ersten Klima-Update-Ausgabe und seine Relevanz.

  • Moderator: "Wenn es ein solches Extremereignis [wie das Hochwasser] gibt, ist dann tatsächlich der Klimawandel Schuld? Kann man das so sagen?" 
  • Klimaexperte Florian Imbery vom Deutschen Wetterdienst antwortet: "Ja, das ist so."

Warum es dennoch unklar ist, wie oder sogar ob diese jüngsten Hochwasser der letzten Woche konkret von der Klimakrise abhingen, erfahren Sie im Podcast und in diesem ersten Klima-Update. 

Das Klima-Update

Der Klimawandel ist die größte Herausforderung der Zeit – auch wenn sie wie viele andere Themen während der Corona-Pandemie in den Hintergrund gerückt ist. Mit unserem Klima-Update verfolgen wir aktuelle Entwicklungen und blicken auf zukunftsweisende Projekte.

Ihnen gefällt dieses Update? Empfehlen Sie es gern weiter. Wenn Sie in Zukunft das Klima-Update bequem und regelmäßig in Ihrem Mailpostfach erhalten wollen, können Sie sich kostenlos hier dafür anmelden.

Wie der Klimawandel und die Hochwasser-Katastrophe zusammenhängen

Dass es nun zu genau dieser Flut im Westen Deutschlands gekommen ist, weil die Erde generell wärmer wird, können Wissenschaftlerinnen oder Wissenschaftler nicht direkt nachweisen. Dass sich das Wetter mit dem Klima verändert, können sie dagegen durchaus belegen. Und auch, dass sich das Klima langsam – und nicht zu unseren Gunsten – ändert und diese Entwicklung in Zukunft öfter Extremwetter wie langanhaltende Starkregen oder Dürrezeiten mit sich bringen wird. Wie die Hochwasser mit dem Klimawandel zusammenhängen, hat der BR erklärt:

Mehr Feuchtigkeit in der Luft

  • Es regnet, wenn genug Feuchtigkeit in der Atmosphäre ist. Und das wird durch die globale Erwärmung begünstigt, sagt Stefan Rahmstorf vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung.
  • "Pro Grad Erwärmung kann die Luft sieben Prozent mehr Wasserdampf aufnehmen und dann auch abregnen", erklärt er.
  • Dass Extremniederschläge häufiger werden, während Tage mit schwachem Regen seltener werden würde, hätten Klimamodelle schon vor über 30 Jahren vorhergesagt.

Mehr Regen heute – weniger Regen morgen

  • Laut KIT-Forscherinnen und -Forschern enthielten die Luftmassen in der vergangenen Woche viel mehr Wasser als gewöhnlich. Statistisch gesehen kommt es demnach alle 40 Jahre mal vor, dass die Luft so feucht wird. Aber schon während des Elbehochwassers 2002 seien die Wassergehaltswerte der Luft überdurchschnittlich gewesen. Demnach hat es in den vergangenen 40 Jahren bereits zwei solche Extremereignisse gegeben.
  • Das Wasser in der Luft wird von der Erde aufgenommen: Je wärmer die Erde, desto mehr Wasser verdunstet. Italienische Forscherinnen und Forscher haben herausgefunden, dass es in Zukunft weniger Tage normal regnen wird.
  • Stattdessen wird es öfter stärkeren Regen innerhalb kürzerer Zeit geben. Und: Es wird weniger Tage mit normalem Regen geben. Es bleibt dafür länger trocken.* 

Die Regenwolken "stecken fest"

  • Wie das Wetter in Deutschland wird, wird unter anderem vom Jetstream beeinflusst.
  • Der Jetstream ist ein starker Höhenwind, beziehungsweise eine Strömung, der das Wetter "transportiert". Wenn sich die Landmassen und die Ozeane im Sommer auf der Nordhalbkugel nicht gleich schnell aufheizen, steckt der Jetstream quasi fest. Auch das Tief "Bernd", das den Starkregen letzte Woche nach Deutschland gebracht hat, wurde über Mitteleuropa festgehalten, "eingebettet in eine stark ausgelenkte Höhenströmung und festgehalten von stationären Hochdruckgebieten über dem Atlantik und Nordosteuropa", so der Wissenschaftler Christian Grams vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT).

* Trockene Böden begünstigen Sturzfluten und (zu) viel Wasser an der Erdoberfläche: Regen und auch starker Regen müssen zwar nicht unbedingt zu Sturzfluten und Hochwassern führen. Aber: Trockener Boden kann oft die Wassermassen nicht aufnehmen.

Der Wissenschaftler Richard Beisecker vom Umweltbundesamt in Dessau erklärte mir in einem Interview im vergangenen Jahr: "Trifft Starkregen auf ausgetrockneten Boden, fließt das Wasser häufig an der Oberfläche ab. Die trockene und verkrustete Bodenoberfläche kann das Regenwasser nicht aufnehmen. [ … ] Je weniger feucht der Boden von Anfang an ist und je weniger Humus er enthält, desto gefährlicher ist ein Starkregen für den Boden. In abschüssigen Gebieten können Sturzfluten und Überschwemmungen die Folge sein – obwohl die Böden noch nicht wassergesättigt sind." Selbst, wenn keine Hochwasser entstehen, ist das ein Problem für Landwirtinnen und Landwirte.

Das sagt die MDR-Meteorologin

Hat das Hochwasser was mit dem Klima zu tun? Auch MDR-Meteorologin Michaela Koschak antwortet bei MDR um 11 mit einem deutlichen Ja! Im Video erfahren Sie von ihr mehr über den Jetstream, der bestimmte Wetterlagen über längeren Zeitraum in einer Region festhält.

Der Klimawandel betrifft die ganze Welt, unabhängig von Grenzen oder Administrationen. Und er bringt eben nicht nur zeitweise zu viel Wasser, sondern auch zeitweise zu wenig.

Im MDR Klima-Update wollen wir einen besonderen Blick auf regionale Ereignisse, Auswirkungen und auch auf Lösungsansätze werfen. Schicken Sie uns deshalb gern Ihre Fragen und Themen für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. 

Heute blicken wir auf Sachsen, wo das jüngste Hochwasser enormen Schaden angerichtet hat, und auf Landwirte in Sachsen-Anhalt, denen Probleme mit Trockenheit und Dürre entstehen.

  • Die Sachschäden, die das Hochwasser in Sachsen hinterlassen hat, schätzt der Umweltminister Wolfram Günther (B'90/Grüne) auf Beträge in Millionenhöhe. Straßen, Brücken und Schienen seien beschädigt worden, Gebäude und Grundstücke. Im Video berichtet außerdem eine betroffene Gastronomin, wie es bei ihr weitergeht.

  • Die Agrargenossenschaft Bad Dürrenberg erprobt innovative Beregnungssysteme, die trotz zunehmender Hitze und Trockenheit im Zuge des Klimawandels die Landwirtschaft sichern sollen. Und: Wie macht sich der Klimawandel in der Landwirtschaft schon jetzt bemerkbar?

Kolumne: Der Klimawandel ist jetzt

Mein Kollege Leonard Schubert macht sich Gedanken über die Klimakrise – wie lange der Klimawandel schon bekannt und öffentlich Thema ist und wie schwer es fällt, große und kleine notwendige Veränderungen zu schaffen. Er zitiert den Soziologen Harald Welzer mit den Worten: "Wir sind am Arsch!"

Ihre Tipps und Erfahrungen


  • Ist Ihnen das Klima wichtig? Was tun Sie, um etwas zu verändern? Schreiben Sie uns Ihre Erfahrungen und Tipps an klima@mdr.de!
  • Welche Tipps haben Sie für mehr Nachhaltigkeit im Alltag? Wie gestalten Sie Ihren Konsum ökologischer? Erzählen Sie uns Ihre Geschichte zum Thema.
  • In zukünftigen Ausgaben möchten wir Ihre Ideen und Tipps für nachhaltigeres und ökologischeres Leben mit anderen Abonnentinnen und Abonnenten teilen. 
  • Meine Kolleginnen und Kollegen haben sich in der Vergangenheit auch schon umgehört, zum Beispiel bei der Nachhaltigkeitsunternehmerin Mimi Sewalski und in der Gärtnerei bei Hendrik Noßmann.

Nachhaltiger konsumieren

Mimi Sewalski ist Inhaberin eines Internetmarktplatzes für nachhaltige Produkte. Im Interview mit MDR SPUTNIK erzählt sie zum Beispiel, dass sie regelmäßig berechnet, wie viel CO2-Ausstoß sie verursacht und wie sie ihren "ökologischen Fußabdruck" verringert.

Permakultur in der Gärtnerei pflegen

In der Gärtnerei Wildwuchs in Fernbreitenbach in Thüringen wird nach dem Permakultur-Prinzip gearbeitet. Hendrik Noßmann und Aline Schreyer wollen so für fruchtbaren Boden und eine gesunde Ernte sorgen.

MDR Garten - Permakultur 4 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Zum Schluss

Ein Fußabdruck im Sand.
Im Internet können Sie Ihren "ökologischen Fußabdruck" errechnen. Bildrechte: Colourbox.de

Das war auch schon unser erstes Klima-Update. Wir wollen uns und dieses Format noch entwickeln und brauchen Ihre Hilfe: Schreiben Sie uns Ihr Feedback per E-Mail. Was hat Ihnen gut gefallen? Was wünschen Sie sich für zukünftige Ausgaben?

Das nächste MDR Klima-Update erhalten Sie in einer Woche, wieder am Freitag, von meinem Kollegen Clemens Haug von MDR WISSEN. Bis dahin können Sie ja selbst mal gucken, wie groß Ihr "ökologischer Fußabdruck" ist. Einen entsprechenden Rechner finden Sie von der Organisation "Brot für die Welt" hier. 

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende und freue mich auf Ihre Rückmeldungen. 

Ihre Julia Heundorf

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Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR um 11 | 19. Juli 2021 | 11:00 Uhr

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