Forschung in der Arktis Polarstern-Expedition: MOSAiC-Eisscholle verabschiedet sich mit großem Knall
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06. August 2020, 17:37 Uhr
Zehn Monate lang war sie so etwas wie die neue Heimat für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf dem Forschungsschiff "Polarstern": die Meereisscholle der Drift-Expedition MOSAiC. Im Herbst vergangenen Jahres hatte die "Polarstern" an der Eisscholle angedockt, um mit ihr gemeinsam die Arktis zu durchqueren. Und nun kam es, wie es kommen musste: Mit einem lauten Knall ist die Scholle nach genau 300 Tagen in viele Einzelteile zerbrochen. Ist die Riesen-Expedition damit also vorbei?
Das Forschungsteam der "Polarstern" hatte das perfekte Timing: Nur einen Tag nachdem sie ihr Forschungscamp auf der Eisscholle abgebaut hatten, ist diese in lauter Einzelteile zerbrochen. Aber das Ende der Scholle, mit der das Team der Expedition MOSAiC 1.700 Kilometer weit durch das Nordpolarmeer gedriftet ist, kam nicht überraschend: das Schmelzen war in vollem Gange. Zu manchen Geräten seien die Forschenden nur noch durch hüfthohe Wasserlöcher gekommen, erzählt der Leiter des Forschungsteams auf der "Polarstern" Markus Rex: "Deswegen sind wir auch nachts auf der Scholle unterwegs gewesen - hell ist es ja sowieso. Wir haben um vier Uhr morgens angefangen mit den Messungen, um zum einen den Tagesgang - den 24-Stunden-Zyklus - komplett beproben zu können und zum anderen auch mehr Messzeit zu haben."
Russischer Eisbrecher bringt neues Forschungsteam
Damit konnten sie den Lebenszyklus der Eisscholle bis zu ihrem Ende in der Framstraße östlich von Grönland begleiten. Aus dem Eis wird hier wieder Meerwasser. Und die "Polarstern" wird sich auf die letzte Etappe der Expedition begeben. Doch erstmal bringe ein russischer Eisbrecher ein neues Forschungsteam, erklärt Polarforscher Rex vom Alfred-Wegener-Institut: "Wir übernehmen neue Fracht und Versorgungsgüter und werden und voll aufgetankt. So haben wir alle Freiheiten für die letzte Phase der Expedition, den Teil im Jahreszyklus des arktischen Klimasystems, der noch fehlt: Das beginnende Frieren."
Corona und dickes Eis zwangen zum Umdisponieren
Auch Andreas Macke, der Leiter des Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung TROPOS in Leipzig, freut sich, dass die letzte Phase planmäßig starten kann. Eigentlich sollte er gerade selbst an Bord sein, doch daraus wurde nichts: Wegen der Corona-Pandemie und sehr dickem Eis musste die MOSAiC-Expedition umdisponieren. Dafür haben einige seiner Forschenden fleißig Daten gesammelt. Mit einem 90 Kubikmeter großen Fesselballon, der Messungen in bis zu 1.000 Metern Höhe machen kann, und einem sogenannten Lidar - also einer Art Laser-Wolken-Messgerät.
Wir wollen herausfinden, welche Rolle Aerosole und Wolken bei der starken Erwärmung der Arktis spielen. Also ob da vielleicht irgendein Wechselwirkungsmechanismus im Spiel ist, der über Wolken und Aerosole dafür sorgt, dass die Erwärmung so schnell abläuft, wie sie gerade abläuft.
Um das herauszufinden, haben die Forschenden, die bereits auf dem Forschungsschiff waren, ihre Messergebnisse auf Festplatten mit nach Leipzig gebracht. Hier werden die riesigen Datenmengen von mehreren Terrabyte ausgewertet. "Es ist schon sehr beeindruckend. Es gibt, glaube ich, niemand, der so eine komplette Zeitserie von Atmosphärenmessungen hat wie wir", sagt Macke.
Im Winter: Dreckige Luft aus Eurasien über der Arktis
Das TROPOS-Team hat bereits erste Erkenntnisse aus den Messdaten gewinnen können: Vor allem im Winter sammle sich in der Luft über der Arktis viel dreckige Luft aus Eurasien und Amerika. Insbesondere Partikel der vielen Waldbrände im vergangenen Jahr hätten sich dort angehäuft. Aber auch durch die Industrie verursachte Aerosole seien durchgängig zu finden gewesen.
Das war uns vorher nicht so klar, dass quasi die Arktis so durchgängig vom Menschen belastet ist. Das haben wir jetzt quasi erstmalig gesehen.
Bis sie den kompletten Jahreszyklus auswerten können, fehlt aber noch die letzte Expeditions-Phase. Dann wird das TROPOS nur noch Lidar-Messungen machen. Der Rest des Teams wird sich nämlich mit dem russischen Eisbrecher auf den Weg nach Hause machen.
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