Emil Jakobsen von SG Flensburg-Handewitt wirft den Ball auf das Tor von Berlins Torhüter Dejan Milosavljev
Emil Jakobsen von der SG Flensburg-Handewitt wirft den Ball auf das Tor von Berlins Torhüter Dejan Milosavljev. Bildrechte: IMAGO/Andreas Gora

Trainingswissenschaften Künstliche Intelligenz kann Handball-Tore vorhersagen

18. Juli 2022, 16:43 Uhr

Forscher der Uni Paderborn entwickelten in einem Projekt mit der SG Flensburg-Handewitt eine Künstliche Intelligenz, die Handball-Tore vorhersagen kann. Auch schufen sie Algorithmen, um Verletzungsrisiken zu minimieren und die Leistung von Athleten zu steigern.

Am Körper getragene Minicomputer – sogenannte Wearables – gehören im Leistungssport längst zur Grundausstattung. Die Geräte produzieren unendlich viele Daten und geben Aufschluss über Fitness und Beanspruchung der Sportler. Doch erst durch den Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) können die gewonnenen Datenmengen auch optimal genutzt werden. Bislang hält sich die Datenanalyse mittels KI im Leistungssport aber noch in Grenzen, auch wenn Schwergewichte des internationalen Profifußballs wie der FC Liverpool oder der FC Barcelona als Vorreiter agieren.

Verletzungsrisiken und Leistungsfaktoren

"Auch in der Handball-Bundesliga werden seit zwei Jahren Daten systematisch aufgezeichnet", erklärt Prof. Dr. Jochen Baumeister, Leiter der AG Trainings- und Neurowissenschaften an der Universität Paderborn. Doch von einer entsprechend umfangreichen Nutzung der gewonnenen Daten sei man bislang noch weit entfernt. Das Team von Baumeister und seinem Paderborner Kollegen, dem Wirtschaftsinformatiker Prof. Dr. Oliver Müller, hat nun zusammen mit dem Profihandball-Team der SG Flensburg-Handewitt – einem europäischen Spitzenklub – untersucht, wie der Einsatz von Algorithmen Verletzungsrisiken von Athleten minimieren und die Leistung der Sportler verbessern kann.

KI macht Leistung "quantifizierbar"

Zudem entwickelten die Paderborner Forscher eine Künstliche Intelligenz, die sogar Tore voraussagen kann! Damit werden, wie es der Flensburger Athletiktrainer Michael Döring beschreibt, "die individuellen Leistungen [der] Spieler quantifizierbar" gemacht. Doch wie funktioniert das? PIVOT, so der Name der KI, erkennt durch Sensoren, die alle 50 Millisekunden die Standorte der Spieler und des Balls aufzeichnen, eigenständig Bewegungsmuster. Anhand der gewonnenen Daten ist die KI in der Lage, vorherzusagen, wie wahrscheinlich es ist, dass innerhalb der nächsten Sekunden ein Tor fällt.

Torwahrscheinlichkeit in Echtzeit berechnet

"PIVOT erlaubt es, in Echtzeit die Wahrscheinlichkeit eines Tores oder Gegentores zu berechnen. Vergleicht man diese Wahrscheinlichkeit vor und nach einem bestimmten Spielzug, so kann man messen, wie gut – oder auch schlecht – dieser Spielzug und die damit verbundenen Entscheidungen der Spielerinnen und Spieler waren", erklärt Data Analytics-Experte Müller das Prinzip. Sein Paderborner Kollege Baumeister ergänzt: "Die Quantifizierung der Leistung ist eine gute Grundlage, um Zusammenhänge – wie etwa mit dem Nervensystem – zu untersuchen. Sie liefert wertvolle Einblicke in den Zustand und die Handlungen der Spieler."

Bisher nur ballführender Spieler im Fokus

Bisher hat das Paderborner Forscher-Team nur die Aktionen der ballführenden Spieler bewertet. Eine Ausweitung auf Spieler, die nicht im Ballbesitz sind, könnte laut Baumeister weitere Erkenntnisse liefern. Für jedes Szenario könnte zudem die Differenz zwischen der geschätzten bestmöglichen Aktion und der tatsächlich ausgeführten berechnet werden.

SG Flensburg-Handewitt-Trainer Maik Machulla sieht in den neuen Erkenntnissen zum "innovativen Umgang mit den Daten" jedenfalls ganz neue Möglichkeiten und eine gute Unterstützung im Trainings- und Spielalltag.

(dn)

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