Weltraumforschung Wussten Sie, dass der Mond rostet?
Hauptinhalt
13. Dezember 2020, 05:00 Uhr
Beim Thema Rost denkt man vielleicht an die Stoßstange am Auto, das Fahrrad oder im Haushalt an rostendes Besteck, aber eher weniger ans Weltall. Doch wer schon mal durch ein Fernrohr unseren Nachbarplaneten Mars beobachtet hat, dem wird aufgefallen sein, dass er nicht umsonst den Beinamen "roter Planet" trägt. Denn auch auf seiner Oberfläche rostet es. Und offenbar ist er nicht der einzige Himmelskörper der vor sich hin rostet: auch unser Mond ist betroffen.
Hell und schön steht unser Mond in vielen Nächten am Himmel. Mitunter wirkt er sogar strahlend weiß. Genau wie Millionen Menschen genießt auch der Planetenwissenschaftler Shuai Li in Honolulu diesen Anblick. Man kann sagen: Er kennt den Mond. Was hätte er wohl geantwortet, wenn ihm vor zehn Jahren jemand gesagt hätte "sein" Mond rostet?
Nein, das hätte niemand für möglich gehalten, auch nicht vor fünf Jahren. Nicht mal vergangenes Jahr hätten Experten es geglaubt, wenn man ihnen gesagt hätte, dass der Mond rostet.
Tja. Tut er aber. Und niemand hätte es gemerkt, hätte der Raumfahrtzwerg Indien nicht 2008 die Sonde Chandrayaan-1 zum Mond geschickt.
Ein mysteriöses Infrarot-Signal
Indiens Mondsonde hat ein Jahr lang die Pole des Mondes überflogen. Und auch zehn Jahre danach grübeln Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler noch über den gewonnenen Daten – unter ihnen auch Shuai Li von der University of Hawaii. "Unsere Augen können nur drei Farben sehen: Rot, Grün und Blau sowie alle möglichen Kombinationen dieser Farben", sagt er. "Eines der Spektrometer an Bord der Sonde kann jedoch noch Farben jenseits von Rot wahrnehmen."
In diesem Bereich des Lichts – im Infrarot – fanden wir ein Signal, das wir lange Zeit keinem Material auf der Mondoberfläche zuordnen konnten. Das hat mich solange umgetrieben, bis es mir einfiel: Es ähnelt einer Art von Rost, die wir Hämatit nennen.
Was ist Hämatit? Auf der Erde kennen wir das Mineral, das zu den Oxiden gehört, schon lange. Selbst unsere frühen Vorfahren nutzten es und malten damit in der Altsteinzeit ihre Höhlen aber auch ihre Körper an. Schon im alten Babylon und Ägypten wurde es als Schmuck verarbeitet. Es ist zusammen mit Ton und Kreide Bestandteil der Rötelsteine, die von Menschen auch auf dem Gebiet des heutigen Deutschland schon seit Jahrtausenden abgebaut werden.
Wir sehen in unseren Teleskopen und Ferngläsern zwar nicht, dass der Mond rostet, aber man kann es messen. Und so wurde den Wissenschaftlern der Mond auf einmal noch vertrauter. Denn er rostet wirklich. Allerdings: Bei uns auf der Erde kann etwas nur rosten, wenn chemische Reaktionen in Gang kommen, die Luft – also Sauerstoff – oder Wasser brauchen. Beides Zutaten, die es eigentlich nicht auf dem Mond geben dürfte. Oder doch?
Auf der uns zugewandten Seite des Mondes, gibt es viel mehr Hämatit als auf der erdabgewandten, der sogenannten dunklen Seite des Mondes. Das brachte mich zu der Überlegung, dass es eine direkte Verbindung zwischen der Erde und dem Mond geben könnte.
Denn die Erde verliert durch die Energie der Sonne immer mal wieder Sauerstoffatome. Sie zieht regelrecht einen Schweif aus Sauerstoffatomen hinter sich her. "Jeden Monat wandert der Mond durch diesen Schweif hindurch", sagt Li. Immer wenn Vollmond sei und der Mond sich demnach hinter der Erde befinde, stehe er mitten in ihrem Schweif. "Dann bekommt er all den Sauerstoff aus der Erdatmosphäre ab", erläutert der Forscher. "Der landet dann auf seiner Oberfläche."
Interplanetarer Staub erzeugt Wasser
So also gelangen Sauerstoffmoleküle von der Erde zum Mond und zwar fast ausschließlich auf die erdzugewandte Seite. Das würde eigentlich schon reichen, um auf der Mondoberfläche eine dünne Schicht aus Rost zu erzeugen. Aber zusätzlich kommt noch Wasser ins Spiel: Wasser, das aus Staub entsteht.
Wir nennen das interplanetaren Staub. Der könnte von überallher kommen, wahrscheinlich ist er noch von der Entstehung des Sonnensystems übriggeblieben. Diese Staubteilchen treffen mit einer so hohen Geschwindigkeit auf den Mond, dass sie Staub und Gestein auf der Oberfläche zum Schmelzen bringen.
Durch den Aufprall lösen sich im Mondstaub enthaltene Wassermoleküle. Sie reagieren mit Eisen. Das kommt nämlich ebenfalls im Mondstaub vor. Und mit Sauerstoff, Wasserstoff und Eisen sind alle Zutaten vorhanden, um der Mondoberfläche einen dünnen Überzeug aus Rost zu verleihen – eine Rostschicht, die kommende Astronauten auf dem Mond auch sehen dürften – zumindest dann, wenn sie keinen Helm auf dem Kopf hätten.
Die Oberfläche sollte an diesen Stellen rötlich aussehen. Aber Weltraumhelme haben einen Farbfilter. Gehen die Astronauten jedoch zu einer Stelle, wo der Boden wirklich stark rostet, sollten sie den Rost auch trotz ihrer Helme sehen können.
Und so hat die Erde also nicht nur mit dem Mars einen roten Nachbarplaneten, sondern auch einen – zumindest teilweise – roten Mond.
Link zur Studie
Die Studie "Widespread hematite at high latitudes of the Moon" können Sie hier als pdf lesen.
Not Found
The requested URL /api/v1/talk/includes/html/9a1554c3-99d3-46f1-95a4-06965dffe58c was not found on this server.