Ohne Narkose Zahnarzt: Mit Selbsthypnose schmerzfrei durch die Zahn-OP
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27. Juni 2021, 12:00 Uhr
Es gibt Menschen, die Narkosen nicht vertragen. Hypnose könnte für sie ein Weg sein. Der Hypnotherapeut Tomas Schöck hat sich ein Zahnimplantat unter Selbsthypnose einsetzen lassen. Den Schmerz konnte er dabei tatsächlich abschalten.
Tomas Schröck sitzt in seinem Hypnose-Studio in Leipzig und schaut verträumt. Seit Tagen schon bereitet er sich mental auf die Zahn-OP vor, bei der ihm in den unteren rechten Kiefer ein Implantat geschraubt werden soll. Der Hypnotherapeut verrät, dass er schon mit zarten 14 Jahren Autogenes Training probiert hat. Und nun, mit 45 Jahren, werde er dieses Experiment starten, auf eine Narkose verzichten und nur mit Hilfe von Selbsthypnose den Schmerz abschalten und die Blutung beeinflussen.
Selbsthypnose vorher trainiert
Was in ihm vorgeht beschreibt Schröck wie folgt: "Das Erste ist die Angst vor der OP. Das ist das Erste, was ich mir anschaue. Was sind die Bilder? Und was lösen die in mir für Gefühle, für Emotionen aus? Dann die Aufklärung des Arztes, der hat das hervorragend gemacht. Ich habe jetzt die Erwartungshaltung, dass es durchaus spürbar sein wird. Das weiß ich auch aus anderen Operation vom Zahnarzt. Die Wahrnehmung wird aber sehr gedämpft sein. Das Nächste, was ich tue, ist die Selbsthypnose, die ich immer wieder trainiert habe. Deswegen bin ich auch selber gerade ein bissel verbimmelt. Es ist für mich zum Beispiel so ein Gefühl, als würde ich nach unten durch mich durchsacken und würde dann so unterhalb des Stuhls mich befinden. Das ist dann der Moment, wo ich mental an einen Ort gehe, der mit der Zahnarztpraxis gar nichts mehr zu tun hat."
Positive Hypnose-Wirkung in Studien belegt
Die positive Wirkung von Hypnose ist auch in großen Studien gut belegt. So weiß man mittlerweile, dass erst auf einen Schmerzreiz die Informationen an das Gehirn weitergegeben wird: "Aua, das tut weh!" Wird dieser Reiz nicht wahrgenommen, gelangt die Informationen nicht zwingend ins Gehirn. Das erkennt man zum Beispiel an blauen Flecken, wenn man sich im Vorübergehen gestoßen hat, oder an blutigen Händen nach der Gartenarbeit. Im Fachjargon heißt das: Erleben ist das Ergebnis von Aufmerksamkeitsfokussierung.
Viele Nutzungebereiche
Hypnose und Hypnotherapie sei mittlerweile in sehr vielen Bereichen nutzbar, erklärt Hypnotherapeut Schröck. Die meisten Menschen würden Hypnose im Grunde genommen nur von der Bühne kennen: "So mit "schnipps" und dann gackert man wie ein Huhn." Das sei das, was der Laie im Grunde wisse. Einige, die ein bisschen besser informiert seien, würden schon mal nach Gewichtsreduktion oder Raucherentwöhnung fragen – also typische Verhaltensweisen, die ungeliebt sind und an denen man etwas ändern solle:
Die Wenigsten wissen aber auch, dass man sehr gut Ängste und psychosomatische Themen behandeln kann. Hypnose wird auch sehr intensiv mittlerweile in der Medizin angewendet, also direkt bei OPs.
An einen Bergsee geträumt
Und das trifft dann genau den Kern der Sache, um die es bei Schröcks eigener Zahn-OP geht. Der Hypnotherapeut hat sich die letzten Wochen immer wieder an einen Bergsee geträumt. In diesem eiskalten, klaren See steht er nun und genießt die Ruhe. Wichtig ist ihm dabei die Fokussierung auf die Füße. Die sind weit weg vom Mund. Derart mental vorbereitet macht er sich auf den Weg zum Zahnarzt.
Patient liegt wie unter Vollnarkose
In der Praxis des Implantologen Nico Lindemann geht alles ganz schnell, professionell und steril zu. Dem Patienten wird ein Blutdruckmessgerät angelegt. Eine Narkosespritze liegt für den Notfall bereit. Und los geht es. Während Lindemann und sein Team den Unterkiefer von Thomas Schröck erst freilegen, dann aufbohren und dann das Implantat setzen, liegt der Patient ganz still da – wie unter Vollnarkose. Er atmet mal ruhig und mal weniger ruhig. Eine konzentrierte Spannung liegt in der Luft. Und dann ist alles schon vorbei.
"Absolut untypische" Situation
Vor der OP war Zahnarzt Nico Lindemann sehr konzentriert und nicht gesprächsbereit. Nach der Operation spricht er kurz und beschreibt die "absolut untypische" Situation: "Es war sehr spannend. Ich meine, wir sind als Team natürlich immer im Kontakt mit dem Patienten und kontrollieren auch durch seine Reaktionen, ob sich vielleicht Schmerzen anbahnen, um das dann schnell kontrollieren zu können. Deswegen, wenn man mal beiseitelässt, dass man vorher nicht die Anästhesie gesetzt hat, sondern einfach nur seinen Job macht, dann ist es vielleicht ein bisschen aufregender als sonst."
Hypnotherapeut ist selbst überrascht
Schröcks Blutdruckwerte waren während der gesamten OP normal. Nur sein Puls war erwartungsgemäß etwas erhöht, allerdings keineswegs kritisch, wie Implantologe Lindemann sagt. Auch Schröck selbst ist überrascht vom Verlauf seines Selbstversuchs: "Also, ich habe natürlich Schweißhände. Also der Körper reagiert schon auf den Stress. Es ging ja darum, durchzuhalten. Und tatsächlich bin ich zwischendurch auch mal wieder rausgekommen. So, und ich habe dann versucht, habe überlegt, ob ich es wieder reguliert kriege. Und ich habe es aber dann ganz gut reguliert gekriegt. Das war gut."
Schmerz abgeschaltet, Blutung nicht
Den Schmerz konnte der Hypnotherapeut abschalten. Die Blutung zu beeinflussen, sei ihm aber noch nicht so gut gelungen. Das will er dann beim nächsten Mal probieren. Dieses erste Experiment der Selbsthypnose ist ihm jedenfalls gelungen. Und zufrieden verlässt der Patient die Zahnarztpraxis oder besser: Er schwebt in Urlaubsstimmung davon.
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