Landwirtschaft Hundekot kann zu Fehlgeburten bei Kühen führen
Hauptinhalt
16. März 2021, 12:50 Uhr
Hunde gehören nicht auf die Weiden und auf landwirtschaftliche Nutzflächen – davor warnen Landwirte und Bauern regelmäßig. Doch warum ist Hundekot für Rinder und Kühe so gefährlich? Übertragene Parasiten sind weltweit das größte Problem für Missbildungen und Fehlgeburten von Kälbern. Darüber sprach MDR WISSEN mit Professor Franz J. Conraths, Leiter des Instituts für Epidemiologie am Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit.
Warum kann Hundekot für Kühe gefährlich werden?
Hunde können über ihren Kot Krankheitserreger ausscheiden, die bei Rindern zu Problemen führen. Der wichtigste Erreger, den die Landwirte im Blick haben, hat den wissenschaftlichen Namen "Neospora Caninum". Das ist ein Parasit, für den der Hund der Endwirt ist. Mit ihrem Kot scheiden die Hunde diese Einzeller aus, mit denen sich Rinder und Kühe infizieren können. Hunde aus Privathaushalten, die auf der Weide gelegentlich ihr Geschäft verrichten, stellen jedoch ein geringeres Risiko dar, als Hofhunde aus landwirtschaftlichen Betrieben, in denen selbst Rinder gehalten werden.
Warum sind diese Hofhunde gefährlicher als die Stadt-Hunde?
Hofhunde fressen öfter Fleisch, das von Rindern stammt. Dieses kann bereits Parasiten enthalten und ist damit für Hunde ansteckend.
Hofhunde essen parasitäres Rindfleisch?
Ja, das kann möglich sein. Es ist nicht unüblich, dass Hunde von landwirtschaftlichen Höfen Nachgeburten fressen. Wenn ein Kalb nicht mehr lebendig zur Welt kommt, dann fressen sie das auch und stecken sich damit an. Hunde aus normalen Privathaushalten hingegen bekommen sehr selten rohes Rindfleisch. Manche Leute machen das trotzdem. Von daher gibt es da so ein gewisses Risiko. Doch die meisten Stadt-Hunde oder Hunde aus Privathaushalten bekommen Futter aus der Dose, das risikoärmer ist.
Wenn Hunde ohne Rindfleisch ernährt werden, sind sie also nicht gefährlich?
Genau. Wenn Hunde nur mit Dosenfutter ernährt werden, stellen sie kein Risiko für die Übertragung der Parasiten dar. Natürlich gibt es auch andere Keime, die unter Umständen Probleme machen könnten, wie zum Beispiel Salmonellen. Auch sie können durch Hundekot übertragen werden.
Wie gefährlich ist der Parasit "Neospora Caninum" für Kühe?
Wenn Kühe mit dem Parasiten infiziert sind, können ihre Kälber vor der Geburt absterben oder auch infiziert geboren werden und die Krankheit so weitergeben. Der Parasit "Neospora Caninum" ist weltweit der Hauptgrund für Fehlgeburten bei Kühen.
Wie oft passiert das in Deutschland?
Weil die Infektion mit diesem Krankheitserreger keine anzeigepflichtige Tierseuche oder meldepflichtige Tierkrankheit ist, gibt es keine Zahlen. Deshalb kann man da nur grobe Schätzungen abgeben. Fest steht: Der Parasit ist eine der hauptsächlichen Gründe dafür, dass Kühe ihre Kälber verlieren. Doch nicht alle Infektionen sind auf Hunde zurückzuführen. Die Kühe können ihre Kälber auch selbst anstecken, so lange diese in ihrer Gebärmutter sind. Ein Teil der Kälber kommt dann nicht mehr lebendig zur Welt, stirbt also vor der Geburt. Ein anderer, wahrscheinlich der erheblich größere Teil, wird erst einmal normal geboren, ist aber mit diesen Parasiten schon infiziert. Die Hunde sind nicht allein Schuld an der Situation.
Wie hoch ist der Anteil der Infektionen, die durch Hundekot verursacht sind?
Das lässt sich schwer sagen und hängt viel von örtlichen Verhältnissen ab. Der Hauptanteil der Infekte wird allein zwischen Kühen und Kälbern übertragen. Doch für bislang nicht infizierte Herden, ist der Eintrag durch den Hund ein besonderes Risiko. Werden sie durch Hundekot mit dem Parasiten konfrontiert, ist die Wahrscheinlichkeit, dass tragende Kühe abortieren – also ihre Kälber verlieren – sehr groß. Das ist sicher auch der Grund, warum viele Landwirte sagen "meine Weide ist meine Weide – und ich möchte nicht, dass die Hunde anderer Leute dort ihr Geschäft verrichten".
Es handelt sich also nicht nur um eine kleine Befindlichkeit?
Nein! Der Parasit "Neospora Caninum" ist in der Rinderhaltung ein erhebliches Problem.
Können diese Parasiten auch anderen Tieren wie Schafen, Ziegen oder Pferden schaden?
Die Infektion ist auch bei Schafen und Ziegen bekannt. Allerdings streiten sich hier die Forscher noch darüber, welche Bedeutung der Parasit bei Fehlgeburten bei diesen Tieren hat. Bei den Pferden gibt es einen eng verwandten Parasiten, doch "Neospora Caninum" spielt hier keine Rolle.
Ab welcher Menge wird Hundekot gefährlich?
Wir haben versucht, eine Modellrechnung zu machen, die allerdings mit vielen Annahmen operiert. Unser Ergebnis: Ein Hund müsste 108 Tage lang jeden Tag sein Geschäft auf einer Weide verrichten und dabei Kot ausscheiden, um eine Fehlgeburt bei Kühen auszulösen. Das gilt für Hunde aus Privathaushalten. Bei Hofhunden, die in landwirtschaftlichen Betrieben gehalten werden, ist das Risiko erheblich höher.
Ist Hundekot auch eine Gefahr für landwirtschaftliche Nutzflächen?
Über frisches Gras kann dieser Parasit auch in den Kuhstall getragen werden. Doch das Risiko ist natürlich noch größer, wenn Rinder selbst auf der Weide stehen und dieser Infektion ganz frisch ausgesetzt sind.
Das sagt der Freistaat Sachsen zu Hundekot auf Weideflächen "Hundekot hat auf Flächen, von denen Futter- oder Lebensmittel gewonnen werden, nichts zu suchen", erklärte das Sozialministerium Sachsen (SMS) auf Anfrage von MDR WISSEN. Kot sei nicht keimfrei. Im Einzelfall könne der Hundekot "Erreger enthalten, die Kühe direkt krank machen können, andererseits bei Eintrag in das Futter von Kühen auch dazu beitragen, dass die Futterqualität vermindert und dadurch die Kühe krank werden". Das SMS erklärte: "Durch Hundekot können Krankheitserreger übertragen und im Einzelfall Fehlgeburten der Kühe riskiert werden". Dabei handle es sich meist um den Erreger "Neospora caninum".
Das sagt Sachsen-Anhalt zu Hundekot auf Weideflächen Das Umweltministerium Sachsen-Anhalt verweist auf die Relation zwischen den Kotmengen und dem Risiko für Aborte bei Kälbern. "Aufgrund der in den Rinderhaltungsregionen der Bundesrepublik bekannten Hundedichten wird davon ausgegangen, dass solche Begehungsintensitäten durch Hunde auf Grünlandarealen in der Regel nicht erreicht werden", hieß es aus dem Ministerium auf Anfrage von MDR WISSEN. "Als Präventionsmaßnahmen hinsichtlich N. caninum-assoziierter Aborte in Rinderbeständen sind daher die Unterbindung des Zuganges von Hunden, insbesondere von Hofhunden, zum Stall und den Futterlagerplätzen sowie die Vermeidung des Zukaufs infizierter Rinder wirksamer, als die Verhinderung des Zugangs von Hunden auf Grünlandareale."
Not Found
The requested URL /api/v1/talk/includes/html/df7edef5-42ef-4975-8bf0-39e0a37e3cec was not found on this server.