Adenovirus unter dem Elektronenmikroskop
Adenoviren sind wohl nicht die Ursache der ungeklärten Hepatitis-Fälle bei Kindern, spielen aber dennoch eine Rolle. Bildrechte: IMAGO/UIG

Leberentzündung Mysteriöse Hepatitis-Fälle bei Kindern wohl doch nicht durch Covid-19 verursacht

27. Juli 2022, 14:38 Uhr

Im Frühling sahen Kliniken mehrerer Länder eine ungewöhnliche Häufung schwerer Hepatitis-Fälle bei Kindern. Deren Ursache war rätselhaft, Corona eine Möglichkeit. Nun deuten zwei neue Studien auf ein anderes Virus hin.

Anfang 2022 stellten zunächst Kinderärzte in Großbritannien fest, dass ungewöhnlich viele Kinder an schweren Leberentzündungen (Hepatitis) erkrankten, ohne dass die dafür normalerweise ursächlichen Viren bei den Patientinnen und Patienten nachgewiesen werden konnten. Inzwischen zählt die Weltgesundheitsorganisation WHO über 1.010 Verdachtsfälle in 35 Ländern, mindestens 22 Kinder sind an der Krankheit gestorben.

Hat Corona die schweren Hepatitis-Fälle ausgelöst? Dieser Verdacht stand im Raum, unter anderem weil von Covid-19 genesene Kinder auffällige Leberwerte zeigten. Nun deuten zwei noch nicht begutachtete, voneinander unabhängige Studien aus Großbritannien allerdings auf eine andere Ursache hin: Eine Infektion mit einem Adeno-Assoziierten Virus 2 (AAV2).

AAV2 kann sich in der DNA der Zelle auf die Lauer legen

Mediziner im Vereinigten Königreich (UK) zählen insgesamt 272 Hepatitis-Fälle mit bislang ungeklärter Ursache. Die beiden Forscherteams haben 25 betroffene Kinder näher untersucht und fanden dabei Spuren von AAV2 im Blut und in den Leberzellen. In einer Kontrollgruppe aus entweder vollständig gesunden Kindern oder solchen, die an einer Adenovirusinfektion erkrankt waren, aber keine Hepatitis entwickelt hatten, konnten die Mediziner das Virus nicht nachweisen.

AAV2 galt bislang als unverdächtig, schwerwiegende Komplikationen auszulösen. Es ist ein sogenanntes abhängiges Virus. Um sich vermehren zu können, benötigt AAV2 die gleichzeitige Anwesenheit von Adenoviren in einer infizierten Zelle, da ein bestimmtes Viruseiweiß für die Vermehrung benötigt wird. Dafür kann sich AAV2 lange Zeit in einer Zelle einnisten, indem es seine Erbinformation in die DNA der Zelle überträgt. Aktiv wird es dann erst, wenn es zur Co-Infektionen mit einem Adenovirus kommt (das selbst zu den bei Kindern häufig vorkommenden Erkältungsviren zählt).

Führten die Lockerungen der Corona-Maßnahmen zu einer Virusflut bei Kindern?

Die Forscher vermuten, dass AAV2 die Leberentzündungen nicht direkt verursacht hat, sondern dass eine überschießende Immunreaktion dafür verantwortlich ist. Bei ihren Proben konnten die Teams im Gewebe der Leber keine Viren oder Viruseiweiße finden, sondern lediglich genetisches Material des Erregers. Zudem hatten einige der Kinder ein bestimmtes Gen namens HLA, das unter Verdacht steht, mit bestimmten Autoimmunkrankheiten verbunden zu sein. Einige der Kinder mit HLA hatten lange vor der Hepatitis bereits andere Magen-Darm-Krankheiten gehabt.

Laut Emma Thomson von der University of Glasgow, die eine der beiden Studien geleitet hat, könnte Corona indirekt mit den Fällen zu tun haben. So könnten zunächst Maßnahmen wie Schulschließungen und Maskenpflichten in Verbindung mit der anschließenden Lockerung dafür gesorgt haben, dass die Kinder vielen Viren plötzlich gleichzeitig ausgesetzt waren, was in einigen Fällen zur Überreaktion ihres Immunsystems beigetragen haben könnte.

Podcast Kekulés Gesundheits-Kompass 54 min
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