Eine Frau arbeitet in einem Labor
Frauen, die Studien leiten: Nach einer US-Studie selten im Bereich Herz-Kreislauf Bildrechte: imago images/Westend61

Gendermedizin Forschung ohne Frauen macht Medizin für Männer

28. Februar 2022, 20:00 Uhr

In der Medizin galt lange Zeit der Mann als allgemeingültiges Muster des Menschen. Nur langsam sickert die Erkenntnis auch in die Forschung, dass Frauenkörper keine Miniatur-Männer sind.

Die Forschung zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen krankt nach wie vor an einem Ungleichgewicht der Geschlechter. Eine US-Studie zeigt das jetzt anhand verschiedener Parameter auf.

So wurden beispielsweise in den vergangenen vier Jahren nur 10,1 Prozent der Studien zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen von Frauen geleitet. Ein Ungleichgewicht, dass sich der Untersuchung zufolge auch mit dem Geschlechterverhältnis von Vortragenden auf wissenschaftlichen Tagungen deckt. Aber warum ist das eigentlich so problematisch? Studienautorin und Herzspezialistin Mary Norine Walsh vom St. Vincent Herzzentrum in Indianapolis spricht von einem zyklisch auftretenden Phänomen: "Ein Mangel an Frauen in Führungspositionen bei klinischen Studien führt dazu, dass weniger Frauen an den Studien teilnehmen. Je weniger Frauen an Studien teilnehmen, desto weniger ist gewährleistet, dass Medikamente und andere Therapien für alle sicher und wirksam sind."

Wie macht man Forschung weitsichtiger?

Aber welche Mechanismen greifen, wie lässt sich Geschlechterparität in der Medizinforschung anschieben, an welchen Stellen müssen welche Stellschrauben gedreht, wann welche Weichen anders gestellt werden? Das fängt Walsh zufolge beispielsweise mit gezieltem Mentoring zu Karrierebeginn an und erfordert Programme, die Wissen über die Struktur der Ausschüsse für klinische Studien vermitteln. So könne frühzeitig Personal aus bislang nicht repräsentierten Bevölkerungsteilen entwickelt werden, die Studien leiteten oder prüften.

Forschungsgeld nur für breit aufgestellte Studien

Allerdings müssten auch die Weichen anders gestellt werden, damit das Geld in medizinische Forschung und Entwicklungen fließt, die beiden Geschlechtern gerecht wird. Weiterhin fordert Walsh, dass Institutionen, die das Geld für klinische Forschungen bereitstellen, auf eine vielfältige Zusammensetzung des Lenkungsausschusses von Studien achten. Wer klinische Studien prüfe, müsse sowohl geografische und institutionelle Vielfalt sowie die Vielfalt der Prüfzentren berücksichtigen. Frauen müssten ermutigt werden, als Hauptprüferinnen zu fungieren. Die informelle oder formelle Hackordnung in der Leitung kardiovaskulärer Studien müsse überarbeitet werden, fordert die Wissenschaftlerin.

Links/Studien

Die Studie wurde im Journal of the American College of Cardiology veröffentlicht. Sie lesen Sie hier im Original.

(lfw)

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