Paläontologie Geiseltal: Sex im Wasser erklärt rätselhaftes Froschsterben
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06. Juli 2022, 17:10 Uhr
Fossilien kompletter, unverletzter Frösche aus dem Geiseltal von vor 45 Millionen Jahren stellten die Wissenschaft bislang vor ein Rätsel: War ein Sumpf ausgetrocknet? Änderte sich der Sauerstoffgehalt im Wasser? Forscher sagen jetzt: Sie ertranken beim Sex.
Sex im Wasser ist schon seit Millionen Jahren lebensgefährlich, jedenfalls wenn man ein Frosch und noch dazu ein Weibchen ist. Eine Forschungsgruppe der Uni Halle-Wittenberg und des irischen University College in Cork hat 168 Frosch-Fossilien aus dem Geiseltal erneut untersucht und herausgefunden, warum die Frösche erstaunlich unversehrt erhalten sind. Bislang erklärte man sich den Tod hunderter Exemplare von vor etwa 45 Millionen Jahren aus der Geiseltal-Region damit, dass die Frösche verendeten, weil ein Sumpfgebiet austrocknete oder weil sich der Sauerstoffgehalt im Wasser verändert hatte.
Allerdings zeigen die Frosch-Fossilien keine Hinweise auf solche Szenarien, wie Studien-Autor Daniel Falk sagt: "Soweit wir wissen, waren die fossilen Frösche gesund, als sie starben. Die Knochen weisen keine Spuren von Raubtieren oder Aasfressern auf. Es gibt auch keine Hinweise darauf, dass sie bei Überschwemmungen angeschwemmt wurden oder starben, weil der Sumpf austrocknete." Zudem handelte es sich Falk zufolge bei den meisten fossilen Fröschen aus dem Geiseltal um Arten, die an Land lebten und nur zur Begattung und Eiablage ins Wasser gehen. "Somit ist nach dem Ausschlussverfahren die einzig sinnvolle Erklärung, dass sie während der Paarung gestorben sind", sagt Forscher Falk.
Soweit wir wissen, waren die fossilen Frösche gesund, als sie starben.
Damals wie heute gefährlich: Frosch-Sex im Wasser
Und dabei ging und geht es damals wie heute ziemlich rau zu. Die 'begattungswütigen' Männchen umklammern nämlich in ihrer Lust-Phase alles, was nicht bei drei auf einem Baum ist. Oder wie es der Forscher erklärt: "Dabei kommt es zu einem sogenannten 'Mating Ball', die Männchen springen auf ein Weibchen, umklammern dieses oder auch andere Männchen in einem Klammergriff. Das Weibchen ist darin quasi gefangen." Und dann sinkt der "Mating Ball", also das "Froschknäuel" im Wasser nach unten, wo dann manche Frösche ertrinken. "Es sind vornehmlich die Weibchen." So kennt es die Forschung heute. Die Umklammerung des Weibchens beim Paarungs-Akt heißt in der Fachwelt Amplexus und kann je nach Art Sekunden bis Tage dauern, weiß Paläontologe Falk. Frösche können ohnehin bis zu einigen Stunden unter Wasser sein. Die Dauer wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst, wie viel Bewegung bei welchen Temperaturen zum Beispiel. Kräftezehrende Aktivitäten verringern die Zeit unter Wasser.
Aber kann man an den Fossilien Männchen und Weibchen unterscheiden? Nein, sagt der Forscher, die Merkmale dafür seien im Skelett nicht klar genug zu unterscheiden und es war auch nicht das Ziel der Studie, das zu untersuchen.
Das Phänomen der intakten Frosch-Fossilien beschränkt sich der Studie zufolge nicht nur auf das Geiseltal im heutigen Sachsen-Anhalt. Fossile Frösche von anderen Fundorten weisen diese Merkmale ebenfalls aus. Und wenn wir einen körperlich unversehrten toten Frosch im Wasser finden, ist es also denkbar, dass wir das Zeugnis einer wilden Frosch-Sex-Rangelei im Wasser vor uns haben.
Links/Studien
Hier finden Sie die Studie im Original.
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