Mobilität Forschende zum 49-Euro-Ticket: Durchwachsenes Konzept, Preis zu hoch
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09. Februar 2023, 15:25 Uhr
Die kommende bundesdeutsche Bus-und-Bahn-Flatrate (49-Euro-Ticket) ist ein entschiedener Schritt, aber allenfalls ein Anfang. Diese Stimmung zeichnet eine Stichprobenbild des Science Media Centers unter Forschenden im Bereich Mobilität und Wirtschaft.
Es sei damit "ein wichtiger Schritt unternommen, die komplizierten Tarifsysteme und Gültigkeitsbereiche zu überwinden und eine einheitliche und regionenübergreifende Lösung entgegenzusetzen", kommentiert der Wirtschaftsverkehrsforscher Gernot Liedtke von der TU Berlin. Insgesamt sei das geplante Abo-Modell aber zu unflexibel und der Preis zu hoch: "Unsere Forschungen haben ergeben, dass 29 Euro für einen Monat ein Preis wäre, bei dem die allermeisten Verkäufe zu erwarten wären", so Andreas Knie, Mobilitätsforscher am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung. Ein großer Durchbruch sei deshalb nicht zu erwarten. "Sollte sich ein 29-Euro-Ticket durchsetzen, das nicht nur den ÖPNV, sondern auch den Fernverkehr und zusätzlich noch ein Anrufsammeltaxi für die letzte Meile beinhaltet, dann könnten rund ein Drittel der jetzigen Autofahrten auf den öffentlichen Verkehr verlagert werden."
Insgesamt sei es schwierig, Aussagen zur Klimawirkung des Tickets zu treffen. "Wir gehen nicht davon aus, dass diese Maßnahme alleine beträchtliche Mengen an CO2 verringert", erklärt Mark Andor vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung. Die Gruppe, für die das Ticket attraktiv ist, sei zu klein. Gleichzeitig bietet das Ticket allerdings mehr Sicherheit in der Mobilitätsplanung als das Neun-Euro-Ticket.
Neben der positiven Vereinfachung des Tarifsystems müsse jetzt aber ein attraktiver ÖPNV-Ausbau kommen, gerade in ländlichen Regionen. Andreas Knie bewertet die aktuelle ÖPNV-Struktur in Deutschland als "im Kern eine Resterampe – erdacht für Menschen, die keinen Führerschein haben." Mark Andor zweifelt generell an der Sinnhaftigkeit von Flatrate-Tickets: "Wir werden in Kürze einen Vorschlag für ein Gesamtkonzept der Bepreisung des ÖPNV, aber auch des Autofahrens vorstellen." Er betont zudem, dass die „Privilegien der Autonutzung reduziert werden müssen, wenn eine stärkere Verkehrsverlagerung wirklich erreicht werden soll." Hier kämen eine Vielzahl von Maßnahmen in Frage, etwa die Einführung einer Städtemaut, "die auch ‚sozial gerecht‘ ausgestaltet werden kann."