Covid-19 Mögliche Wege zur Super-Immunität: Impfabstand, kombinierte Impfstoffe und Infektion

19. Oktober 2021, 17:54 Uhr

Warum verursacht Delta bei einigen Geimpften Durchbruchsinfektion, bei anderen aber nicht? Und woher haben einige Menschen Superantikörper gegen alle möglichen Varianten? Neue Studien zeigen mögliche Wege zur Superimmunität.

  • Nicht mehr, sondern weniger Impfstoff pro Dosis kann die Wirkung erhöhen.

  • Noch wirksamer gegen Covid-19 ist die Kombination verschiedener Impfstoffe.

  • Die stärkste Immunität entsteht nach durchgemachter Erkrankung plus Impfung.

Es ist knapp ein Jahr her, da gab ein Befund aus der klinischen Phase-3-Studie am Astrazeneca-Impfstoff vielen Experten Rätsel auf. Wegen eines Fehlers hatte ein Teil der Versuchsteilnehmer bei der ersten Impfung nur die Hälfte der Menge Impfstoff bekommen, die eigentlich vorgesehen war. Doch anschließend erkrankte diese Gruppe viel seltener an Covid-19, als die übrigen Versuchsteilnehmer. Hinterher erklärten sich viele Forscher dieses Phänomen damit, dass es der längere Abstand zwischen den beiden Impfdosen gewesen sei, der den auf Vektorviren basierenden Impfstoff wirksamer gemacht habe.

Doch eine neue Studie von Sarah Sanchez und Kollegen von der Universität Chicago legt nun den Schluss nahe, dass doch auch die niedrigere Menge eine Rolle gespielt haben könnte. Und auch ein paar weitere neue Studien zeigen, dass möglicherweise eine Veränderung einiger Impfschemas zu einer deutlich stärkeren Immunität gegen Sars-CoV-2 führen könnte, die stabiler gegen Virusmutationen wie Delta oder Delta Plus sein könnte.

Vektorimpfstoff: Um Faktor 1.000 reduzierte erste Impfdosis bringt viel bessere Ergebnisse

Sanchez und ihr Team hatten zwei Vektorimpfstoffe an Versuchsmäusen getestet, die wie Astrazeneca auf genetisch veränderten Adenoviren basierten. Während eine Gruppe von Tieren zwei normale Impfdosen im Abstand von vier Wochen erhielt, wurde bei einer Vergleichsgruppe die Menge Impfstoff der ersten Dosis um etwa das Tausendfache reduziert. Die Mäuse mit der "sanften" ersten Dosis bildeten anschließend deutlich stärkere T-Zell-Antworten und Antikörper gegen das Virus aus. Obendrein hätten die T-Zellen einen deutlich besseren "Gedächtnis-Effekt" gegen das Virus gehabt.

Gut möglich also, dass die Reduktion der ersten Impfdosis auch bei Menschen einen deutlich besseren Impfeffekt bringen könnte. Neben Astrazeneca basieren auch die Covid-Impfstoffe Sputnik V (Russland), CanSino Biotech (China) und Johnson & Johnson (USA) auf der Vektortechnologie. Johnson & Johnson wird aktuell allerdings nur in einer Impfdosis verabreicht, hier müsste das Impfschema noch grundlegender verändert werden.

Mix and Match: Heterologes Impfschema überlegen

Gesundheitsdaten aus Schweden wiederum belegen noch einmal den starken Effekt einer Kombination verschiedener Impfstoffe. Peter Nordström und Kollegen von der Umeå Universität werteten dazu die Daten von rund 700.000 Personen aus, die durch den nationalen Gesundheitsdienst von Schweden erhoben worden waren.

Hier zeigte sich: Wer zunächst mit dem Vektorimpfstoff von Astrazeneca geimpft worden war und dann eine zweite Dosis mit dem mRNA-Impfstoff von Biontech/Pfizer bekam, hatte ein 67 Prozent geringeres Risiko, symptomatisch an einer Covid-19 zu erkranken als eine gänzlich ungeimpfte Person. Bei der Kombination von Astrazeneca mit dem mRNA-Impfstoff von moderna stieg der Schutz sogar auf 79 Prozent. Wer hingegen zwei Dosen Astrazeneca bekam, hatte nur ein 50 Prozent niedrigeres Risiko auf Erkrankung, als ein Ungeimpfter.

Reifung der B-Zellen könnte Schlüssel zur Superimmunität sein

Den mit Abstand besten Immunschutz wiederum fand eine dritte Studie bei Menschen, die zunächst eine Infektion durchgemacht und anschließend eine Dosis mRNA-Impfstoff erhalten hatten. Fabian Schmidt und Yiska Weisblum hatten in ihrem Labor der Rockefeller Universität in New York künstliche Viren hergestellt, die zwar keine Krankheit auslösen konnten, deren Spikeprotein aber praktisch allen bekannten Antikörpern ausweichen konnte. Nur die Antikörper von Menschen, die die Infektion durchgemacht hatten und geimpft worden waren, wurden auch mit diesem "Supervirus" fertig. Schmidt und Weisblum sprechen daher von hybrider Immunität.

Diese "Superimmunität" nur mit Hilfe einer Impfung herzustellen, ist nun das Ziel weiterer Forschungsteams. Einige Studien, über die nature und Spektrum.de berichten, legen dabei den Schluss nahe, dass die Reifung der sogenannten B-Gedächtniszellen eine entscheidende Rolle spielen könnte. Diese B-Zellen stellen neue Antikörper her, wenn eine immune Person nach längerer Zeit erneut mit einem Virus konfrontiert wird. Haben die B-Zellen mehr Zeit zu reifen, beginnen sie offenbar Antikörper herzustellen, die auch gegen Varianten wie Delta oder Delta plus wirksamer sind. Neben einer natürlich durchgemachten Infektion könnte auch ein längerer Abstand zwischen den beiden Impfdosen oder eine dritte Impfdosis diese Reifung fördern.

(ens)

Quellen

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