leere Straßen in London
Leere Straße im Londoner Regierungsbezirk: Auch in Grobritannien sorgen Ausgangsbeschränkungen für leere Straßen. Bildrechte: imago images/Xinhua

Studie zu Corona-Todeszahlen Stimmen die Zahlen möglicher Corona-Todesopfer?

27. März 2020, 20:13 Uhr

Vergangene Woche erregte eine Modellstudie Aufsehen, die die Zahl möglicher Todesopfer durch das neue Cornavirus allein für die USA auf 2,2 Millionen schätzte. War das zu hoch gegriffen? Nein, sagen die Forscher, und legen mit einer neuen Studie nach.

Über diese Studie wird aktuell heftig diskutiert: Vergangene Woche legten Forscher um Neil Ferguson vom Imperial College in London Berechnungen vor, wonach in den USA bis zu 2,2 Millionen Menschen und 500.000 in Großbritannien an den Folgen der Lungenkrankheit Covid-19 sterben könnten, wenn die Politik keine Gegenmaßnahmen ergreift.

Ferguson: Soziale Distanzierung rettet zahlreiche Leben

Jetzt aber zeigt sich, dass insgesamt weniger Menschen sterben, als die Wissenschaftler berechnet haben. Ferguson selbst schätzt, dass in Großbritannien nur noch 20.000 Menschen an einer Infektion mit dem neuartigen Coronavirus Sars-CoV-2 sterben werden.

Lag er mit einer Studie also falsch? Nein, antwortet er selbst bei twitter. Dass die Zahlen jetzt niedriger sind, liege daran, dass die Maßnahmen zur sozialen Distanzierung tatsächlich funktionieren. Ohne sie würden weitaus mehr Menschen an Corona sterben.

Ohne Gegenmaßnahmen 7 Milliarden Infizierte und 40 Millionen Todesopfer

Fergusons Forschergruppe legt zugleich mit einer neuen Studie nach. Unter der Leitung von Patrick Walker haben die Wissenschaftler Modellrechnungen angestellt, um die Gesundheitsfolgen für 202 Länder abzuschätzen. Grundlage der Berechnungen sind Daten aus China und anderen Ländern, die aktuell mit der Krise konfrontiert sind. Auf dieser Basis schätzen die Forscher, dass sich ohne Gegenmaßnahmen bis zu sieben Milliarden Menschen noch in diesem Jahr mit Corona anstecken könnten. Die Zahl der Todesopfer weltweit schätzen die Wissenschaftler für diesen Fall auf 40 Millionen.

Diese Zahl ließe sich laut den Berechnungen bereits auf die Hälfte reduzieren, wenn etwa besonders gefährdete Gruppen abgeschirmt würden. Sie müssten ihre Sozialkontakte um etwa 60 Prozent reduzieren. Zudem müsste die übrige Bevölkerung auf etwa 40 Prozent ihrer Sozialkontakte verzichten, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen.

Konzentration auf sensible Gruppen reicht nicht

In diesem Szenario wären die nationalen Gesundheitssysteme dennoch ziemlich schnell überlastet. In reichen Ländern würde die Nachfrage nach intensivmedizinischen Plätzen das Angebot um das Siebenfache übersteigen. In ärmeren Ländern wäre der Bedarf sogar 25 Mal so hoch wie die vorhandenen Kapazitäten.

Tatsächlich sei der beste Weg gegen das Virus der der jetzt in zahlreichen Ländern in Kraft gesetzten drastischen Maßnahmen. Dazu gehören neben den starken Ausgangsbeschränkungen und sozialer Distanzierung auch umfangreiche Testkapazitäten sowie konsequentes Aufspüren und Isolieren von Betroffenen und Verdachtsfällen. Würden diese Maßnahmen sehr früh in Kraft gesetzt, könnten abhängig von der Sterberate zu Beginn zwischen 30 und 38 Millionen Menschenleben weltweit gerettet werden.

Keine Rücksicht auf wirtschaftliche und soziale Kosten

Allerdings räumen die Forscher ein, in ihrem Modell nicht die sozialen und ökonomischen Folgen dieser Maßnahmen kalkuliert zu haben. Diese könnten durchaus hoch sein, schreiben sie, auch, weil einzelne Teile davon in Kraft bleiben müssten, bis ein Impfstoff massenweise zur Verfügung stehe.

(ens)