Ein Laptop auf einem Tisch, Artikel aufgerufen mit Überschrift "Der Corona-Schwindel", Kaffeetasse, dunkle Farben, unscharfer Hintergrund.
Wie wirkt Corona-Berichterstattung auf die Rezipienten vorm Bildschirm? Und was können Medien daraus lernen? Bildrechte: MDR

Covid-19 Corona in den sozialen Netzwerken: Negative Folgen für Sender und Empfänger

13. Oktober 2021, 20:00 Uhr

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind verstärkt Hass und Bedrohungen ausgesetzt, wenn sie über Covid-19 sprechen. Und das Publikum kann bei solchen Themen schnell in einen psychischen Negativ-Strudel geraten.

Es sind zwei völlig verschiedene wissenschaftliche Arbeiten zur Covid-19-Berichterstattung in sozialen Netzwerken, die heute veröffentlicht wurden. Und doch kann man sie unter der Überschrift "Negative Folgen" zusammenfassen.

Einerseits geht es um Forschende und ihre Erfahrungen, wenn sie in Sozialen Medien mit der Öffentlichkeit kommunizieren. Andererseits geht es um alle Rezipienten und Auswirkungen auf deren Psyche, wenn sie im weitesten Sinne "Schlechtes" über die Pandemie lesen oder sehen.

Hass und Bedrohungen gegen Forschende

Das Magazin "Nature" hat weltweit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu einer Umfrage eingeladen. 321 sind dem Aufruf gefolgt, darunter 62 aus Deutschland. Das sind keine riesigen Zahlen, jedenfalls zu kleine, um von einer repräsentativen wissenschaftlichen Studie zu sprechen. Aber einen Eindruck, mit wie viel Hass es heutige Forschende zu tun bekommen, vermitteln die Antworten dennoch.

Die meisten der Befragten nutzen Twitter für die Kommunikation mit der Öffentlichkeit. Und auf dieser Plattform hatten sie es auch mit den meisten Troll-Kommentaren und persönlichen Angriffen zu tun. Am sachlichsten verlaufen Diskussionen demnach auf LinkedIn.

Die Art der persönlichen Angriffe ist natürlich nicht immer gleich. Schon ziemlich "normal" geworden (59 Prozent) ist die versuchte Herabsetzung der Glaubwürdigkeit. Aber 22 Prozent der Befragten wurde schon körperliche oder sexuelle Gewalt angedroht und 15 Prozent sogar der Tod.

Forschende, die sich genau mit diesen Phänomenen in sozialen Netzwerken beschäftigen, kennen solche Ergebnisse schön länger. Hate Speech gibt es nicht erst seit Corona.

Die Pandemie wirkte jedoch wie ein doppeltes Brennglas. Alle Dynamiken, die wir in der Forschung bereits beschrieben hatten, traten nun in hoher Konzentration und Blitzgeschwindigkeit zutage.

Prof. Dr. Konstanze Marx, Lehrstuhlinhaberin für Germanistische Sprachwissenschaft, Institut für Deutsche Philologie, Universität Greifswald

Einig sind sich fast alle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich zu diesem Thema geäußert haben, dass Diskurs und Debatten wichtig sind. Niemand, der etwas Fundiertes zu sagen hat, sollte sich aus Angst vor Hass und Drohungen zurückziehen müssen. Deshalb müssten in Zukunft auch die Arbeitgeber der Forschenden, z.B. Institute und Universitäten, mehr Unterstützung und Beratung bieten, was Auftritte in den sozialen Netzwerken angeht.

Schlechte Corona-Nachrichten schlagen auf die Psyche

Eine andere Studie zum Thema "Corona in den sozialen Netzwerken" hat sich mit der Seite der Rezipienten befasst. Und darin wurde nachgewiesen, dass schon kurze Beschäftigungen (ca. zwei Minuten) mit negativen Corona-Themen auf Twitter und Youtube die Stimmung trüben können.

Soziales Netzwerk treibt Jugendliche in den Tod
Vorsicht vorm Doom-Scrolling, von einer negativen Nachricht zur anderen. Das kann ernsthafte Folgen für die Psyche haben. Bildrechte: colourbox

Wenn man dann sogar sogenanntes "Doom-Scrolling" betreibt, also wie in einer Art Untergangsszenario von einer negativen Nachricht zur nächsten wechselt, könne das zu ernsthaften psychischen Problemen führen, selbst wenn die Motivation dahinter nur ist, möglichst alle objektiven Fakten zu kennen.

Die Autorinnen der Studie waren aber verblüfft, dass das tatsächlich nur bei negativ besetzten Themen der Fall war. Hingegen sei dieser Effekt bei Corona-Themen, denen man auch etwas Positives abgewinnen kann, nicht zu beobachten. Im Gegenteil, solche Nachrichten und Videos (zum Beispiel über Hilfsbereitschaft in der Pandemie) können die Stimmung sogar heben.

Die Autorinnen leiten daraus zwei Empfehlungen ab eine für Medienschaffende und eine für die Rezipienten. In den Medien sollte demnach nach etwa drei "schlechten" Nachrichten eine "gute" übermittelt werden. Und auch die Rezipienten sollten bewusst hin und wieder auf die Suche nach guten Nachrichten gehen, um nicht in einen psychischen Negativ-Strudel zu geraten.

Unsere Ergebnisse zeigen, wie wichtig es ist, auf den eigenen Nachrichtenkonsum zu achten, insbesondere in den sozialen Medien.

Kathryn Buchanan, Lara B. Aknin, Gillian M. Sandstrom, Autorinnen der Studie

(rr)

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