Er arbeitet, sie puzzelt: Vater und Tochter im Homeoffice in Berlin
Balanceakt: Homeoffice und Kinderbetreuung zur gleichen Zeit. Bildrechte: imago images / Jochen Eckel

Thüringer Familien in Zeiten von Corona Forschung bestätigt: Pandemie stellt Familienleben auf den Kopf

05. Mai 2021, 14:49 Uhr

Zwischen Homeoffice und Homeschooling: Dass die Pandemie vor allem das Alltagsleben von Familien erheblich beeinflusst, ist offensichtlich. Wie stark diese Auswirkungen tatsächlich sind, zeigt eine Studie aus Thüringen.

In der Studie "Thüringer Familien in Zeiten von Corona" wurde die Situation von Kindern, Eltern und dem gesamten Familienverbund im vergangenen Jahr im Freistaat untersucht. Nun sind die abschließenden Ergebnisse da und die sie offenbaren, was viele Betroffene längsten ahnten: Die Auswirkungen der Corona-Pandemie haben das Familienleben, die Zufriedenheit und das Wohlbefinden von Eltern und Kindern in hohem Maße beeinflusst. Die Ergebnisse hat das Forschungsteam um Prof. Barbara Lochner von der Fachhochschule Erfurt jetzt publiziert.

Sicheres Einkommen und flexibles Arbeiten entlastend

Das Forschungsteam hat unter anderem untersucht, welche Faktoren die Familien besonders be- und auch entlasten. Der Studie zufolge wirkten sich ein sicherer Arbeitsplatz, ein stabiles Einkommen und flexible Arbeitsmöglichkeiten besonders positiv auf die Bewältigung der Krisensituation aus. Vor allem den Eltern, die ins Homeoffice wechseln konnten, fiel es maßgeblich leichter, Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren.

Kinder machen am Küchentisch gemeinsam ihre Hausaufgaben mit den Eltern.
Gleichzeitig Lehrer sein und arbeiten: Die Doppelbelastung ist für Familien viel Stress. Bildrechte: imago images/MiS

Trotzdem führten die zeitliche Entgrenzung der Berufstätigkeit und die andauernde Doppelbelastung von Kinderbetreuung und gleichzeitiger Erwerbsarbeit den Erfurter Forschenden zufolge zu Stress und einem dauerhaften Gefühl, den Anforderungen gar nicht oder nur mit letzter Kraft gerecht zu werden. Das spricht für eine erhebliche psychische Belastung, auch bei vermeintlich guter Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Eltern fühlen sich im Stich gelassen

Insbesondere zu Beginn der Pandemie boten die Kindertageseinrichtungen und Horte der Studie zufolge jenseits der Notbetreuung keine Unterstützung. Die Familien hätten der Entscheidung zur Schließung dieser Einrichtungen weitestgehend hilflos gegenübergestanden. Das habe vor allem einen Vertrauensverlust zur Folge: Das Vertrauen in die Verlässlichkeit der öffentlichen Mitverantwortung für die Bildung, Erziehung und Betreuung der Kinder sei brüchig geworden, so die Forschenden.

Lehrer unterrichtet per Videoanruf an Schüler während Quarantäne.
Der erzwungene Distanzunterricht könnte die Digitalisierung der Schulen nachhaltig beeinflussen. Bildrechte: imago images/Westend61

Im Falle der Schulen sehen sie aber auch Chancen. Die Pandemie könnte sich als entscheidende Innovationstreiberin in Bezug auf schulisches Lernen erweisen, schreiben sie. Allerdings wäre das nur möglich, wenn die Erfahrungen differenziert ausgewertet würden und die daraus gewonnenen Erfahrungen in die Konzepte für die künftige Praxis einbezogen würden. Das Distanzlernen müsse insbesondere hinsichtlich Qualität, Quantität und Transparenz kritisch reflektiert werden, um es zu professionalisieren und die Schulen nachhaltig digital weiterzuentwickeln. Das Fazit der Forschenden: Die Pandemie-Situation bietet das Potential, dass Eltern und Lehrer sich annähern und besser verständigen könnten, wenn denn der Dialog gesucht wird.

3.000 Eltern befragt

Die Studienergebnisse basieren auf zwei aufeinander aufbauenden Befragungen im April und im Herbst vergangenen Jahres. Das Team hat insgesamt mehr als 3.000 Personen befragt. Neun von ihnen wurden später in qualitativen Interviews intensiver befragt, um differenzierter zu erfassen, wie Familien mit den pandemiebedingten Herausforderungen umgehen.

Hier finden Sie den vollständigen Abschlussbericht der Studie "Thüringer Familien in Zeiten von Corona".

(kie)

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