Covid-19 Corona Impfungen: Fünf Nasenspray-Impfstoffe in Zulassungsstudien
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12. Mai 2022, 15:01 Uhr
Nasenspray-Impfstoffe, die die Schleimhäute gegen Corona immunisieren und so Ansteckungen verhindern, gelten als Hoffnung. Doch ihre Entwicklung ist schwierig – auch weil die Gefahr von Nebenwirkungen groß ist.
Die bisherigen Corona-Impfungen haben in einer Hinsicht enttäuscht: In vielen Fällen haben sie eine Infektion abgemildert, aber die Ansteckung nicht verhindert. Dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen konnten neue Virusvarianten wie Omikron den durch die Impfung erzeugten Antikörpern teilweise ausweichen. Zum anderen aber erzeugte ein in den Muskel gespritzter Impfstoff auch vor allem Antikörper im Blut. Das Virus aber befällt zuerst die Atemwege. Die Immunität entsteht bisher also kaum dort, wo sie zuerst gebraucht wird.
Deshalb setzen eine Reihe von Forschungsteams bereits seit einiger Zeit auf eine andere Verabreichungsmethode. Sie wollen die Impfung als Nasenspray verabreichen und so die Immunität direkt dort herstellen, wo sie wirklich eine Ansteckung verhindern kann: Auf den Schleimhäuten der Atemwege. Doch die Herausforderungen sind sehr hoch, weshalb die Forschung nur langsam vorankommt.
Nasenschleimhäute: Impfstoffe müssen Schleim- und Schutzbarrieren überwinden
Laut der Weltgesundheitsorganisation befinden sich derzeit acht Nasenspray-Impfstoffe in der Phase klinischer Versuche. Fünf davon haben bereits die für die Zulassung entscheidende Phase-3 erreicht, bei der ein Impfstoff an tausenden Versuchspersonen getestet wird. Bei diesen Versuchen dürfte der Ausgang allerdings wesentlich unklarer sein, als bei den Corona-Impfstoffen der ersten Generation, wie denen von Biontech/Pfizer und Moderna. Denn die sogenannte intranasale Verabreichung muss viel größere Schwierigkeiten überwinden. Bisher wurde deshalb mindestens ein Projekt wieder gestoppt.
Um in der Nase zu wirken, muss ein Impfstoff die dicken Schleimschichten durchbrechen und die Immunzellen in den Schleimhäuten erreichen. Am besten gelingt das abgeschwächten Erregern oder Vektorviren, die ein Stück des Coronavirus mit sich tragen. Vier der acht Kandidaten setzen daher auf sogenannte Vektorimpfstoffe. In diesem Fall bringen genetisch manipulierte Viren die Bauanleitung für ein Corona-Spikeprotein die Schleimhautzellen und lösen so die Immunreaktion aus. Diese Viren sind allerdings keine Coronaviren, sondern meist Erreger, die schon länger bekannt sind und für den Zweck der Impfung umgebaut wurden.
Abgeschwächte Lebendviren: Vielversprechend, aber nicht ungefährlich
Als noch vielversprechender gelten abgeschwächte Lebendviren, die sich sogar in geringem Umfang vermehren und weitere Zellen befallen können. Wie beim Masernimpfstoff simulieren sie am ehesten eine kleine Infektion und sollen so die robusteste Immunantwort auslösen, die durch eine Impfung möglich ist. Hier sind aktuell zwei Impfstoffe in der klinischen Prüfung. Der unter Beteiligung der Universität Hong Kong entwickelte Kandidat DelNS1 setzt auf genetisch manipulierte Grippeviren, die das Corona-Spikeprotein tragen. DelNS1 hat bereits die klinische Phase-3 erreicht.
Noch relativ am Anfang steht dagegen MV-014-212. Dabei handelt es sich um ein genetisch manipuliertes Respiratorisches Synzytial Virus (RSV). Es trägt ebenfalls das Corona-Spikeprotein und wurde von der US-Firma Meissa Vaccines entwickelt. Meissa beschäftigt sich bereits seit längerem mit den Viren, vor allem um eine Impfung für Kinder zu entwickeln, bei denen RSV mitunter lebensgefährliche Atemwegserkrankungen hervorrufen kann. MV-014-212 wird gerade in klinischen Phase-1 Versuchen auf seine Verträglichkeit getestet.
Zwei weitere Impfstoffe wollen Virus-Eiweiße als Wirkstoff nutzen. Das Prinzip ist dem des Impfstoffs Nuvaxovid von Novavax ähnlich. Hier sind dann allerdings drei Impfdosen allein für die Grundimmunisierung vorgesehen.
Risiko: Neurologische Nebenwirkungen
Die bereits aus vorklinischen Studien mit Tiermodellen bekannten Ergebnisse sind vielversprechend. Astrazeneca hatte beispielsweise hat seinen Vektorimpfstoff als Nasenspray bei Hamstern getestet. Eine Gruppe von Tieren erhielt die Impfung als Spritze in den Muskel. (So wird der Impfstoff auch bei Menschen bereits eingesetzt, zeigt dabei aber eine schlechtere Wirkung als etwa die mRNA-Impfungen). Eine zweite Gruppe bekam die Vektorviren direkt in die Nase.
Beim Vergleich zeigte sich, dass die über die Nase geimpften Tiere nicht nur ein geringeres Infektionsrisiko hatten, wenn sie dem echten Virus ausgesetzt wurden. Sie hatten auch mehr Antikörper im Blut als die in den Muskel geimpften Vergleichstiere. Doch diesen Erfolgen stehen auch enorme Risiken gegenüber. Die Nähe der Nasenschleimhäute zum Gehirn könnte zu gefährlichen neurologischen Nebenwirkungen führen, so eine große Befürchtung von Forschern. Ein in den 2000er-Jahren entwickelter Nasenspray-Impfstoff gegen die Grippe hat bei einigen Patienten zu vorübergehenden Gesichtslähmungen geführt, heißt es etwa in einem Bericht der Zeitschrift "Scientific American".
Zunächst bivalente Impfstoffe
Wie schnell ein Nasenspray-Impfstoff daher wirklich verfügbar wird, ist derzeit noch nicht abzusehen. Zunächst werden für den kommenden Herbst an Omikron-angepasste Booster-Impfstoffe erwartet. Einige von ihnen werden wahrscheinlich sogenannte bivalente Impfstoffe sein, also Impfungen, die mehr als eine Virusvariante zugleich abdecken und so möglichst breit gegen Mutationen wirken sollen. Auch sie wären ein Fortschritt gegenüber den derzeit verfügbaren Impfungen.
Links/Studien
- Broadfoot: Nose Spray Vaccines Could Quash COVID Virus Variants, Scientific Amercian
- Verband forschender Pharmaunternehmen vfa: Corona-Impfstoffe der nächsten Generation, Stand 8. Mai 2022
- WHO: COVID-19 vaccine tracker and landscape, Stand 10. Mai 2022
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