Ein Intensivstationsbett mit einem Patienten und Ärzten
Ärzte behandeln einen Patienten, der beatmet werden muss: In einem Jahr Pandemie konnte die Behandlung von Covid-Patienten verbessert werden. Der große Durchbruch steht aber noch aus, sagen Mediziner. (Symbolfoto) Bildrechte: imago images/Westend61

Covid-19 Corona heute besser behandelbar – aber noch kein Durchbruch

01. April 2021, 18:00 Uhr

Die klinische Versorgung schwer erkrankter Covid-19-Patienten hat sich in einem Jahr Pandemie stark verbessert. Doch der Durchbruch steht noch aus und aktuell erkranken auch mehr Jüngere schwer.

Auf der Intensivstation des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf liegen aktuell 24 Patientinnen und Patienten, der älteste 79, der jüngste erst 25 Jahre. "Wir sehen, auch dank der Impfung, dass nun die Patienten, die zu uns kommen und intensivpflichtig werden, immer jünger werden", sagt Stefan Kluge, Direktor der dortigen Klinik für Intensivmedizin bei einem Pressegespräch des Science Media Centers.

Nach einem Jahr Pandemie gibt es in den Krankenhäusern zwar viele Fortschritte bei der Behandlung von Covid-19, wodurch die Sterblichkeit der schwer kranken Patienten reduziert werden konnte. Aber der große Durchbruch steht noch aus und die neuen Virusmutationen wie B.1.1.7 verschärfen die Gefahren der Pandemie wieder.

Fortschritte bei Hygiene – Probleme bei Wirkstoffen

Zu den klaren Fortschritten gehört laut Kluge, dass im Laufe des Jahres die Krankenhaushygiene immer besser geworden sei. So konnten Ärzte und Pfleger deutlich besser vor Ansteckungen geschützt und viele gefürchtete Klinikausbrüche verhindert werden. Inzwischen trägt dazu auch die Impfung des Personals bei. "Wir beginnen später mit der Beatmung und wir können inzwischen die Thrombosen mit den richtigen Medikamenten behandeln, die bei vielen Covid-19-Patienten auftreten", sagt der Intensivmediziner.

Andererseits: Bei denjenigen, die schließlich doch beatmet werden müssen, ist die Sterblichkeit nach wie vor hoch. Abhängig vom Alter betrage sie bis zu 79 Prozent. "Es wird nicht das eine Medikament geben, das die Sterblichkeit von Beatmungspatienten klar reduziert", glaubt der Mediziner. Je nach Stadium der Krankheit helfen unterschiedliche Medikamente ein wenig, ob Thrombosehemmer wie Heparin oder Entzündungsdämpfer wie Dexamethason.

Ein Problem sei aktuell eher die Flut vorläufiger, nicht geprüfter Studienergebnisse, die kaum noch zu überblicken sei. "Wir brauchen hier definitiv randomisierte, kontrollierte klinische Studien von Wirkstoffen", sagt Kluge. Ein Beispiel für den überhasteten und schädlichen Einsatz sei Chloroquin. Das sei auf Basis uneindeutiger Laborergebnisse zu schnell bei Patienten eingesetzt worden und habe dort sogar zusätzliche Schäden angerichtet.

Forschung: Viele Hürden für Studien – mangelnde Transparenz

Für Jörg Meerpohl, Direktor der Cochrane Stiftung in Deutschland, liegt genau hier eine große Erfahrung der Pandemie. Dass nun viele Forscher ihre Ergebnisse schon vor Abschluss der langwierigen Begutachtungsverfahren zur Verfügung stellen, sei in der Pandemie ein möglicher Vorteil. Aber an vielen Stellen fehle es noch an Standards bei den Forschungsdaten. Oft fehlten bei Veröffentlichungen auch wichtige Details. "Für spätere Meta-Analysen brauchen wir eigentlich immer auch Informationen darüber, wie und wann genau gemessen wurde und am besten auch alle Daten zu den einzelnen Patienten", sagt er. Mehr Transparenz sei nötig, das sei eine wichtige Lehre aus der Pandemie.

Ein anderes Problem sind die vielen Hürden für klinische Studien. "Allein die nötigen Anträge für die Ethikkommissionen zu schreiben ist ein Vollzeitjob", sagt Ralf Bartenschlager, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Virologie. Während in Großbritannien aufgrund der besseren Bedingungen für klinische Forschungen aktuell viele Studien zu Covid-Medikamenten, Impfstoffen und Behandlungsverfahren liefen, sind solche Forschungsprojekte in Deutschland kaum vorhanden. Die Arbeitsbelastung in der Pandemie sei sowieso schon übergroß, klinische Studien unter den jetzt geltenden Bedingungen daher kaum zu stemmende Großprojekte.

Gesucht: Die richtigen Medikamente für die Frühphase der Infektion

Doch der Bedarf nach neuen Wirkstoffen gegen Covid-19 ist nach wie vor groß. Vor allem Mittel, die sich in einer Frühphase gegen die Vermehrung des Virus richten und am besten inhaliert oder geschluckt werden könnten, wären extrem hilfreich, glauben die Mediziner Bartenschlager und Kluge. Monoklonale Antikörper wie die der US-Firma Regeneron könnten etwa zu Beginn der Symptome zwar die Virenvermehrung bremsen. Doch sie müssen in Krankenhäusern über den Tropf verabreicht werden – nicht praktikabel für Patienten, die sich noch gar nicht krank fühlen und im schlechtesten Fall noch nichts von der Infektion bemerken, weil sie keine Symptome haben. "Meines Wissens nach wurden erst 20 Prozent der von der Bundesregierung beschafften monoklonalen Antikörper verbraucht", sagt Kluge.

Eine andere große Gefahr neuer Medikamente sind entstehende Resistenzen der Viren gegen die Wirkstoffe, sagt Ralf Bartenschlager. Bei der Grippe sei schon beobachtet worden, wie die Erreger noch am gleichen Tag resistent gegen Medikamente wurden. "Hier müssen die Hürden sehr hoch sein, sonst bringt es nichts", sagt der Virologe. Vielversprechend dagegen seien etwa Projekte wie FYB207 der Münchner Firma Formycon. Hier werde ein ACE-2-Rezeptor genutzt, um das Virus zu binden. Werden die Viren dagegen resistent, können sie aber auch nicht mehr an die menschlichen Zellen binden und verlieren ihre Infektionskraft.

(ens/smc)

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