Corona Regeln Auch ohne Pflicht: Sollten wir weiter Maske tragen?
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04. April 2022, 09:05 Uhr
Seit Sonntag (3. April) entfällt die Maskenpflicht in einigen Lebensbereichen, zum Beispiel im Einzelhandel. Wäre es klug, trotzdem weiterhin Maske zu tragen?
Man darf gespannt sein, wie es ab Montag im Supermarkt zugeht. Wird man hauptsächlich Menschen mit oder ohne Maske sehen? Gibt es vielleicht eine Art Herdentrieb, durch den man sich mit Maske blöd vorkommt, während alle anderen mit freiem Gesicht herumlaufen? Oder überwiegen Gewohnheit und Angst vor Ansteckung, sodass doch die meisten weiterhin mit Maske unterwegs sind?
Fakt ist, dass in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen die Maskenpflicht im Einzelhandel prinzipiell wegfällt. Läden können das Maske-Tragen über ihr Hausrecht zwar weiterhin verlangen, aber vermutlich werden das die wenigsten Geschäfte tun, man will ja möglichst viele Kunden haben.
Und so muss jede(r) für sich selbst entscheiden. Nach einer gerade durchgeführten Umfrage von "MDRfragt" mit mehr als 30.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern könnte sich beim Einkaufen etwa ein 50:50-Szenario abzeichnen. Denn fast die Hälfte der Befragten findet den Wegfall der Maskenpflicht "richtig oder eher richtig", während ihn eine knappe Mehrheit für "falsch oder eher falsch" hält.
Vor allem sind es ältere Menschen, denen die Lockerungen zu früh kommen. 69 Prozent der Über-65-Jährigen gaben an, sich freiwillig weiterhin einschränken zu wollen, zum Beispiel mit dem Tragen einer Maske. Je jünger die Befragten, umso geringer wurde der Anteil, aber auch bei den 16- bis 29-Jährigen lag er immerhin noch bei 43 Prozent.
Maske minimiert das eigene Ansteckungsrisiko
Oft wurde beschworen, dass man mit der eigenen Maske auch die Menschen um sich herum schützt. Wenn da nun aber viele ohne Maske herumlaufen, signalisieren sie doch, dass sie gern auf den Schutz verzichten, oder? Kann ich dann die Maske nicht auch absetzen?
Wer das bejaht, vergisst vielleicht, dass die Maske auch das eigene Ansteckungsrisiko deutlich senkt. Nicht nur eigene Viren werden beim Ausatmen "weggefiltert", sondern auch fremde Viren beim Einatmen. Wer also Angst vor Ansteckung hat und wer vor allem zu den typischen Risikogruppen für einen schweren Verlauf gehört (alte Menschen, Menschen mit Vorerkrankungen, Menschen mit Immunschwäche), ist weiterhin gut beraten, Maske zu tragen. Vor allem, so lange die Inzidenzen hoch sind. Noch zirkuliert das Virus in großer Zahl in ganz Deutschland.
Auf den richtigen Sitz kommt es an
Schon zu Maskenpflicht-Zeiten sah man viele Menschen, die die Maske nur bis unter die Nase gezogen hatten. Dass die Schutzwirkung dadurch extrem sinkt, ist solchen "Alibi-Trägern" vielleicht sogar klar, aber ein leichteres Atmen ist ihnen offenbar wichtiger. Nach Wegfall der Pflicht wird man solche unter die Nase gezogenen Masken vermutlich kaum noch sehen. Wem der Schutz egal ist, der verzichtet ganz. Und wem der Schutz wichtig ist, der zieht die Maske über die Nase.
Aber selbst dabei gibt es noch Unterschiede. Wer sich am besten schützen will, braucht eine Maske, die an allen Hautstellen gut abschließt.
Wie die Passform das Ansteckungsrisiko beeinflusst, hat eine aufwändige Studie des Max-Planck-Instituts für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen gezeigt.
Die wichtigsten Punkte daraus: Wenn sich zwei Personen (eine davon infektiös) fünf Minuten lang ohne Maske im selben Innenraum aufhalten, dann schützen auch drei Meter Abstand nicht vor einer Infektion (geschweige denn, anderthalb Meter).
Gut sitzende FFP2-Masken auf beiden Seiten senken das Risiko hingegen in den Promille-Bereich, sogar bei einem 20-Minuten-Aufenthalt beider Personen im selben Raum.
Schlecht sitzende FFP2-Masken sorgen für ein Risiko von etwa vier Prozent.
OP-Maske schützt auch, aber wohl nicht so gut
In der Göttinger Studie wurden auch die medizinischen sogenannten OP-Masken unter die Lupe genommen. Bei den wissenschaftlichen Experimenten brachten gut sitzende OP-Masken ein zehnprozentiges Ansteckungsrisiko mit sich, boten also etwas weniger Schutz als FFP2-Masken, selbst wenn diese schlecht saßen.
Alle Messwerte galten allerdings unter Laborbedigungen ohne Wind und andere Luftverwirbelungen. Im täglichen Leben sei die tatsächliche Infektionswahrscheinlichkeit sicherlich deutlich kleiner, sagte Institutsdirektor Eberhard Bodenschatz.
Aber die ermittelte Reihenfolge "FFP-2 gut sitzend ist besser als FFP-2 schlecht sitzend ist besser als OP-Maske gut sitzend" kann man sich ja trotzdem merken.
Und einen praktischen Tipp zum besseren Sitz, auch für Brillenträger, gab es von den Göttinger Forschern obendrein: "Eine Maske lässt sich an die Gesichtsform hervorragend anpassen, wenn man ihren Metallbügel vor dem Aufsetzen zu einem abgerundeten W biegt. Dann gelangen die ansteckenden Aerosolepartikel nicht mehr an der Maske vorbei, und auch Brillen beschlagen nicht mehr."
Max-Planck-Institutsdirektor Bodenschatz ist also ein klarer Verfechter der FFP-2-Masken. Im Ärzteblatt bekam er allerdings Widerspruch von Peter Walger, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene. Der befürchtet, dass FFP-2-Masken in der allgemeinen Bevölkerung in Summe sogar schlechter schützen als OP-Masken, eben weil so viele Menschen nicht auf die richtige Passform achten. Er befürwortet, dass FFP-2-Masken dem professionellen Bereich vorbehalten bleiben. Hat er damit Recht? Sind Laien nicht in der Lage, eine FFP2-Maske ordentlich aufzusetzen?
Mehrfachverwendung der Masken
Die meisten Menschen verwenden ihre FFP2-Masken sicherlich nicht nur einmal, wie man es im Idealfall tun sollte. Gerade bei Masken dieser Bauart ginge das doch erheblich ins Geld. Das Wiederverwenden von Masken ist aus wissenschaftlicher Sicht in gewissem Maße und bei vielen Modellen durchaus okay. Allerdings sollt man auch da einiges beachten, vor allem die Faustregel, dass eine Maske nach Gebrauch gut trocknen muss, wenn ihre Schutzfunktion erhalten bleiben soll. In der Jacken- oder Hosentasche kann sie das nicht wirklich.
Asiatische Höflichkeit
Nicht erst seit der Corona-Pandemie gibt es in Asien viele Menschen, die sich im Alltag mit Maske bewegen. Manche wollen sich so vor dem Smog der Städte schützen. Aber es gibt noch einen weiteren verbreiteten Grund: Viele Menschen in Asien sehen es, wenn sie leichte Erkältungssymptome verspüren, als eigenes Zeichen der Höflichkeit an, eine Maske zu tragen, um andere vor Ansteckung zu schützen.
Virologe Christian Drosten hegt die Hoffnung, dass sich solches Verhalten auch in unserem Kulturkreis durchsetzen könnte, selbst dann, wenn im Sommer die Corona-Inzidenzen vielleicht wieder sehr niedrig werden. "Vielleicht kommen wir dann tatsächlich zu einer asiatischen Höflichkeit", so Drosten im NDR, "dass ich sowieso Maske trage, wenn ich Symptome habe, aber auch sonst in allen möglichen Sozialsituationen, aus Höflichkeit."
(rr)