Corona-Forschung Aerosolforscher: Masken in der Fußgängerzone machen wenig Sinn

30. April 2021, 10:27 Uhr

Ausgangssperren und Kontaktbeschränkungen – das sind zwei der geplanten Schutzmaßnahmen, die die Bundesregierung zur Eindämmung des Coronavirus durchsetzen will. Nach Ansicht der Gesellschaft für Aerosolforschung wären gerade diese Maßnahmen aber kontraproduktiv. Sie macht ganz eigene Vorschläge – und die könnten sogar Lockerungen enthalten.

Passanten in einer Fußgängerzone 3 min
Bildrechte: imago images/Chris Emil Janßen

Wer sich zum Kaffee in der Fußgängerzone trifft, muss niemanden in sein Wohnzimmer einladen. So argumentieren die Aerosolforscher in einem offenen Brief an die Politik. Die aktuelle Corona-Politik führe aber dazu, dass sich Menschen in privaten Räumen träfen und sich dadurch gegenseitig ansteckten. Eben weil Gastronomiebetriebe geschlossen und Ausflugsziele wie Strände oder Parks teilweise gesperrt würden. Auch die geplanten Ausgangssperren sehen die Forscher kritisch:

Wir teilen das Ziel einer Reduzierung problematischer Kontakte in Innenräumen, aber die Ausgangssperren versprechen mehr als sie halten können. Die heimlichen Treffen in Innenräumen werden damit nicht verhindert, sondern lediglich die Motivation erhöht, sich den staatlichen Anordnungen noch mehr zu entziehen.

Offener Brief Aerosolforscher

Das Problem sind die Innenräume

Dabei fänden Infektionen mit dem Virus fast ausnahmslos in Innenräumen statt. Also in Wohnungen, in den Büros, in den Klassenräumen, in Wohnanlagen und in Betreuungseinrichtungen. So die Aerosolforscher. So gut wie nie käme es an der frischen Luft zu Infektionen und wenn, dann nicht zu sogenannten Clusterinfektionen, also einer Häufung von Fällen. Dem stimmt auch Prof. Dr. Frank Günter, Leiter Krankenhaushygiene an der Universitätsklinik in Marburg zu. Er verweist auf die unterschiedlichen Bedingungen von Innen- und Außenräumen. Er sagt, im Freien herrschten andere Bedingungen als in Innenräumen, es gebe Luftbewegungen, UV-Strahlungen, einen viel höheren Luftaustausch.

Dadurch muss per se schon im Allgemeinen das Infektionsrisiko bzw. das Risiko, eine ausreichende Anzahl von Viruspartikeln abzubekommen, um eine Infektion zu entwickeln, viel, viel geringer sein als in einem begrenzten Innenraum, in dem vielleicht gar keine Lüftung oder Luftaustausch stattfindet.

Prof. Dr. Frank Günther, Universitätsklinik Marburg

So plädieren die Aerosolforscher auch dafür, Aufenthalte in Innenräumen in Gruppen zu minimieren, dort häufig zu lüften und Luftreiniger aufzustellen. Außerdem sollten – sind mehrere Personen anwesend – Masken getragen werden. Nicht aber im Freien:

In der Fußgängerzone eine Maske zu tragen, um anschließend im eigenen Wohnzimmer eine Kaffeetafel ohne Maske zu veranstalten, ist nicht das, was wir als Experten unter Infektionsvermeidung verstehen.

Prof. Dr. Frank Günther

Das Leben nach draußen verlagern

Das Leben und der soziale Austausch sollte also nach Möglichkeit ins Freie verlegt werden. Doch auch Veranstaltungen in Theatern und Kirchen schließen die Wissenschaftler nicht aus – solange sie in großen, gut gelüfteten Hallen oder draußen stattfinden. Wobei auch hier dringend die Hygieneregeln eingehalten werden sollten, mahnen die Aerosolforscher wie auch Prof. Dr. Frank Günther.

Wenn die Abstände eingehalten werden, wäre das im Freien sicherlich kein Problem.

Prof. Dr. Frank Günther

Stellt man sich dagegen "irgendwelche Musikfestivals vor mit enggepresst, mehrere Tausend Menschen", so Günther, wäre das ganz anders. "Dort werden sie natürlich irgendwelche Risiken auch haben, die auch nur schwer kontrollierbar sind." Besonders Abstand müsse also auch draußen gewahrt werden. Dennoch lässt sich sagen: Was drinnen gilt, muss nicht zwangsläufig draußen sinnvoll sein.

(jb)

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