Buchtipp der Woche KI 2041. Zehn Zukunftsvisionen
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17. April 2022, 15:00 Uhr
Zehn fiktive Geschichten beamen uns ins Jahr 2041. Und zeigen uns, wissenschaftlich fundiert und mit einem überbordernden Technologieoptimismus geschrieben, wie Künstliche Intelligenz (KI) unser Leben prägen könnte. MDR WISSEN-Autorin Inka Zimmermann findet das Buch großartig, kann sich aber nicht mit allen darin beschriebenen Szenarien anfreunden.
Inhalt des Artikels:
Künstliche Intelligenz wird unser Leben grundlegend verändern – und stark verbessern! Das zumindest versprechen Tech-Konzerne wie Google oder Microsoft schon seit circa 40 Jahren. Eine Anlaufphase, die sich zieht – aber jetzt stehen wir am Wendepunkt, sagt Kai-Fu Lee, ehemals Präsident von Google China. Denn Rechenleistung und Datenspeicherung – beides enorm wichtig für die Entwicklung von KI – waren noch nie zuvor so verfügbar. In den vergangenen fünf Jahren haben KI-Algorithmen Menschen beim Poker, Go und im Videospiel Dota 2 geschlagen, führt Lee an. Das ist sicher beeindruckend, bringt uns im Alltag aber erst einmal nichts.
Moderne Märchen
Wie also können wir uns das Leben in dieser versprochenen, stark verbesserten KI-Welt vorstellen? Gar nicht, eigentlich, denn: Für diejenigen unter uns, die nicht im IT-Sektor tätig sind, sind Künstliche Intelligenz, Selbstlernende Systeme und Neuronale Netze oft nur Buzzwords, die wir kaum mit unserem Alltag in Verbindung bringen können. Bestenfalls fußt unsere Vorstellung von KI auf Science Fiction-Filmen – man denke an Blade Runner, Black Mirror oder Space Odyssey. Hier wenden sich die via KI ermächtigten Maschinen schlussendlich immer gegen die Menschheit. So unterhaltsam, so philosophisch, aber eben auch: so beängstigend!
Vor diesem Hintergrund löst der Gedanke an eine Zukunft, die von KI maßgeblich geprägt wird, womöglich auch ein mulmiges Gefühl aus.
"KI 2041 – Zehn Visionen für unsere Zukunft" will mit diesen Mythen aufräumen und präsentiert uns anstelle der (zugegebermaßen ebenfalls großartigen) Science-Fiction-Klassiker eine Art "Scientific Fiction". Zehn fiktionale Geschichten schildern, was die Menschen im Jahre 2041 auf der ganzen Welt erleben. Sie sind ausgedacht, aber wissenschaftlich fundiert. Die Idee: So soll die abstrakte neue Welt der KI für Laiinnen und Laien greifbarer werden.
Science meets Fiction
Selten wurde mit einem derart überbordernden Technologieoptimismus über Künstliche Intelligenz geschrieben – das vorneweg. Die beiden Autoren von "KI 2041“ sind vollends begeistert von einer Zukunft, in der Algorithmen und selbstlernende Systeme unser Leben ganz durchdrungen haben und uns im Alltag tatkräftig unterstützen. Dass wir dafür alle unsere Daten freigeben müssen – Nebensache! Datenschutz ist hier nicht das Kernthema.
Der Informatiker (und KI-Investor) Kai-Fu Lee hat bereits für Google, Apple und Microsoft gearbeitet und gilt als eine der wichtigsten Personen im chinesischen Internet-Sektor. Für dieses Buch fragte er den Science-Fiction-Autoren Quifan Chen, ob er ihm dabei helfen würde, zehn Geschichten über unser Leben mit der KI im Jahre 2041 zu erzählen. Die einzelnen Kapitel entstanden dann in Arbeitsteilung: Lee entwarf das technologische Grundgerüst der Erzählungen, Chen schrieb darauf aufbauend eine Geschichte.
Appetit auf die Zukunft
Dieses Prinzip, nachfühlbare menschliche Geschichten mit einer enorm großen Portion Fachwissen über Deep Learning, Machine Learning und Natural Language Processing zu kombinieren, geht in "KI 2041" bestens auf: Das Buch verschafft uns eine Vorstellung davon, wie sich unser Alltag mit KI-Assistenten in 20 Jahren anfühlen könnte. Den beiden Autoren Lee und Chen gelingt es es, Zukunftstechnologien extrem heruntergebrochen zu erklären. Eine These: Selbst wenn Sie keine Ahnung haben, wie ein Computer funktioniert – dieses Buch werden Sie verstehen! Angesichts der vorhandenen inhaltlichen Tiefe ist das eine beachtliche Leistung.
Spannend beispielsweise: Ein Neuronales Netz kann Bilder besser zuordnen, wenn wir ihm nicht vorgeben "Eine Katze hat Ohren und Schnurrhaare" – sondern, wenn wir ihm tausend Bilder einer Katze und tausend Bilder ohne Katze zur Verfügung stellen. Die KI entwickelt dann via Deep Learning die Fähigkeit, Katzen zu erkennen – manchmal liegt sie aber auch falsch. Ein heiteres Beispiel dafür ist dieses neuronale Netz auf Twitter, das versucht, Memes zu identifizieren.
Was dieses Buch ebenfalls vermittelt: großen Spaß an neuen Technologien! Es macht gewissermaßen Appetit auf eine Zukunft, die wir jetzt geradeso am Horizont erahnen können. Ein radikal progressives Buch, dass uns dazu bringt, darüber nachzudenken, wie wir künftig leben wollen.
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Die Autoren legen nach eigener Aussage Wert darauf, positive wie negative Seiten der KI-Entwicklungen darzustellen. Klar wird aber auch: Damit eine Künstliche Intelligenz gut arbeiten kann, braucht sie so viele Daten wie möglich. Beispielsweise, wenn es um eine KI-Krankenversicherung geht, der die Versicherten Zugriff auf ihr gesamtes Leben geben. Sie hören auf zu rauchen und Süßes zu essen, weil das den Versicherungspreis in die Höhe treibt. Laut Lee und Chen sind das allerdings die positiven Seiten. Datenschützer*innen krümmen sich die Nägel!
Fest steht natürlich: Neue Technologien sind weder gut noch schlecht – sie sind, was wir Menschen daraus machen. Menschen wie KI-Investor Kai-Fu Lee. Anhand der Szenarien in diesem Buch wird sehr klar, dass Lee einer KI, die unsere "menschlichen Schwächen" kontrolliert, nicht abgeneigt ist. Wir können dieses Feld also nicht alleine den Entwickler*innen überlassen, sondern sollten mitdenken, prüfen und uns einmischen, wenn es um technologischen Fortschritt geht. Nur so bekommen wir am Ende die KI-Produkte, die tatsächlich auch unseren Interessen entsprechen.
Ein weiteres Szenario aus dem Buch ist die Wiederbelebung einer gestorbenen Person in der virtuellen Realität, ebenfalls via KI. Hatte Lee sich zu Beginn des Buches noch über realitätsferne Science Fiction echauffiert – das klingt dann doch wieder stark nach Blade Runner.
Die Rezensentin
MDR WISSEN-Autorin Inka Zimmermann liebt Science-Fiction-Klassiker wie "Her" oder "Blade Runner" und: sich die Zukunft auszumalen. Eine Künstliche Intelligenz, die sie künftig fürs Rauchen tadelt, gehört allerdings nicht zu ihren Träumen. Freunde und Eltern machen das ja bereits, wozu noch eine nervige KI anschaffen?
Dann schon lieber eine KI, mit der man sich einfach mal unterhalten kann, die Humor, eigene Ideen und Träume hat! Vielleicht wird man sich sogar verlie... ah Mist, das ist auch nur ein Science-Fiction-Film.
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