Schädlinge im Wald Trotz Regensommer geht es Borkenkäfern prächtig
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27. September 2021, 19:00 Uhr
Bislang läuft die Bekämpfung der Borkenkäfer vor allem über Lockstoffe. Ein Forschungsteam aus Jena richtet sein Augenmerk auf die Verbündeten der Käfer, auf Bakterien und Pilze. Möglicherweise bieten sich hier ganz neue Ansätze im Kampf gegen die Schädlinge.
Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, und ein verregneter Sommer gleicht die Schäden aus drei extrem trockenen Jahren noch nicht aus. Aber wie ist das mit den Schädlingen im Wald, den Borkenkäfern? Konnten die Bäume dank viel Niederschlag wieder Kraft tanken gegen diese Lästlinge? Nicht, wenn man sich die Zahlen anschaut, die der ThüringenForst jetzt vorgelegt hat. Allein im August 2021 hat der Fichtenborkenkäfer im Freistaat 568.000 Festmeter Holz befallen, zwar 20.000 Festmeter weniger als im August 2020. Aber ist das schon ein Hinweis darauf, dass sich Wälder und Bäume von den Hitzesommern 2018, 2019 und 2020 erholen konnten? Nicht für Volker Gebhardt, Vorstand der Landesforstanstalt ThüringenForst. Er erwartet bis zum Jahresende eine durch den Borkenkäfer verursachte Gesamtschadholzmenge in der Fichte von etwa vier Millionen Festmetern. Zum Vergleich: 2020 waren es 3,5 Millionen Festmeter. Die für 2021 erwartete Menge wäre die höchste jemals erfasste Fichtenschadholzmenge im Freistaat, sagt der Forstexperte. Das Feinwurzelwerk mancher Baumarten brauche zudem verschieden lang, um sich zu erneuern.
Ips typhographus: Klein aber extrem effektiv beim Schaden anrichten
Obwohl sie so klein sind, schaffen es diese Käfer, ganze Fichtenwälder zum Absterben zu bringen. Sie greifen auch gesunde Bäume an, Trockenheit und extreme Temperaturen spielen ihnen dabei nur in die Karten. Aber warum ist eigentlich noch ein Kraut gewachsen gegen schädliche Winzlinge wie Buchdrucker? Die Wissenschaft hat Lästlinge wie Ips typographus, der Buchdrucker, längst im Visier. Seine Verbündeten sind bekannt, Bakterien im Darm und Pilzsporen auf dem Körper. Sie unterstützen die Käfer dabei, die Verteidigungsstrategien der Bäume zu knacken. Forscher am Max-Planck-Institut für Chemische Ökologie in Jena sind diesen heimlichen Helfern auf der Spur.
Wie Bakterien und Pilze Borkenkäfer helfen
Aber wie helfen Bakterien und Pilze dabei, die Abwehr der Fichten zu überwinden? Dr. Axel Schmidt vom Max-Planck-Institut für Chemische Ökologie in Jena erklärt das so: "Die Fichte wehrt sich hauptsächlich durch das Baumharz gegen den Borkenkäfer. Sie ist in der Lage, sowohl die Zusammensetzung als auch die Menge des Baumharzes zu variieren. Das Baumharz setzt sich hauptsächlich aus Terpenen und polyphenolischen Verbindungen zusammen, und diese spielen eine große Rolle bei der Abwehr des Baumes gegen den Borkenkäfer und die mit ihm assoziierten Bakterien und Pilzen."
Im Labor wird analysiert, wie die Käfer die giftigen Harz-Inhaltsstoffe neutralisieren. Dazu werden die Käfer auf Baumstammstücken gezüchtet. Ana Patricia Quintana Banos vom Max-Planck-Institut für Chemische Ökologie in Jena untersucht einzelne Käfer dann in speziell präparierten Glaskammern mit Fichtenborke, wenn Weibchen dazu gesetzt werden. Sie will herausfinden, ob sich die Bakterien im Darm in den verschiedenen Entwicklungsphasen unterscheiden: vom Ei über die Larve zum erwachsenen Käfer - und wie sie von einem Stadium zum anderen übertragen werden.
Eine Kernfrage dabei: Gibt es einen Bakterien-Übertragungsweg vom Weibchen auf die Eier? Denn nach der Ablage hat Frau Borkenkäfer keinen Kontakt mehr zu den Larven und den frischgeschlüpften Käfern. Forscherin Quintana Banos weiß inzwischen, dass die Eier auf spezielle Weise "verpackt" werden. Was diese Verpackung für Bakterien in sich trägt, ist bislang aber noch nicht klar.
Was sich vom Fichtenrüsselkäfer über den Borkenkäfer lernen lässt
Auch der Fichtenrüsselkäfer, der größer ist als der Borkenkäfer, aber das gleiche frisst, hat ebenfalls Bakterien im Darm. Von ihm lassen sich Rückschlüsse auf den Borkenkäfer und seine Bakterien ziehen. Das Forschungsteam um Kristina Kshatriva vermutet, dass die Darmbakterien beiden Käfern dabei helfen, die giftigen Pflanzenstoffe abzubauen, durch die sich die Bäume schützen. Werden die Käfer nämlich mit Antibiotika behandelt, sterben die Darmbakterien und können die giftigen Harz-Inhaltsstoffe nicht mehr neutralisieren. Anhand von Futter-Experimenten wird getestet, wie die Käfer auf verschiedene Abwehrstoffe im Harz und auf Antibiotika-Gaben reagieren. Die anschließende Kot-Analyse zeigt, wie sich die Abwehrstoffe abgebaut haben und welchen Effekt sie im Körper der Insekten hatten.
Wie Pilze und Borkenkäfer zusammenarbeiten
Bakterien sind aber nicht die einzigen Helfer der Borkenkäfer. Wenn sich die Tiere ins Holz fressen, tragen sie auf ihrem Rücken Sporen von Pilzen mit sich. Diese Bläuepilze sind für die Blauverfärbung des Nadelholzes verantwortlich und führen zu großen wirtschaftlichen Verlusten. Ob die Käfer gezielt die für sie günstigen Pilze aufsuchen, wird ebenfalls in Jena untersucht. Wie entscheiden sich Borkenkäfer, wenn sie vor der Wahl stehen zwischen Futter, das nur nach Baum riecht oder nach Baum plus Pilz? Biologin Emily Puckett vom Max-Planck-Institut für Chemische Ökologie, Jena, sagt: "In früheren Experimenten haben wir festgestellt, dass der Pilzgeruch die Borkenkäfer anzieht. Das weist auf eine Art Beziehung zwischen Borkenkäfer und Pilz hin, dass sie in irgeneiner Weise von ihnen profitieren." Pucket untersucht, ob die Pilze eine Rolle als Nährstofflieferant spielen und die Käfer mit Nährstoffen versorgen, die in der Borke nicht ausreichend vorhanden sind. All dies sind Schritte auf dem Weg zu neuen Ansätzen im Kampf gegen die Borkenkäfer.
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