Forscherin Sarah-Jeanne Royer mit einer Probe mit Plastikteilchen.
Forscherin Sarah-Jeanne Royer mit einer Probe mit Plastikteilchen. Bildrechte: Iyvonne Khoo

Biotonne Nicht wirklich bio: Kompostierbares Plastik wird kaum natürlich abgebaut

28. Mai 2023, 05:00 Uhr

Plastik aus sogenannten natürlichen Kunststoffen ist im Meer über mindestens 14 Monate genauso stabil und nicht abbaubar, wie sein Pendant aus Erdöl. Kompostierbar bedeutet also nicht unbedingt Bio.

Plastik aus Erdöl ist leicht und stabil, deshalb sind Kunststoffe in der Industrie extrem beliebte Materialien. Die Stabilität ist allerdings auch ein großes Problem. Gerät das Plastik beispielsweise als Müll in die Umwelt, ist es dort über Jahrzehnte stabil und wir höchstens mechanisch langsam zerkleinert. Solches Mikroplastik aber ist für Tiere, Pflanzen und Bakterien genauso unverdaulich. Deshalb entwickeln viele Unternehmen alternatives Plastik aus Pflanzen, beispielsweise aus Maisstärke oder aus Polyaktit (PLA). Das Versprechen: Diese Kunststoffe können in speziellen Anlagen kompostiert und somit vollständig abgebaut werden.

Doch das bedeutet offenbar nicht, dass dieses pflanzenbasierte Plastik auch in der Natur schnell abbaubar wäre. Im Gegenteil, wie ein Experiment von Forschenden um Sarah-Jeanne Royer im Scripps Institut für Ozeanographie im kalifornischen San Diego jetzt eindrücklich zeigt.

Papier und Pappe werden rasch abgebaut – Plastik hält ewig

Käfige mit Plastikteilen, die im Meer ausgesetzt wurden: So untersuchten die Forschenden, wie gut die Kunfstoffe in der Natur abgebaut werden können.
Käfige mit Plastikteilen, die im Meer ausgesetzt wurden: So untersuchten die Forschenden, wie gut die Kunststoffe in der Natur abgebaut werden können. Bildrechte: Sarah-Jeanne Royer

Royer und Kollegen füllten eine Reihe von Metallkäfigen mit verschiedenen Sorten von Kunststoffen und ließen sie zunächst über ein halbes Jahr an der Wasseroberfläche des pazifischen Ozeans schwimmen. Neben dem aus Erdöl hergestellten Kunststoff wurde auch PLA getestet. Hinzu kamen Zellulose-basierte Materialien, also mehr oder weniger aus Papier hergestellte Kunststoffe. Und die Forschenden testeten Mischungen aus Öl- und Zellulose basiertem Plastik.

Einmal pro Woche kontrollierten sie den Zustand der Materialien. Die auf Zellulose basierten Stoffe zerfielen dabei in weniger als einem Monat. Die Untersuchung der Spuren im Labor zeigte zudem, dass sie tatsächlich von Bakterien verdaut und in CO2 umgewandelt und nicht nur kleingemahlen worden waren. Die auf Öl und PLA basierenden Stoffe wiederum zeigten keine Anzeichen für Zerfall.

Bioplastik bleibt im Meerwasser über mindestens 14 Monate völlig unverändert

Das änderte sich auch nicht, als die Forschenden die Käfige nach einem halben Jahr von der Wasseroberfläche auf den Grund des Ozeans verlegten. Und die Öl- und PLA-basierten Kunststoffe zerfielen auch nicht, wenn sie nach der Zeit im Meer 197 weitere Tage in einem Aquarium mit Meerwasser im Labor gehalten wurden. Sie blieben damit über insgesamt 14 Monate unverändert im Meerwasser erhalten.

"Kompostierbarkeit bedeutet nicht, dass etwas natürlich abgebaut wird", kommentiert die Meeresbiologin Royer die Ergebnisse. "Es ist also irreführend, kompostierbare Kunststoffe als biologisch abbaubar zu bezeichnen. Dadurch entsteht der Eindruck, Materialien würden in der Umwelt abgebaut." Das funktioniere aber nicht, es brauche spezielle Kompostieranlagen dafür.

Auch Bioplastik hat nichts in der Biotonne verloren

Die Ergebnisse zeigen damit auch deutlich, warum Müllbeutel aus kompostierbarem Plastik nichts in der Biotonne verloren haben: Verfügt das lokale Entsorgungsunternehmen nicht über eine spezielle Kompostieranlage, dann blockieren solche Müllbeutel den natürlichen Zerfall der Essensreste auf der Deponie.

(ens)

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