Dresdner Forscherteam findet "Sternenstaub" Supernova-Spuren in der Tiefsee entdeckt
Hauptinhalt
26. August 2020, 14:50 Uhr
Etwa tausend Kilometer vor Perth an der australischen Küste wurde - tief im Ozean - mehrere tausend Jahre alter "Sternenstaub" gefunden. Ist die Erde durch die Überreste einer Supernova geflogen? Und ist das der Grund für die interstellare Wolke, durch die unser Planet sich seit Jahrtausenden bewegt?
Spuren von Supernovae sind auf der Erde schwierig zu identifizieren. Am besten kann man sie in der Tiefsee suchen – genauer: wenn man in den Ozeanboden bohrt. Etwa tausend Kilometer vor der südwestlichen Küste und viereinhalbtausend Meter unter der Wasseroberfläche ist so eine Stelle, an der man fündig werden kann. Mittels Forschungsschiff hat dort ein Forschungsteam Sedimentproben aus dem Ozeanboden entnommen. Der Gesteinskern war mehrere Meter lang. Die Proben, die das Team aus verschiedenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR), der TU Berlin, der Uni Wien, gemeinsam mit Kolleginnen von der Australischen Nationaluniversität Canberra, zur Verfügung hatten, waren allerdings nur ein paar Gramm schwer.
Archiv der Geschichte unserer Erde
Das Forschungsteam untersuchte die entnommenen Sedimente, die eine Art Archiv für die Geschichte unserer Erde und des Universums abbilden. Aus ihnen lassen sich bestimmte Molekülzusammensetzungen ablesen, die sich mittels radioaktiver Verbindungen und deren Halbwertszeiten datieren lassen.
In diesem Falle ging es um das radioaktive Isotop Eisen-60. Vordergründig diente Eisen-60 aber nicht der Datierung, sondern vielmehr der Beweisführung einer Supernova, also der Explosion eines massereichen Sterns. Denn schon lange gibt es die Vermutung, dass die lokale interstellare Staubwolke, durch die sich unsere Erde in den letzten tausenden Jahren bewegt hat, aus einer Supernova entstanden sein könnte. Und tatsächlich konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler das Isotop Eisen-60 nachweisen und damit zeigen, dass unsere Erde in den vergangenen 33.000 Jahren durch die Staubwolke geflogen ist.
Ein paar Milligramm Proben
Anton Wallner, Professor am Institut für Ionenstrahlphysik und Materialforschung am HZDR, war an der Studie beteiligt. Im Gespräch mit MDR Wissen sagt er: "Tiefseesedimente sind besonders geeignete Archive, weil sie Eisen-60 hoch angereichern." Auch in der Antarktis wird nach Supernovaspuren gesucht, allerdings gibt der dort abgelagert Schnee nur Aufschluss über die letztens vierzig Jahre. "Wir schauen auf extraterrestrische Einträge und der relative Eintrag ist in Tiefseeproben viel höher." Die Sedimente werden jedoch stark vom terrestrischen Eisen getrübt, das in aufwendigen chemischen Prozessen und mittels Beschleuniger-Massenspektrometrie vom Eisen-60 getrennt werden muss. "Am Ende sind das ein paar Milligramm, die übrig bleiben", meint Wallner.
Doch ist das jetzt der Beweis, dass diese Staubwolke auch durch eine Supernova entstanden ist? Die Ergebnisse der Studie belegen das nicht. Zum einen war die Menge an Eisen-60-Isotopen äußerst gering. Das Forscherteam schätzt, dass in den vergangenen 33.000 Jahren insgesamt nur 60 Gramm Eisen-60 aus dem Sternenstaub verteilt über der gesamten Erde niedergegangen sind.
Zum anderen zeigte die neue Veröffentlichung, "dass das in Staubpartikeln eingeschlossene Eisen-60 im interstellaren Medium mehrmals reflektiert worden sein könnte, also gewissermaßen 'herumgeschubst' wurde", erklärt Wallner. "Das nachgewiesene Eisen-60 könnte also noch von älteren Supernova-Explosionen stammen, und wir messen eine Art Echo dieser kosmischen Eruptionen." Woher die interstellare Wolke stammt, ist damit also noch nicht geklärt.
Erdnahe Supernova extrem selten
Die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer Supernova nahe der Erde kommt ist, äußerst gering, wahrscheinlich könnte das alle eine Milliarde Jahre passieren. Ungefähr alle hundert Jahre kommt es zu zwei Supernovae in der Milchstraße. Bis wir die dann hier auf der Erde überhaupt sehen bzw. messen können, vergehen wieder hunderte oder gar tausende Jahre, je nachdem, wie weit entfernt die Explosion stattgefunden hat.
Welche Folgen eine nahe Supernova-Explosion für die Erde haben könnte, zeigt eine gerade erschienene Untersuchung. Sie vermutet, dass eines der Massenausterben in der Geschichte der Erde, das Kellwasser-Ereignis vor 372 Millionen Jahren, durch eine solche nahe Sternenexplosion verursacht wurde. Verantwortlich dafür ist vor allem die zerstörerische Wirkung der Gammastrahlung der Explosion auf die Ozonschicht.
Link zur Studie
Die Untersuchung der Forschenden ist unter dem Titel "60Fe deposition during the late Pleistocene and the Holocene echoes past supernova activity" in den PNAS, den Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States, erschienen.
fb/gp
Not Found
The requested URL /api/v1/talk/includes/html/d279c9eb-ed89-47d6-ac3f-5aac516100b1 was not found on this server.