Videoanimation des Pekinger Raumfahrtkontrollzentrums (BACC) zeigt die Sonde "Chang'e-6" bei der Landung auf der Rückseite des Mondes.
Videoanimation des Pekinger Raumfahrtkontrollzentrums (BACC) zeigt die Sonde "Chang'e-6" bei der Landung auf der Rückseite des Mondes. Bildrechte: picture alliance/dpa/Xinhua | Jin Liwang

Chang’e 6 China macht Ernst mit dem Mond

08. Juli 2024, 17:47 Uhr

Chinas Mondprobenrückführungsmission (was für ein Wort!) war ein voller Erfolg. Damit ist die Volksrepublik dem Ziel wieder einen wichtigen Schritt näher gekommen, den Mond zu besiedeln. Bisher scheinen die Chinesen die Nase vorn zu haben, wenn es um die Errichtung einer Mondbasis geht.

Vor wenigen Tagen konnte die chinesische Raumfahrtbehörde CNSA einen neuen Weltraumrekord feiern. Am 25. Juni 2024 erreichten die Gesteins- und Staubproben der Chang’e 6 Mission die Erde. Erst Anfang Mai war die Mission zum Mond aufgebrochen und einen Monat darauf wurde die erfolgreiche Landung im südlichen Teil des Apollo-Kraters verkündet. Der Krater befindet sich im nördlichen Bereich des Südpol-Aitken-Beckens auf der Mondrückseite.

Die Raumfähre und das Aufstiegsmodul landeten am 2. Juni und bereits am 3. Juni wurden die versiegelten Proben, die unter anderem mit einem Bohrkopf aus dem Mondinneren geborgen wurden, zurück ins All geschickt. Dort hatte der Orbiter der Chang’e 6 Mission gewartet und den Rückflug zur Erde am 20. Juni eingeleitet.

Dieses Bild, das einer Bildschirmaufzeichnung im Beijing Aerospace Control Center (BACC) entnommen wurde, zeigt die Chang'e-6-Sonde, die Proben auf dem Mond sammelt.
Dieses Bild, das einer Bildschirmaufzeichnung im Beijing Aerospace Control Center (BACC) entnommen wurde, zeigt die Chang'e-6-Sonde, die Proben auf dem Mond sammelt. Bildrechte: picture alliance/dpa/XinHua | Jin Liwang

Das Missionsteam geht davon aus, dass die etwa zwei Kilogramm schweren Gesteins- und Staubproben aus 2,5 Milliarden Jahre altem Vulkangestein bestehen. Zudem könnten Spuren früherer Meteoriteneinschläge in den Proben enthalten sein.

Proben vom Mond

Ähnlich wie auf der Erde, reicht es nicht, von einer Stelle Gesteinsproben zu entnehmen, um den gesamten Himmelskörper zu verstehen. Mit den Apollo-Missionen der amerikanischen Raumfahrtbehörde Nasa wurden vor etwa 50 Jahren die ersten Mondproben zur Erde gebracht.

Im Jahr 2020 folgte dann die erste Probenrückholaktion der Chinesen. Die Mission Chang’e 5 landete auf der erdzugewandten Seite des Mondes. Die wissenschaftlichen Untersuchungen zeigten, dass der Mond in dieser Region vor etwa zwei Milliarden Jahren noch vulkanisch aktiv war. Die dazugehörigen Studienergebnisse wurden von zwei Teams in den renommierten Fachzeitschriften Nature und Science veröffentlicht.

Dass sich die Vorder- und Rückseite von ihrer Beschaffenheit unterscheiden, ist der Fachwelt bekannt. Nur die Frage nach dem Warum lässt sich weiterhin nicht beantworten. Das könnte sich mit der Analyse der jetzigen Gesteins- und Staubproben ändern. Die würde nicht nur einen Teil der Lücken in der Entstehungsgeschichte unseres Trabanten beantworten.

Die Analysen haben ebenfalls einen Einfluss auf die Entstehungsgeschichte der Erde. Vor etwa 4,5 Milliarden Jahren soll ein marsgroßer Protoplanet namens Theia mit der jungen Erde kollidiert sein – so die gängige Theorie. Dabei soll ein großer Teil der Erdkruste und ihres Kerns in Bruchstücken im Weltall gelandet sein. Aus diesen Überresten soll sich allmählich der Erdmond gebildet haben.

Kein Kontakt auf der dunklen Seite des Mondes?

Aus wissenschaftlicher Sicht ist die Chang’e 6 Mission wichtig, doch auch aus technischer und politischer Sicht war diese Mission ein großer Erfolg für die Volksrepublik China. Es ist zum einen die zweite erfolgreiche Probenrückholmission. Zum anderen landete im Januar 2019 Chang’e 4 als erste Mission überhaupt bereits auf der Mondrückseite. Damals wurde ein Landeplatz im Mondkrater Von Kármán im Südpol-Aitken-Becken ausgewählt.

Mondlandungen bringen im Allgemeinen ein hohes Risiko mit sich – etwa die Hälfte aller Landeversuche scheitern. Und bei einer Landung auf der uns abgewandten Mondseite kann kein Funkkontakt aufrecht erhalten werden. Das erschwert jeden Landeversuch. Darum wurde wenige Wochen vor dem Start der Mission der Relaissatellit Queqiao-2 zur Mondrückseite geschickt. Dadurch konnte der autonome Landevorgang mitverfolgt werden.

Wasser auf dem Mond

Die Chang’e-Missionsreihe ist noch lange nicht an ihrem Ende angelangt. Die siebte Mission soll Ende 2026 starten, Chang’e 8 soll im Jahr 2028 zum Mond aufbrechen. Beide Missionen sollen in der Malapert-A-Region am Südpol nach Wasser suchen.

Auf dem Trabanten soll es große Mengen von Wassereis, vor allem in den im Dauerschatten liegenden Mondkratern, geben. Jedoch konnten Forschungsteams auch im Regolith (dem Mondsand) und in Glasperlen, die durch Meteoriteneinschläge entstanden sind, eingeschlossenes Wasser detektieren.

Der Esa-Astronaut Matthias Maurer im Interview über den Mond. 3 min
Der Esa-Astronaut Matthias Maurer im Interview über den Mond. Bildrechte: MDR, ESA, NASA

Fr 05.08.2022 14:22Uhr 03:26 min

https://www.mdr.de/wissen/medizin-gesundheit/video-matthias-maurer-interview-ueber-den-mond100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Der Esa-Astronaut Matthias Maurer im Interview über den Mond. 3 min
Der Esa-Astronaut Matthias Maurer im Interview über den Mond. Bildrechte: MDR, ESA, NASA
3 min

Fr 05.08.2022 14:22Uhr 03:26 min

https://www.mdr.de/wissen/medizin-gesundheit/video-matthias-maurer-interview-ueber-den-mond100.html

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Wer in Zukunft dieses Wasser gewinnen und aufbereiten kann, könnte eine Vormachtstellung bei der Erforschung und Errichtung einer dauerhaften Mondbasis haben. Das aufbereitete Wasser kann nicht nur als Trinkwasser für Astronauten dienen.

Es kann ebenso in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten werden. Wenn beide Gase wieder aufeinandertreffen, sind sie ein idealer Treibstoff für Raketen – die es aufgrund der niedrigen Schwerkraft auf dem Trabanten leichter als erdgestützte Raketenstarts haben, ins Weltall zu gelangen. Der Sauerstoff kann ferner für die Atemluft verwendet werden. 

Wird China die erste dauerhafte Mondnation?

Bis zum Jahr 2030 will die Volksrepublik den ersten Chinesen auf die Mondoberfläche schicken. Bis dahin soll auch die erste chinesische Mondbasis fertiggestellt sein. Ursprünglich sollte sie rein robotisch betrieben werden. Der Besuch von Menschen war nur eine Option. Mittlerweile sollen menschliche Missionen fest eingeplant werden. Für die Stromversorgung könnte ein chinesisch-russisches Atomkraftwerk errichten werden.

So könnte ein Atomkraftwerk auf dem Mond oder Mars aussehen.
So könnte ein Atomkraftwerk auf dem Mond oder Mars aussehen. Bildrechte: Nasa

Die amerikanische Raumfahrtbehörde Nasa will bereits im September 2025 die ersten vier Menschen auf einen Rundflug zum Mond schicken. Eine Landung wird es bei Artemis II nicht geben – der Start von Artemis III (mit astronautischer Mondlandung) soll zwischen September 2026 und Februar 2028 erfolgen.

Ursprünglich sollte das Lunar Gateway, eine Raumstation in der Mondumlaufbahn, bis dahin fertiggestellt sein. Das Orion-Raumschiff, mit dem die vier Astronauten zum Mond fliegen, sollte daran andocken. Zwei der Astronauten würden dann in das umgebaute Starship (HLS, Human Landing System) vom privaten Raumfahrtunternehmen SpaceX umsteigen und dann auf der Mondoberfläche landen, wo sie eine Woche verbringen sollen. Anschließend soll das HLS zurück zum Gateway fliegen, wo die Astronauten ins Orion-Raumschiff steigen sollen und damit zur Erde zurückfliegen.

Im Rahmen des Artemis-Programms der NASA ist die Mondorbitalstation Lunar Gateway geplant.
Im Rahmen des Artemis-Programms der NASA ist die Mondorbitalstation Lunar Gateway geplant. Bildrechte: Nasa

Da unklar ist, ob das Gateway bis dahin fertig sein wird, wird es keinen Zwischenstopp geben. Neben dem Gateway soll auch auf der Oberfläche unseres planetaren Begleiters eine dauerhaft besuchbare Station errichtet werden. Einen konkreten Zeitplan für die westliche Mondbasis gibt es bisher nicht.

Wenn China seine Mondbasis zuerst errichtet, kann dort als erstes Wasser "geerntet" werden. Auch wenn kein Land laut international geltendem Weltraumvertrag ein Anspruchsrecht auf den Mond hat, könnte kein anderes Land an derselben Stelle eine Basis errichten. 

Entsprechend hätte die Volksrepublik genügend Zeit, um Berg- und Wasserbaugebiete zu erschließen. Mit der sechsten Chang’e-Mission ist die CNSA einen Schritt näher an die Errichtung einer Mondbasis gekommen.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Nachrichten | 25. Juni 2024 | 11:14 Uhr

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