Verkündigungssendung Das Wort zum Tag bei MDR SACHSEN | 11. - 16.11.2024
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Täglich hören Sie das Wort zum Tag. Montags bis freitags gegen 5:45 Uhr und 8:50 Uhr, am Sonnabend gegen 8:50 Uhr, sonntags 7:45 Uhr. Das Wort zum Tag spricht in dieser Woche Dr. Ulrike Lynn.
Sonnabend, 16.11.2024: Christlicher Kulturhauptstadt-Auftakt
Im Jahr 2025 wird Chemnitz gemeinsam mit 38 umliegenden Kommunen zur Europäischen Kulturhauptstadt - ein Moment, der nicht nur mich, sondern die gesamte Region mit Vorfreude erfüllt!! Unter dem Motto "C the Unseen - Siehe das Ungesehene" lädt die Kulturhauptstadt mich und alle dazu ein, genauer hinzuschauen, um den Blick für das Unbekannte zu schärfen und all das sichtbar zu machen, was oft übersehen wird.
Gerade die Adventszeit, dine in zwei Wochen beginnt, ist wie geschaffen für diese "Sichtbarmachung" - eine Zeit, in der das Erzgebirge seinen ganz eigenen Zauber entfaltet. Wenn es überall zu leuchten beginnt und die Weihnachtsmärkte zum Leben erwachen, zeigen sich die traditionellen Werte und Schätze der Region auf ihre ganz besondere Weise. Die berühmten Pyramiden, Schwibbögen, Nussknacker und Räuchermännchen sind viel mehr als nur festliche Dekoration – sie sind Ausdruck eines kulturellen Erbes, das Generationen überdauert und auf das die Menschen hier zu Recht stolz sind.
Das Motto "Siehe das Ungesehene" lässt sich wunderbar mit der Adventszeit verbinden. Denn der Advent ist eine Zeit des Wartens und Hoffens - eine Zeit, die uns daran erinnert, auf das Unsichtbare zu vertrauen. Die Adventszeit lässt uns tiefer schauen und erinnert daran: Vieles, was wichtig ist, wird nicht mit den Augen, sondern mit dem Herzen wahrgenommen.
Diese Idee greifen die christlichen Gemeinden der Kulturkirche auf. Für sie beginnt das Kulturhauptstadtjahr 2025 schon am ersten Advent - sieben Wochen vor der offiziellen Feier der Stadt am 18. Januar. Ein bewusster Auftakt, der nicht nur ein neues Kirchenjahr, sondern auch ein Jahr der europäischen Gemeinschaft feiert.
Advent bedeutet Ankunft. Und so warten wir nicht nur auf Weihnachten, sondern auf ein Jahr, in dem Kultur und Gemeinschaft ganz neu erlebbar werden. Möge dieser Advent ein Weg sein, der ins Licht führt. Nicht nur bis zur Krippe, sondern weit darüber hinaus in einen Frieden, den die Welt und wir alle so dringend braucht.
Freitag, 15.11.2024: Friedrich Press im Verborgenen
Würzburg ist immer einen Besuch wert. Die Stadt bietet eine einzigartige Mischung aus Geschichte, Kultur, und fränkischer Lebensart.
Das durfte ich am eigenen Leib erfahren, als ich mich gemeinsam mit einer kleinen Gruppe Kunstbegeisterter auf die Spuren eines Meisters der Sakralkunst begab. Wenn man seinen Werken begegnet, steht man vor großen Holzblöcken. Grob behauen stellen sie Menschen, stellen sie Christus dar. Mal Holz, mal Porzellan, mal Grafiken. Mehr Formen als Bilder.
Wie kaum ein anderer verstand er es, die Meinungen zu spalten und zur Auseinandersetzung mit seinen Werken aufzufordern: Friedrich Press.
Press starb 1990 in Dresden, aber sein unerschöpflicher Nachlass befindet sich heute in Würzburg. Das meiste davon in den Lagerhallen des Dommuseums. Riesige Skulpturen, kleine Plastiken, Skizzen, Modelle, schriftliche Aufzeichnungen, Grafiken, soweit das Auge reicht.
In dieses Archiv durften wir eintauchen. Der Sammlungskurator schloss nicht nur die Tür zum Gebäude auf, er eröffnete uns im selben Moment riesige Räume verborgener Schätze.
Wir durften uns in der Kunst Friedrich Press‘ verlieren und wir fühlten uns dabei mit etwas Größerem verbunden - mit der Sehnsucht des Künstlers nach spiritueller Wahrheit und unserem eigenen Verlangen, das Göttliche zu verstehen. Die Kunstwerke waren mehr als Objekte; sie waren Spiegel unserer eigenen Suche, Projektionen unserer Hoffnungen, Ängste und Träume.
Als wir das Archiv schließlich verließen, schien mir die Welt ein wenig anders zu sein. Die intensive Begegnung mit der sakralen Kunst hatte etwas in mir bewegt - eine neue Perspektive, eine tiefere Verbundenheit mit den Fragen des Lebens und des Glaubens.
Die Tatsache, dass große Kunst mitunter ungesehen in Archiven schlummert, erinnert mich daran, wie Bedeutsames im Leben oft auch unbemerkt bleibt. Dieser Gedanke lädt mich ein, nicht nur das Offensichtliche zu suchen, sondern auch das Verborgene zu schätzen - im Alltag, in den Menschen um mich herum und in mir selbst.
Kunst, ob gesehen oder verborgen, hat die Macht, zu transformieren. Manchmal braucht es nur den richtigen Moment, um das Verborgene ans Licht zu bringen.
Donnerstag, 14.11.2024: Gemeinsame Zeit
Ich bekomme nur noch selten "richtige" Post. Handgeschriebene Briefe werden abgelöst von kurzen WhatsApp-Nachrichten oder Emails. Aber heute lag ein ganz besonderes Geschenk in meinem Briefkasten - völlig unerwartet und überraschend.
Es ist ein Adventskalender, den mir eine Freundin schickt - ohne Worte, aber doch mit so viel Botschaft.
Es ist noch etwas Zeit bis zum ersten Türchen, aber ich weiß jetzt schon: sie wird denselben Kalender bald auch in ihrem Zimmer aufhängen. Genau das macht diese Geste so kostbar. Sie ist ein Zeichen der Verbundenheit und auch eine Einladung, die Adventszeit auf besondere Weise gemeinsam zu erleben, obwohl wir kilometerweit voneinander entfernt leben.
Die Wochen vor Weihnachten sollten eigentlich eine besinnliche Vorbereitungszeit auf die Geburt Christi sein. Für mich sind sie aber oftmals von Hektik und Stress geprägt. Familiäre Verpflichtungen, Weihnachtsvorbereitungen, Geschenkeinkäufe und berufliche Jahresendprojekte drängen die Vorfreude auf das Hohe Fest in den Hintergrund. Von Ruhe und Besinnlichkeit kaum - etwas zu spüren.
In dieser vollen und dichten Zeit brauche ich einen Anker der Ruhe und der Besinnung. Meiner Freundin geht es wohl ähnlich.
Dieser Kalender wird unser tägliches Ritual, ein Moment der Nähe, des Innehaltens und des Miteinanders - ein wahres Geschenk des Herzens. Und ist es nicht das, was Gott uns in dieser besonderen Zeit schenken möchte?
Advent bedeutet Warten, Ankunft und Nähe - darin liegt eine tiefe Einladung, uns zu öffnen, uns auf das Wesentliche zu besinnen und in der Gemeinschaft mit anderen und mit Gott Ruhe zu finden.
So wie wir durch diesen Kalender miteinander verbunden sind, so sind auch wir in Gott verbunden, in einer Liebe, die keine Grenzen kennt und die uns immer wieder Wege zeigt, einander nahe zu sein. In kleinen Zeichen, liebevollen Gesten, in einem gemeinsamen Moment der Stille.
Das alles habe ich heute geschenkt bekommen. Es ist viel mehr als ein Kalender. Und er erinnert mich daran: Es ist so wichtig, trotz räumlicher Entfernung Wege der Verbundenheit zu finden - Wege, auf denen auch Gott uns begleitet.