Donnerstag, 13.07.2023: Kleinkram
"Mir ist etwas dazwischengekommen!" - Wer von uns kennt diesen Satz nicht! Ich möchte kurz eine Situation schildern, die Ihnen vielleicht bekannt vorkommen wird: Nach dem Team-Coaching wollte ich schnell nach Hause fahren, um meine Predigt für die morgige Beerdigung zu schreiben. Kaum sitze ich am Schreibtisch, klingelt das Telefon. "Hier ist das Neustädter Krankenhaus. Wir brauchen einen Priester". Ich bin sofort ins Autos gestiegen und losgefahren. Ich gehe in das Zimmer rein und es stellt sich heraus, dass die Patientin einfach mit jemandem reden wollte.
Auf dem Flur treffe ich dann noch eine Bekannte, und anstatt nur freundlich zurückzugrüßen, erzählte sie - gefühlt stundenlang - von den Problemen mit ihrer Tochter. Zurück im Büro entdecke ich noch drei Emails, die inzwischen angekommen waren, und wollte sie auch sofort lesen; möglicherweise ist ja etwas Wichtiges dabei.
Und eigentlich wollte ich ja heute noch Wäsche waschen und bügeln. Am Abend taucht dann vielleicht die Unzufriedenheit auf: Ich bin heute zu nichts gekommen. Von dem, was ich geplant habe, ist nichts geworden. Man hat den Eindruck, den ganzen Tag beschäftigt gewesen zu sein, aber nichts geschafft zu haben, weil so vieles dazwischengekommen ist. Vielleicht kommt Ihnen dieser Eindruck auch nicht ganz fremd vor?
Solche Tage lassen sich aber auch anders deuten - umdeuten. Ignatius von Loyola spricht davon, dass man Gott tatsächlich in allen Dingen finden kann und nicht nur im geplanten Vorhaben. Vielleicht lohnt es sich zu versuchen, in jedem Augenblick wirklich zu leben. Und mit dem Leben nicht zu warten, bis man mal ganz viel Zeit dafür hat.
„Kleinkram“ und das „Eigentliche“ lassen sich oft gar nicht so scharf voneinander trennen. Und vielleicht entdeckt man, dass es im Alltagskram auch das Eigentliche gibt, dass in den scheinbaren Störungen das enthalten ist, was den Tag wertvoll macht. Ich sage mir dann oft, dass Gott manchmal einfach inkognito erscheinen will.
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