Verkündigungssendung Das Wort zum Tag bei MDR SACHSEN | 13.-19.01.2025

Täglich hören Sie das Wort zum Tag. Montags bis freitags gegen 5:45 Uhr und 8:50 Uhr, am Sonnabend gegen 8:50 Uhr, sonntags 7:45 Uhr. Das Wort zum Tag spricht in dieser Woche Thomas Przyluski.

Sonnabend, 18.01.2025 Wunder

Ich habe schon wieder ein Wunder erlebt. Vor reichlich drei Monaten half ich beim Tragen eines Schrankes. Als der Schrank ins Wanken kam und gegen den Türrahmen zu kippen drohte, fing ich ihn mit der linken Hand auf. Schrank und Türrahmen blieben heil, aber mein Zeigefinger nicht - der befand sich zwischen beidem.

Ein Mann mit Brille und dunklen Haaren schaut in die Kamera 2 min
Bildrechte: Thomas Przyluski
2 min

gesprochen von Thomas Przyluski

MDR SACHSEN - Das Sachsenradio Sa 18.01.2025 08:50Uhr 02:23 min

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Auf eine bildliche Schilderung der lädierten Hand verzichte ich an dieser Stelle. Nur soviel: Finger und Fingernagel nahmen im Laufe der nächsten Tage ein breites Farbspektrum an bis alles in ein tiefes sattes Schwarz mündete.

Aber nun das Wunder: Drei Monate später hat sich der alte, abgestorbene Fingernagel komplett gelöst und darunter in zartem Rosa, sehr dünn, sehr verletzlich, sind die Anfänge eines neuen Fingernagels zu sehen. Wie wunderbar hat Gott das geschaffen! Da ist ein Teil meines Körpers verletzt. Zugegeben, ein eher kleiner, unbedeutender Teil des Körpers. Er stirbt ab, ist tot, und dann wächst er wieder nach. Mit welchen Selbstheilungskräften Gott den menschlichen Körper ausgestattet hat. Einfach unglaublich. Denn ich selbst habe nichts dazu getan: keine Medikamente, kein Arztbesuch. Nur Geduld musste ich zeigen und vertrauen in den Körper und seine Kräfte. Ich weiß schon, dass das natürlich nicht für alle menschlichen Organe gilt.

Die Fingernagel-Geschichte ist ein durchaus gefälliges Bild, hat aber wie jedes Sinnbild seine Grenzen. Und dennoch bin ich versucht, Parallelen im normalen Leben zu suchen: Wo geht etwas zu Ende, wo stirbt etwas ab - und kann ich darunter bereits einen Neuanfang sehen? Wo muss ich Altes, Vergangenes gehen lassen und Neuem Raum und Platz zur Entfaltung geben? Wo wächst etwas nach, was längst abgestorben ist? Wo geschieht Heilung nach einer Verletzung? Ich nehme mir vor, heute nach zarten, behutsamen Neuanfängen zu suchen, die aus Abgestorbenem, Alten emporwachsen. Und vielleicht entdecke ich das nächste Wunder.

Freitag, 17.01.2025: Verlorene Tochter

"Anna kommt zurück", die Stimme des Vaters überschlägt sich fast. Der Mutter stockt der Atem; ihr Gesicht ist ein einziges Fragezeichen. "Wirklich?", haucht sie. Seit sieben Jahren ist Anna weg.

Nach einem Freiwilligendienst im Ausland kehrte sie nicht nach Hause zurück, sondern zog weiter durch die Welt. Der Kontakt in die Heimat, zu den Eltern und Geschwistern wurde immer spärlicher und brach schließlich ganz ab. Wie oft fragten die Eltern sich, wo Anna war und wie es ihr ging. Noch öfter fragte sich die Mutter: Warum? Warum meldet sie sich nicht?

Ein Mann mit Brille und dunklen Haaren schaut in die Kamera 3 min
Bildrechte: Thomas Przyluski
3 min

gesprochen von Thomas Przyluski

MDR SACHSEN - Das Sachsenradio Fr 17.01.2025 05:45Uhr 02:31 min

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Hundertmal grübelte sie, was sie, die Eltern, wohl falsch gemacht hatten. Wo hatten sie versagt? Immer wieder rief sie sich die letzten gemeinsamen Monate ins Gedächtnis: Das belastende letzte Schuljahr, das Anna ergebnislos abbrach, kurz vor den Prüfungen, die überstürzte Entscheidung für den Freiwilligendienst.

Wie eine Flucht weg von uns, dachte die Mutter. Waren sie als Eltern zu streng gewesen? Hatten Sie ihrer Anna zu wenig elterliche Liebe spüren lassen? Fragen, Vorwürfe, Selbstzweifel. Die Mutter quälte sich. Dann, vor einigen Monaten, ein erstes Lebenszeichen nach sehr langer Stille.

Und jetzt kommt Anna zurück. Vergessen sind die durchwachten Nächte, die anklagenden Vorwürfe, die durchlittenen Ängste. Eine nervöse Vorfreude erfasst die Eltern; unsicher und zweifelnd erleben sie die Tage vor dem Wiedersehen. Wie, denkt die Mutter, wie soll ich ihr gegenübertreten nach all den Jahren?

In der Bibel wird eine ähnliche Geschichte erzählt. Da ist es ein Vater, der ganz aus dem Häuschen gerät, als sein verloren geglaubter Sohn wieder nach Hause kommt. Er, der Vater, will sofort ein großes Fest veranstalten und alle Verwandten, Freunde und Nachbarn einladen, alle sollen seine Dankbarkeit, seine Erleichterung sehen und an seiner Freude teilhaben.

Wie überwältigend ist es doch, wenn ein verloren geglaubter, ein lang vermisster Mensch zurückkehrt. Wie wunderbar, wenn dieser Mensch mit offenen Armen und Herzen empfangen wird und wieder ein Zuhause findet.