Mittwoch, 27.09.2023: Heilige Klänge
Es ist das Kircheninstrument schlechthin: die Orgel. Gerade hier in Mitteldeutschland stehen jede Menge wunderschöner Orgeln. Silbermann, Jemlich, Eule - um nur mal ein paar wenige Orgelbauer zu nennen. Fast alle stehen in Kirchen. Es ist ein besonders frommes Instrument - könnte man meinen.
Dabei sind Orgeln gar nicht für die Kirche erfunden worden. Die ersten hatten die alten Römer und sie spielten sie im Zirkus, bei teilweise blutigen Aufführungen. Erst im 8. Jahrhundert gelangt die erste Orgel über die Alpen. Eine Gesandschaft aus Byzanz brachte sie an den Kaiserhof, ein paar Jahre später gar eine zweite. Es dauerte nicht lang und es orgelte in den Kirchen. Jahrhundertelang waren Kirchen sogar so ziemlich die einzigen Orte, wo man Orgeln hören konnte. Das änderte sich kurz vor reichlich 100 Jahren. Der Film kann in die Welt und sein besonderer Raum wurden die Kinos.
Die Bilder waren bewegt. Aber außer dem Rattern der Abspielgeräte fehlte ihnen der Ton. Also wurden die Kinos zu einem modernen und besonderen Orgelort. Da gab es in der Stummfilmzeit viel für die Organisten zu tun. Sie spielten "live" zum Film, die Orgeln machten auch Geräusche, hupten wie Autos, schossen wie Ganoven, ließen Telefone klingeln und zwitscherten wie Vögel. Alles Klänge, die die Organisten an ihren Kinoorgeln beherrschen mussten. Da waren Schlagwerke, Trommeln, Xylophone und jede Menge Spezialeffekte verbaut. Im Kinosaal stand die Orgel so, dass der Organist den Film und die großen Kinostars gut sehen konnte: Dick und Doof, Buster Keaton oder Charlie Chaplin.
Die Orgeln machten den Ton zum Stummfilm, und wenn ein Kino keine Orgel hatte, dann spielte meist ein Musiker Klavier oder Geige, manchmal gab es gar ein ganzes Orchester. Die Musik wurde - wie heute in der Kirche - immer live gespielt. Mit der Erfindung des Tonfilms wurden die Kinoorgeln abgebaut. Schade eigentlich. Die gute Nachricht: In den Kirchen, sind sie immer noch zu hören und viele Organisten hauchen diesem Instrument immer von neuem Leben ein - und ehrlich, nicht selten können sie himmlisch klingen.
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